Schaufeln im Tiefschnee

Feuerwehr im Schneealarm

13.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:37 Uhr
Warten auf die Rückkehrer: Im Mühlrieder Gerätehaus erwarteten die Feuerwehrleute und Angehörige gestern ihre in Traunstein eingesetzten Kameraden zurück. Doch die kamen nicht, weil der Hilfseinsatz verlängert wurde. Darum machten die Daheimgebliebenen ein spontanes Foto mit einem aufmunternden Spruch für die fließigen Schneeschaufler. −Foto: Feuerwehr Mühlried

Feuer löschen können sie, Sandsackwälle bei Hochwasser aufbauen und Menschen in Not bergen ebenfalls - nun beweisen die Schrobenhausener und Mühlrieder Feuerwehrleute auch, dass sie beim Schneeschaufeln gut sind. Die beiden Feuerwehren haben insgesamt 15 ihrer Kräfte zum Schneealarm nach Traunstein abkommandiert.

Seit Freitagmittag sind vier Mühlrieder und elf weitere Schrobenhausener Kräfte der Stützpunktfeuerwehr der Stadt zusammen mit weiteren mehr als 100 Ehrenamtlichen des Hilfskontigentes des Landkreises Neuburg-Schrobenausen von Karlskron aus nach Traunstein gefahren (wir berichteten). Seitdem heißt der Befehl für die Helfer aus Schrobenhausen: Schneeräumen.

Die Schrobenhausener Feuwehrleute sind nach Worten von Fabian Kress, mit dem die Redaktion gestern telefonieren konnte, im Dauereinsatz. Auf zahllosen Dächern des bekannten Wintersportortes Inzell häuft sich der Schnee so hoch auf, dass die Gewichtsbelastung für die Dächer so stark zu werden droht, dass die Dächer einstürzen könnten. Zu verhindern ist das nur, wenn die Dächer von der Schneelast befreit werden. Und dazu haben die Einsatzleiter im südlichen Oberbayern auch Hilfe aus dem Schrobenhausener Land geholt.

"Das ist schon ein Abenteuer", sagt Fabian Kress. Er steht gerade auf einem Hubsteiger und sichert Kollegen, die mit großen - teils von Zuhause selbst mitgebrachten - Schneeschaufeln auf den Dächern die weiße Pracht, die zur Gefahr geworden ist, wegschaffen. Und der Schnee es in sich. Mindestens 1,50 bis zu 1,80 Meter hoch türmt sich die nasse Masse auf den Dächern auf. Manche Feuerwehrleute, die auf den Dächern abgesetzt werden, versinken fast vollständig in der kalten weißen Pracht.

Jeden Tag sind Kress und seine Kameraden von 6.30 bis etwa 18 Uhr im Einsatz. Von der Traunsteiner Berufsschule, in der sie untergebracht sind, fahren sie morgens zur Einsatzleitzentrale, die auch Unterstützung von der Schrobenhausener Feuerwehr bekommen hat. Dort gibt es täglich neue Anweisungen.

"Beine, Rücken und die Oberarme merkt man abends ganz deutlich", sagt Kress. Die Arbeit sei sehr ansterengend. Die Männer und Frauen im Schneeeinsatz wechseln sich bei den Arbeiten ab, so dass jeder auch mal etwas weniger Anstrengedes tun kann, um sich ein wenig zu erholen. Die Stimmung sei unter den Helfern dennoch gut, sagt Kress.

Mit der Nachtruhe allerdings sei das so eine Sache, erzählt Kress, der sich durchaus im Klaren darüber ist, dass der Einsatz der Feuerwehrleute alles andere als ein Erholungsausflug ist. Schlafen muss er in einem der Gänge der Traunsteiner Berufsschule. Mit einem Jogginganzug bekleidet kriechen er und seine Mitsreiter in ihre Schlafsäcke. Gegen 3 Uhr nachts werde es so richtig unangenehm kalt im Schlafsack. Und die nicht besonders gut geheizten Gänge der Berufsschule schaffen noch ein anderes Problem für die Feuerwehrleute: Ihre durch Regen, Schnee und Schweiß durchnässte Einsatzbekleidung werde nicht wirklich richtig trocken. So steigen Kress und die anderen jeden Morgen wieder in klamme Klamotten. Was das angeht, hofft Kress, dass der nächte Halt des Schrobenhausener Versorgungslastwagens der Feuerwehr etwas Abhilfe schafft und neue, trockene Bekleidung mitbringt. Vielleicht haben die Kameraden daheim ja auch ein wenig zum Essen eingepackt. Denn auch da haben Kress und Co. mit der offiziellen Versorgung nicht besonders gute Erfahrungen gemacht. "Hier gibt es Suppe", sagt Kress, die aber wohl kaum den Namen Suppe verdiene. Dafür sind die Inzeller umso großzügiger, erzählt Kress. Die Einheimischen, denen sie helfen, brächten den Ehrenamtlichen "richtige Suppe" und der eine oder andere wohlschmeckende und von Anwohnern selbst gebackene Kuchen war auch schon dabei. Das hellt die Stimmung der Feuerwehrleute auf. "Da kann man nur vielen Dank sagen", meint Kress in Richtung der Inzeller.

Matthias Hentschel, Leiter Katastrophenschutz am Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen, bestätigt die Schilderungen von Fabian Kress. Die Stimmung unter den Hilfskräften vor Ort sei gut. "Die Arbeit ist aber anstrengend", zitiert das Landratsamt Hentschel in einer Mitteilung von gestern Nachmittag. Am Samstag und am Sonntag waren demnach die Feuerwehrleute aus dem Landkreis damit beschäftigt, Dächer im Raum Innzell freizuräumen.

Eigentlich sollte der Einsatz der Schrobenhausener Feuerwerhrleute gestern bereits beendet werden. Doch inzwischen hat die Regierung von Oberbayern den Hilfseinsatz verlängert, weil die Schneefälle immer noch anhalten. Deshalb wurden gestern nach Angaben des Landratsamtes noch 45 Hilfskräfte aus dem Landkreiskontingent ausgetauscht. Ein Bus fuhr gestern aus Traunstein nach Karlskron. Heute früh fahren 45 neue Hilfskräfte nach Traunstein. Die Schrobenhausener, die mit drei eigenen Einsatzfahrzeugen in der Krisenregion sind, rechnen laut Kress damit, das sie am Dienstag ausgetauscht werden.

Gestern hatten auch die Mühlrieder Feuerwehrleute und die Familienangehörigen der in Inzell und Traunstein eingesetzten Mühlrieder auf deren Rückkehr gehofft. Die Verlängerung des Einsatzes hatte das aber verhindert. Die Mühlrieder haben sich kurzerhand dazu entschlossen, den ausgefallenen Empfang der Rückkehrer anderweitig zu nutzen: Sie machten ein spontanes Gruppenbild mit einem aufmunternden Slogan auf einem schnell gebastelten Transparent: "Durchalten Jungs!"

Jürgen Spindler