Schrobenhausen
Mit ihm hielt ein neuer Stil Einzug

Josef Beyrer ist seit 21 Jahren Stadtpfarrer von Schrobenhausen

11.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:39 Uhr
Josef Beyrer −Foto: Wöhrle, Eleonore, München

Schrobenhausen (DK) Josef Beyrer ist seit 21 Jahren Stadtpfarrer von Schrobenhausen. 1996 trat er die Nachfolge von Walter Mixa an, der damals als Bischof nach Eichstätt ging. Nach der Ära dieses barocken Kirchenmanns bedeutete die Berufung des asketischen Allgäuers einen radikalen Stilwechsel.

Es war eine schnelle Karriere, die Josef Beyrer im Alter von nur 33 Jahren ins Amt des Stadtpfarrers von Schrobenhausen beförderte – und sie war ihm ganz und gar nicht in die Wiege gelegt. Beyrer stammt aus einfachen Verhältnissen, der Besuch einer höheren Schule war auch für einen begabten Jungen wie ihn keineswegs selbstverständlich. Doch nachdem der damalige Stadtpfarrer Walter Mixa im Frühjahr 1996 zum Bischof von Eichstätt berufen worden war, erging auch ein Ruf an Josef Beyrer. Der junge Priester wurde aufgefordert, sich für die Nachfolge des damals sehr beliebten und auch durchaus schon prominenten Geistlichen zu bewerben.

So kam es, dass Beyrer schon relativ bald nach seiner Priesterweihe ein unter besonderer Beobachtung stehendes Pfarramt übernahm – und allein schon durch seine Person einen radikalen Stilwechsel einläutete. Auf den barocken, prunkliebenden Mixa folgte mit ihm ein asketischer Geistlicher. Seine bescheidene, sich selbst zurücknehmende Art wurde zunehmend geschätzt, allen voran von jenen, die mit Mixas pompöser Art des Auftretens nur wenig anfangen konnten.

„Das war eine Erfahrung, von der ich niemandem wünsche, dass er sie durchmachen muss.“

Josef Beyrer, Stadtpfarrer von Schrobenhausen

 

Mixa, der alles liebte, was die katholische Kirche an Prunk und Pracht zu bieten hat, bekam mit Beyrer einen Nachfolger, der einen Sinn für das Einfache, Unspektakuläre und scheinbar Unbedeutende hat. An der Ausbildung dieser besonderen Gabe hat mit Sicherheit Beyrers Herkunft ihren Anteil. Er stammt aus der dörflichen Gemeinde Sulzberg im Allgäu, wo die Eltern einen kleinen Bauernhof umtrieben. Die Landwirtschaft ist mittlerweile aufgegeben, doch die Eltern – beide 90 Jahre alt – und die Schwester leben noch immer in der Nähe. Weil der Grundschullehrer die Fähigkeiten des kleinen Josef erkannte, empfahl er den Eltern, den Buben aufs Gymnasium zu schicken. Obwohl Beyrers Heimatdorf nur zehn Kilometer südlich von Kempten liegt, kam lediglich der Besuch einer Internatsschule infrage. Der Vater hatte kein Auto und eine regelmäßige Busverbindung in die Stadt gab es noch nicht. Deshalb wurde der Zehnjährige ins Studienseminar St. Magnus nach Kempten gegeben. Alle zwei bis drei Wochen durfte er übers Wochenende nach Hause und wurde dann vom Vater am Sonntagabend mit dessen altem Motorrad wieder zurückgebracht – die frisch gewaschene Wäsche in Rucksäcken verstaut, die sich beide umgeschnallt hatten. Das einfache, aber doch zufriedene Leben seiner Eltern hat Josef Beyrer wohl nachdrücklich geprägt. Nach der Schule und später in den Ferien musste er in der Landwirtschaft mithelfen. „Die Kindheit war arbeitsreich, aber auf dem Hof war immer etwas los“, erzählt er. Langeweile war für ihn als Kind ein Fremdwort.

Im Internat fiel es ihm leicht, sich einzuleben – wiederum wohl auch dank seines Elternhauses. Im Studienseminar musste gegessen werden, was auf den Tisch kam. Für Josef Beyrer war das nichts Neues. Er kann sich gut daran erinnern, wie sich einige Mitschüler mit manchen Gerichten abplagten. Für ihn war das unverständlich. „Im Internat gab es besseres Essen als bei uns zu Hause“, erzählt er. Am Sonntag wurde zu allem Überfluss sogar Eis serviert: „Das ist mir wie Luxus vorgekommen.“

Gegen Ende seiner Schulzeit ist für ihn klar, dass er Priester werden will. Wie er darauf kam? „Es war kein ganz exotischer Gedanke“, sagt Beyrer mit typisch allgäuerischem Humor. Er kommt aus einem gläubigen Umfeld und ist auch nicht der einzige Geistliche in der Familie. Der Bruder seiner Großmutter war Pfarrer, der Cousin seines Vaters ist Priester, drei Cousinen der Mutter sind ins Kloster gegangen.

Nach seinem Studium in Augsburg wurde Beyrer im Juni 1988 von Bischof Josef Stimpfle im Dom zum Priester geweiht. Wenige Monate zuvor war er schon einmal in Schrobenhausen im Einsatz gewesen: Vom Herbst 1987 bis zum Frühjahr 1988 wohnte er als Praktikant im Pfarrhof und führte abends Mixas stadtbekannten Dackel auf dem Stadtwall Gassi. Nach der Priesterweihe war dann sein erster Einsatzort als Kaplan schon wieder Schrobenhausen, ehe er 1991 für zwei weitere Jahre als Kaplan nach Kaufbeuren ging. Danach trat er seine erste Pfarrstelle in Zellerberg und Rieden an. Drei Jahre war er im Allgäu und hatte noch viel vor, als ihn der Ruf aus Augsburg zurück nach Schrobenhausen beorderte, diesmal als Stadtpfarrer. „Ich wäre noch gern geblieben“, schaut Beyrer zurück. Nach der Ära Mixa als junger Priester dessen Nachfolge anzutreten – man kann sich gut vorstellen, dass Josef Beyrer seinem Amtsantritt zunächst mit gemischten Gefühlen entgegensah.

Doch alles wurde gut – zumindest für die nächsten Jahre. Die Schrobenhausener freundeten sich nach und nach mit dem so ganz anderen Wesen ihres neuen Seelsorgers an und begannen es irgendwann sogar ausdrücklich zu schätzen. Beyrer nahm vieles in Angriff – allem voran die Rettung des Deckengewölbes von St. Jakob und den Einbau der Mathis-Orgel sowie die Rundumsanierung der Vorstadtkirche St. Salvator –, bis ihn 2010 völlig unverhofft sein Annus horribilis, sein persönliches Schreckensjahr, ereilte. Walter Mixa, mittlerweile Bischof von Augsburg, wurde mit Prügel- und Veruntreuungsvorwürfen konfrontiert, die in seine Zeit als Schrobenhausener Stadtpfarrer fielen und letztlich zu seinem Rücktritt führten. Beyrer setze alles daran, St. Jakob und die hauptsächlich betroffene Kirchenstiftung St. Josef, die das gleichnamige Kinderheim betreibt, durch diese Krise zu bringen – was ihm auch gelang, wenngleich für einen hohen persönlichen Preis. „Das war eine Erfahrung, von der ich niemandem wünsche, dass er sie durchmachen muss“, schaut er auf diese schwierige Zeit zurück. Sein Blick geht aber auch nach vorn. „Das ist lang und immer länger vorbei“, resümiert er. Und das Wichtigste: Das Kinderheim St. Josef ist gut durch die Stürme hindurch gekommen. Heute steht es besser da denn je und genießt einen hervorragenden Ruf – auch dank des langjährigen Heimleiters Herbert Reim, mit dem zusammen Beyrer die Krise gemeistert hat. „Es lebt längst ein ganz anderer Stil im Haus“, freut er sich.

Auch in der Kirche hat ein andere Stil Einzug gehalten. Fast scheint es so, als ob Josef Beyrer seiner Zeit um einige Jahre voraus war. Kirchlicher Pomp kommt bei vielen Gläubigen nicht mehr gut an. Mit dem Amtsantritt von Papst Franziskus gab sich die katholische Kirche an oberster irdischer Stelle einen bescheidenen Hirten. Es ist kein Geheimnis, dass Beyer ein großer Fan dieses Papstes ist. Er setzt große Erwartungen in ihn und hofft, dass ihm die Erneuerung der Kirche gelingen wird. Damit ist er nicht allein. Viele Gläubige, aber auch viele Vertreter der Geistlichkeit teilen seine Hoffnung. Und die fliegt hoch – vielleicht zu hoch. Denn dass beispielsweise ein gescheiterter Bischof wie der über seine Prunksucht gestürzte Tebartz van Elst künftig als einfacher Dorfpfarrer Abbitte leisten muss – diese Vorstellung Beyrers zur künftigen Verwendung des ehemaligen Oberhirten von Limburg durchzusetzen, dürfte sogar die Möglichkeiten des Stellvertreters Gottes auf Erden übersteigen.

Die Pfarrei 


Josef Beyrer ist Pfarrer der Schrobenhausener Stadtpfarrei und der Hörzhausener Pfarrei St. Martin. Zur Stadtpfarrei gehören neben der Hauptkirche St. Jakob die Steingriffer Drefaltigkeitskirche, die Vorstadtkirche St. Salvator und die Frauenkirche. Insgesamt ist Beyrer für rund 6900 Katholiken zuständig. Die Schrobenhausener Stadtpfarrei zählt rund 6200, in Hörzhausen sind es knapp 700.

St. Jakob


Die Schrobenhausener Stadtpfarrkirche ist eine spätgotische Hallenkirche, die in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erbaut wurde. Ihre Architektur steht unter dem Einfluss des Ingolstädter Liebfrauenmünsters. Der mächtige Turm ist schon von Weitem zu sehen. Der Innenraum wird von einem Sternrippengewölbe bestimmt. Prägnant ist außerdem der hohe Dachstuhl, der aus der Erbauungszeit der Kirche stammt. Die farbigen Fenster wurden von Josef Dering in den Nachkriegsjahren gestaltet. Als besonders gelungen gilt die Symbiose der spätgotischen Kirche mit dem modern gestalteten Altarraum.

Werdegang


Josef Beyrer ist seit 29 Jahren Geistlicher und seit 21 Jahren Stadtpfarrer von Schrobenhausen. 1996 trat er die Nachfolge von Walter Mixa an, der zum Bischof von Eichstätt berufen worden war. Nach 14 Jahren Seelsorge in St. Jakob holte ihn 2010 ein Teil des Vermächtnisses seines Vorgängers ein. Bischof Mixa wurde mit Prügel- und Veruntreuungsvorwürfen konfrontiert - und Beyrer setzte alles daran, St. Jakob und die hauptsächlich betroffene Kirchenstiftung St. Josef, die das Kinderheim betreibt, durch diese Krise zu bringen.