Schrobenhausen
Roller will sich nichts mehr gefallen lassen

05.03.2010 | Stand 03.12.2020, 4:12 Uhr

Machte seinem Unmut Luft: Heinz Roller (stehend), Leiter des Schrobenhausener Altenheims St. Georg, sagte Staatssekretär Markus Sackmann (2.v.l.), was er vom Pflege-TÜV hält. - Foto: Drexler

Schrobenhausen (gdr) Offene Türen rannte Heinz Roller, Leiter des Schrobenhausener Alten- und Pflegeheims St. Georg, bei Markus Sackmann, Staatssekretär im bayerischen Sozialministerium, ein. Seine Forderung, das Gesetz zur Prüfung und Benotung von Pflegeeinrichtungen zu überarbeiten, stieß bei Sackmann auf offene Ohren.

Wie eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) abläuft, hatte der Heimleiter selbst erlebt, als die Pflegegutachter im August seine Einrichtung besuchten. Er bekam im Bereich Beschwerdemanagement eine Fünf, weil der Prüfer eine fehlende Statistik bemängelte. Auf Rollers Argument, dass er 2009 lediglich fünf Beschwerden gehabt hätte, ging der Prüfer nicht ein. Auch dass das Qualitätsmanagement (QM) sehr gut funktioniere und das von einem QM-Auditor bestätigt worden war, spielte keine Rolle. Ganz anders sah es dagegen der Prüfer, der die von Roller geforderte Nachprüfung vornahm. Er gab dem Beschwerdemanagement eine glatte Eins. Ebenfalls von einer Fünf auf eine Eins änderte sich die Benotung des Kriteriums "gesicherte Aufenthaltsmöglichkeiten im Freien". Weil dem Prüfer im ersten Durchgang die Gruppenangebote im Garten nicht konkret genug im QM-System beschrieben waren, vergab er eine Fünf. Bei der Wiederholungsprüfung wurden die Aufzeichnungen dagegen akzeptiert. "Die Sichtweise der einzelnen Prüfer ist sehr unterschiedlich und hat Auswirkung auf die Benotung", zog Roller aus dieser Erfahrung sein Fazit.

Eine ganze Reihe von Problemen, Diskrepanzen und Widersprüchen des Systems hat der Schrobenhausener Heimleiter seitdem recherchiert. Zum Beispiel fand er heraus, dass der MDK zwar die Zufriedenheit der Bewohner abfragt und daraus eine Note errechnet, diese dann aber nicht in die Gesamtnote mit einfließt. "Weil es eine subjektiv empfundene Betrachtungsweise gegenüber der fachlichen Betrachtung des MDK-Gutachters ist." Ganz abgesehen davon, empfindet es Roller generell als eine Diskriminierung, Noten zu bekommen. "Ich bin 56 Jahre alt und seit 33 Jahren in der Sozialarbeit. Ich habe noch nie Noten für meine Arbeit erhalten. Wer bekommt das im Dienstleistungsbereich noch", ärgerte er sich.

Das Gesetz müsse überarbeitet werden, forderte Roller und rannte damit bei dem Staatssekretär geradezu offene Türen ein. "Sie haben uns voll auf ihrer Seite", bekräftigte Markus Sackmann den Zuhörern, unter denen auch Vertreter des Seniorenbeirats oder Stadträtin Inge Eberle, die für Soziales zuständig ist, waren. Der so genannte Pflege-TÜV müsse auf eine andere Basis gestellt werden, sagte Sackmann. Ein Prüfleitfaden, an dem das bayerische Sozialministerium derzeit arbeite, gehe mehr auf die Sichtweise der Bewohner ein. Der Staatssekretär überraschte Roller, als er sagte, dass ihm "sein Haus von meinem Haus in den höchsten Tönen geschildert" worden sei. "Unser St. Georg", fragte der Heimleiter ungläubig nach. Schließlich hatte er Sozialministerin Christine Haderthauer schon einmal seine Meinung gesagt. "Dann trägt sie es mir wohl nicht nach."

Es war bestimmt nicht das letzte Mal, dass die Sozialministerin etwas von Roller gehört hat. Er übergab Sackmann eine Zusammenstellung seiner Argumente, die dieser weitergeben soll. Außerdem plant der Heimleiter, bei einer Fachtagung Ende März eine Unterschriftenliste, mit der sich auch die Leiter von anderen Einrichtungen für eine Überarbeitung des Gesetzes aussprechen. Sollte das nicht klappen, dann will Roller auf jeden Fall seine Mitarbeiter mobilisieren und die Unterschriftenliste dann einem Brief an Gesundheitsminister Philipp Rösler beilegen. "Den werde ich fragen, wie er sich fühlen würde, wenn ich ihm eine Sechs gebe für das, was er anhand der Kopfpauschale so vor hat", sagt Roller kämpferisch. Gefallen lassen wolle er sich auf jeden Fall nichts mehr.