Schrobenhausen
Wie viele Bäume hat der Wald?

Die Teilnehmer der Literarischen Sommerakademie lasen aus ihren privaten Texten

02.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:18 Uhr
(Verfügungsmittel, Bild vom Eröffnungsabend). Die Kursleiter der Lisa hielten sich beim Lesetreff im Hintergrund. Von links Ulla Lenze, Thomas Kastura, Judith Kuckart, Friederike Kretzen, Vitali Konstantinov, Norbert Niemann. −Foto: mbs

Schrobenhausen (SZ) Literatur im Hinterhof, südländische Stimmung, dazu Jazz und Pizza - die Literarische Sommerakademie (Lisa) machte zur Mitte der Seminarwoche Station an der Galerie des Schrobenhausener Kunstvereins. Unter dem Titel "Texte, Jazz und Pizza" wurde am Mittwochabend vorgelesen und zugehört.

Im Programm der Literarischen Sommerakademie ist es üblich, dass die Teilnehmer vorlesen, was sie während der Woche erarbeitet haben - das steht noch an. Aber die meisten schreiben ja auch während des Jahres, und so stellten einige vor, was sie von zu Hause mitgebracht hatten.

Der musikalische Part kam von der Formation Midnight Blues, bestehend aus Florian Laquai, Peter Baierl, Karl Stöger und Peter Weber. Alle vier Musiker sind in der Schrobenhausener Musikszene seit Jahrzehnten etabliert. Sängerin Birgit Maria Gaertner präsentierte das ganze Volumen ihrer umwerfenden Stimme mit Liedern von Edith Piaf bis Hildegard Knef.

Akademieleiter Arwed Vogel, geübt in Management-Aufgaben, ließ beim Vorlesen keine Pausen und somit auch keine Langeweile aufkommen. Immerhin stellte er 14 Autoren vor, und für die wiederum war es nicht leicht, in einer auf dreieinhalb Minuten beschränkten Lesezeit auch Substanzielles darzustellen. Immer herauszuhören war aber die Freude am Schreiben.

Die Texte erzählten von lebensphilosophischen Gedankenspielen, Reflexionen und Rückblicken auf Familienerinnerungen und alten Freundschaften. Illusionen wurden entwickelt, beispielsweise wie sich endlich eine Zeitreise ergibt. Eine der wenigen Stories schilderte das Zusammentreffen unterschiedlichster Biographienien während einer Party. Mehrere Ebenen eröffnete der imaginäre Ausbruch aus einer Klinik, es folgten Urlaubsideen und die Sehnsucht nach "endlich frei."

Im nächsten Fall geschah Seltsames an einem regelmäßig besuchten Grab. Und der Traum, glücklich am Wasser zu leben, erfüllte sich mit der billigen Wohnung in einem Klärwerk, was auch einen Ausgangspunkt für Überlegungen über die ganz normalen menschlichen Probleme darstellte. Manches Prosastück kam sehr lyrisch daher, ansonsten wurde die Lust an Gedichten, auch mit Reimen nur am Rande angespielt.

So richtig gelacht wurde nur einmal, nämlich bei der Geschichte über einen Rentners, der nun endlich ausreichend Zeit hätte, eine Frage zu klären, die ihn seit Kindertagen verfolgt: Wie viele Bäume hat der Wald? Das ganze Leben hin hat sich gezeigt: Er muss selbst losziehen und zu zählen beginnen. Das Ergebnis, das bei seiner Zählung herauskam, blieb offen, und ob es Waldfeen und Trolle wirklich gibt, wurde ebenfalls nicht ganz klar.
 

Franz-Josef Mayer