Schrobenhausen
Farbig ohne "r"

<DK-XY_trifft>SCHROBENHAUSEN FÜR ANFÄNGER: </DK-XY_trifft>In der Bartengalerie gibt es manches Bild vom Goachat, aber eben längst nicht nur

02.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:51 Uhr
  −Foto: HBU¦Budke,Heidrun,Schrobenhausen

Schrobenhausen (SZ) Als Goachat-Maler ist Sig Fabig in Schrobenhausen bekannt, und tatsächlich hat diese Landschaft vor Schrobenhausens Toren eine besondere Bedeutung für ihn.

Aber dies ist nur eine Seite seines Kunstschaffens, denn das geht weit über reine Landschaftsdarstellung hinaus. Mit dem Anspruch, handwerklich fundiert zu arbeiten, schafft Fabig Bilder, die den Betrachter veranlassen, mit dem Blick einzutauchen und sich fesseln zu lassen.

Sig Fabig, geboren im Juni 1945, wuchs in Schrobenhausen im Waisenhaus auf. Seine Mutter, sagt er, sei nach der Flucht aus Schlesien einfach nicht in der Lage gewesen, sich um ihn zu kümmern. Mit 30 oder 40 Kindern habe man die meiste Zeit in einem Raum verbracht. "Sonntags wurde immer ein Spaziergang unternommen", erinnert er sich, "nach dem beengten Raum in die Weite der Landschaft im Goachat - das war für mich ein Freiheitserlebnis. " Daher rührt auch seine Verbundenheit zu dem Gebiet, und so ist es kein Wunder, dass er die Facetten des Goachat auf vielen Bildern einfängt.

Er malt nicht vor Ort, dazu sind seine Bilder zu großformatig. Fabig fotografiert, nimmt einen Ausschnitt, "ich lasse was weg, tue was dazu, für mich ist die Stimmung wichtig. " Tatsächlich hat man als Betrachter der Gemälde manchmal den Eindruck, man steht mittendrin, im Goachat. Und trotzdem ist die Malerei für Sig Fabig alles andere als Gefühlsduselei - für ihn ist es ein Handwerk, das man als Künstler beherrschen muss. Da sei er streng, sagt er über sich selbst. Er ist Autodidakt und er betont, dass er niemals irgendeinen Kurs besucht hat.

Ursprünglich hat Sig Fabig Schaufenstergestalter gelernt. In Schrobenhausen gab es das damals nicht, da hat ihn der evangelische Pfarrer nach Augsburg vermittelt. Das war wohl einer der vielen Glücksfälle, auf die der Künstler in seinem Leben zurückblickt - er sieht dieses Glück als Ausgleich zu der Zeit im Waisenhaus an und meint: "Den Kopf in den Sand gesteckt habe ich nie. " Als es mit der Schaufenstergestaltung nicht so recht lief, wechselte er in das Hotelfach und kam "ein bisschen herum", wie er lapidar feststellt: "Ein großes Hotel am Züricher See und Hotel Kempinski in Berlin" nennt er als Stationen, ohne die großen Namen herauszustellen. Wo hat es ihm denn am besten gefallen? "In Berlin war es schön" sagt er spontan, überlegt dann kurz: "in Bournemouth war es auch schön. Und jetzt ist es in Schrobenhausen schön. "

Sig Fabig ist ein ganz unaufgeregter Mensch, bescheiden, geerdet. Er kommt mit dem zurecht, was ihm das Leben bietet, so wirkt es. Fast nebenbei erzählt er, dass er in Zürich an TBC erkrankt sei, dann in ein Sanatorium nach Davos musste - "Der Zauberberg", lächelt er kurz verschmitzt, Thomas Mann. So sei er eigentlich wieder nach Schrobenhausen gekommen, denn aus dem Sanatorium sei man nur entlassen worden, wenn man einen Wohnsitz nennen konnte. Da habe er die Adresse seiner Mutter eben in Schrobenhausen genannt. Auch wieder ein Glücksfall, denn hier betrieb er als Wirt den fast schon legendären Lindenkeller, in dem viele ortsansässige Künstler zu Gast waren. Wenn er Urlaub hatte, erinnert sich Sig Fabig, habe er Aquarelle gemalt und festgestellt, dass sich diese - wohl nicht zuletzt, weil er ohnehin bekannt war in Schrobenhausen - gut verkaufen ließen.

Bis heute pflegt er Freundschaften mit ehemaligen Lindenkeller-Gästen und einem Teil des Kundenstamms. In seiner Zeit als Wirt wurde auch der Kunstverein gegründet, Fabig war lange im Vorstand. "Inzwischen bin ich nicht mehr Mitglied", sagt er, "die Richtung, die der Verein eingeschlagen hat, wurde mir zu beliebig. " Er zitiert Beuys: "Jeder Mensch ist ein Künstler, aber. " Genau das "aber" werde leider oft unterschlagen, und so ärgert sich Fabig über manche Ausstellung, die einfach nur bunt sei.

Wobei es ja schon interessant ist, dass er als Maler gerade Fabig heißt. "Ja", schmunzelt er, "Kurt Schwarzbauer sagt immer: `farbig ohne r`". Den Liedermacher kennt er gut, genauso wie manch andere Maler, die wie er den Kunstpreis der Stadt Schrobenhausen bekommen haben: Viktor Scheck, Max Biller oder den viel zu früh verstorbenen Wolfgang Eberlein etwa. Weil er so bekannt sei, sei er auch in der glücklichen Lage, als frei schaffender Künstler seinen Lebensunterhalt verdienen zu können. Woanders als in Schrobenhausen wäre das sicher schwierig geworden, aber so hängen seine Werke zum Beispiel in Arztpraxen oder Anwaltskanzleien. Nur fünf Prozent der Künstler könnten hauptberuflich von der Kunst leben. Fabig weiß es zu schätzen, dass er dazu gehört.

Da kommt ein weiterer Glücksfall mehr als gelegen: 2015 kann er die Bartengalerie eröffnen, weil der Hausbesitzer Wolfgang Rupp, den er natürlich persönlich kennt, ihm die Räume zur Verfügung stellt. Hier stellt er nun seine Werke aus und es entstehen in der Produzentengalerie neue Bilder. Er malt neben den Landschaften auch Strukturen, Blätter, Steine, spielt mit den Farben und dem Licht, fesselt das Auge in abstrakten Bewegungen, versteckt Gesichter und Gestalten in den Bildern.

Seit 35 Jahren arbeitet Sig Fabig inzwischen als Maler, die Ideen gehen ihm längst nicht aus: "Ich male, bis ich umfalle", stellt er fest. Und wenn er einen Wunsch frei hätte? "Ich würde gerne mal ein paar Tage an die Ostsee fahren. " Als er in Bournemouth in einem Hotel als Nachtportier arbeitete, stand das Cottage, in dem er wohnte, direkt an den Klippen. "Da hörte man Tag und Nacht das Meer rauschen, das hat mir gefallen. " Sicher würde ihm die Ostsee weitere neue Ideen liefern, ob für Landschaftsbilder oder Abstraktes - das würde sich dann schon zeigen.

Heidrun Budke