Schrobenhausen
Spezialisierung als Heilmittel?

Bayerische Familienministerin Schreyer und nur wenige Gäste bei Diskussionsrunde zum Krankenhaus

14.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:38 Uhr
  −Foto: Budke

Schrobenhausen (SZ) Zu einem "Zukunftstag Kinder- und Jugendmedizin" hatte der Bundespolitiker Erich Irlstorfer am Sonntagnachmittag nach Schrobenhausen eingeladen. Einige Fachleute und regionale Politiker waren gekommen. Prominentester Gast im Kongressgebäude der Bauer AG war Kerstin Schreyer, Ministerin für Familie, Arbeit und Soziales.

Insgesamt war die Idee zu diesem Zukunftstag anscheinend recht kurzfristig entstanden und so war wohl die Einladung an die Staatsministerin Kerstin Schreyer nicht rechtzeitig auf dem üblichen Weg bei ihr eingegangen: Aus der Presse habe sie erfahren, dass sie bei der Podiumsdiskussion als Gast erwartet werde. Spontan machte sie die Teilnahme möglich und kam zumindest für einen Kurzbesuch in Schrobenhausen vorbei, um in diesem Zusammenhang Perspektiven für das Kreiskrankenhauses Schrobenhausen zu diskutieren - nicht zuletzt, weil ihr das Thema Gesundheit, das ja eigentlich nicht ihr Ressort ist, doch sehr am Herzen liege. "Das Fundament der Gesellschaft, das ist die Familie. Jeder hat eine Familie, jeder kommt aus einer Familie. Und was brauchen die Familien? Sie brauchen die Gesundheitsfürsorge." Damit lieferte die Ministerin eine perfekte Einführung zu den Diskussionen, die an dem Nachmittag folgten und die sich eben nicht nur mit Kinder- und Jugendmedizin beschäftigten.

Irlstorfer hatte eine ganze Riege an Fachleuten eingeladen, die sich mit der regionalen Politik, dem Schrobenhausener Kreiskrankenhaus und mit speziellen Gesundheitsfragen auskennen. In kurzen Diskussionsrunden stellten sich die Spezialisten den Fragen Irlstorfers, der am Ende der Veranstaltung diese einzelnen Schlaglichter miteinander verband und deutlich machte, dass es ihm nicht um eine einmalige Veranstaltung gehe, sondern darum, die Zukunft des Kreiskrankenhauses voranzubringen und vor allem auch die Schrobenhausener Bürger bei den Überlegungen miteinzubeziehen.

Ein bisschen schade war es da schon, dass nur knapp 50 Personen an diesem stürmischen, verregneten Nachmittag den Weg in das Kongressgebäude gefunden hatten. In der ersten Podiumsrunde berichtete zunächst der derzeitige Landrat Alois Rauscher über den Status Quo des Kreiskrankenhauses. Die Idee, um das Haus zukunftsfähig zu machen, sei die, neben der Grund- und Regelversorgung ganz spezielle Leistungen anzubieten. Es gehe nicht um hoffnungslosen Optimismus, sondern darum, alle Vorschläge bis ins Detail zu prüfen und dann zu entscheiden. Er zitierte sich quasi selbst: "Das habe ich kürzlich schon einmal gesagt: Wir können jeden Euro nur einmal ausgeben."

Dies griff Martin Schreiber, Chefarzt für Innere Medizin und Ärztlicher Direktor am Kreiskrankenhaus, später in der Diskussion wieder auf: "Wir müssen den Euro für etwas ausgeben, das zur Daseinsfürsorge dient!" So habe das Haus in Schrobenhausen mit der Einrichtung einer Akutgeriatrie schon die Zeichen der Zeit erkannt und umgesetzt: "Wir werden immer älter, das ist erfreulich, aber vor allem für alte Menschen ist die Versorgung vor Ort wichtig." Mit der Akutgeriatrie sei schon eine wichtige Spezialisierung eingegangen worden.

Um eine weitere mögliche Spezialisierung ins Spiel zu bringen, hatte Irlstorfer den gynäkologischen Onkologen Christoph Neuhofer eingeladen. Neuhofer berichtete in einer weiteren Podiumsrunde über die Erfahrungen aus seiner Praxis und nannte Zahlen: "Allein in Bayern gibt es etwa 1000 Frauen jährlich, die aufgrund einer bösartigen Erkrankung und der Folge-Therapie keine Kinder bekommen können." Es gäbe die Chance, vor der Chemotherapie Eizellen zu entnehmen, um eine spätere Schwangerschaft zu ermöglichen. Das Problem sei, dass die Verhandlungen mit den Krankenkassen, ob diese die Kosten übernähmen, zu langwierig seien. Mit 3000 bis 20000 Euro Selbstzahlerleistung sei zu rechnen und zudem die Umsetzungen schwierig, da die einzelnen, für die Behandlung notwendigen Stellen derzeit räumlich weit voneinander getrennt seien. So sei die Möglichkeit der Eizellenentnahme vor der Chemotherapie für viele Frauen - die sich zudem aufgrund der Krebserkrankung ohnehin in einer Ausnahmesituation befänden - kaum machbar.

Hier sieht Irlstorfer die Chance für eine weitere Spezialisierung des Kreiskrankenhauses: "Das wäre doch ein Leuchtturm für Schrobenhausen, wenn wir hier ein solches Zentrum installieren könnten!" Laut Neuhofer gäbe es da vor allem zwei Aspekte im Vorfeld zu beachten: Die Leistungen müssten über die Krankenkassen getragen werden und es würde ein Fachkräfte-Mix benötigt.

Wichtig war in diesem Zusammenhang die Einigkeit der (CSU-)Bürgermeister: Karlheinz Stephan, Alfred Lengler und Fridolin Gößl betonten, dass es keine Alternative zum Erhalt des Kreiskrankenhauses gebe. Das gelte für den gesamten Kreistag, konnte Lengler unterstreichen. Gößl stellte zudem die Frage bezüglich Fachkräftemangel: "Wo zieht es denn die Menschen hin? Dorthin, wo alles gegeben ist, auch die Gesundheitsfürsorge." Irlstorfer ging noch einen Schritt weiter. Man müsse eine Kombination aus Kinderbetreuung und Seniorenversorgung gewährleisten, dann könne man Fachpersonal mit Familien langfristig an einen Standort binden: "Sollte man das nicht in Schrobenhausen voranbringen?"

Nach einer kurzen Fragerunde gab der Gastgeber Erich Irlstorfer abschließend einen Ausblick: Die Politik habe den Auftrag, die richtigen Entscheidungen für die Daseinsfürsorge zu treffen. Dazu seien viele Abstimmungsgespräche notwendig und es komme hiermit eine wichtige Aufgabe auf den neuen Landrat zu, die er annehmen müsse. Die Politiker müssten ihre Hausaufgaben machen; gutes, starkes, fachlich einwandfreies Personal müsse ins Boot geholt werden und: "Wir brauchen hier vor Ort eine Koalition mit der Schrobenhausener Bevölkerung." So stellte Irlstorfer in Aussicht, die weitere Entwicklung wieder bei einem "Zukunftstag Gesundheit" im Kongresssaal in Schrobenhausen zu präsentieren und zur Diskussion zu stellen.
 

Heidrun Budke