Gerolsbach
Kiesabbau - auch ein emotionales Thema

Nicht weit von Wohnsiedlungen entfernt und gut sichtbar wird eine neue Grube erschlossen - Unternehmer kündigt Infotag an

07.03.2021 | Stand 23.09.2023, 17:15 Uhr
Eine neue Kiesgrube wird demnächst auf dem Acker im Hintergrund entstehen. Die Erschließungsarbeiten haben schon begonnen. Sabine Eisert und Ingo Westcombe-Benn sind davon wie viele andere Anwohner ein wenig überrumpelt worden. Der Weg, der zur Zufahrt ausgebaut wird, war für die Gerolsbacher bisher eine idyllische Strecke für einen Spaziergang. −Foto: Hofmann

Gerolsbach - Gerade erst haben die Menschen im Gerolsbacher Nordwesten im Gemeindeblatt gelesen, dass nicht weit entfernt von ihren Häusern eine neue Kiesgrube entstehen soll, da rücken wenige Tage später auch schon die Baumaschinen an, um das Gelände gleich oberhalb der Siedlungen Riederner Äcker und Steinleiten für den Abbau vorzubereiten.

Die Anwohner fühlen sich überrumpelt. Sie wären gerne frühzeitig informiert worden, hätten sich eine Mitsprachemöglichkeit gewünscht.

Natürlich, 2017 stand mal was in der Zeitung, dass bei Riedern auf einer 8,4 Hektar großen Fläche Sand und Kies aus dem Boden geholt werden sollen. Und natürlich ist auch klar, dass der Unternehmer eine Genehmigung vom Landratsamt Pfaffenhofen hat und deshalb das Recht, den Kies abzubauen. "Was uns stört, ist, dass es heimlich, still und leise geschehen ist", sagt Ingo Westcombe-Benn und blickt von einer benachbarten Wiese auf den bei vielen Gerolsbachern beliebten Spazierweg, der zu einer massiven Zufahrtsstraße ausgebaut wird, während dahinter mit Baggern und Radladern ein Acker für den Kiesabbau vorbereitet wird. Sabine Eisert zeigt auf die hangabwärts gelegenen Wohngebiete und meint: "Manche wissen noch nicht mal, was hier entstehen soll. " Westcombe-Benn und Eisert sind Mitglieder bei den Grünen, ihnen liegen Natur und Klimaschutz am Herzen. "Wir können das große Thema aufmachen: Ist das global betrachtet sinnvoll, wenn man hier Kies abbaut? ", meint Westcombe-Benn. Denn schon vor vier Jahren, als das Genehmigungsverfahren lief, wurde bekannt, dass das Material aus der Riederner Grube vor allem für Bauprojekte im Großraum München benötigt wird.

Zumindest liegt der Abbaubereich in einem Gebiet, in dem bisher intensive Landwirtschaft stattfand. Bäume müssen also so gut wie gar nicht gefällt werden. Wobei es natürlich auch einen Vorteil hat, wenn eine Kiesgrube - wie die meisten anderen in der Umgebung - im Wald liegt: Man sieht sie nicht. Den Kiesabbau bei Riedern werden die Gerolsbacher dagegen ständig vor Augen haben, für lange Zeit: Laut Genehmigung kann bis 2032 abgebaut werden, bis Ende 2035 muss die Rekultivierung abgeschlossen sein.

Wahrscheinlich ist das Ganze auch deswegen ein so emotionales Thema. Der zweite Faktor, der den Unmut der Anwohner schürt, hängt mit dem Genehmigungsverfahren für einen solchen Kiesabbau auf einer relativ kleinen Fläche (weniger als zehn Hektar) zusammen: Vom Prinzip her muss der Unternehmer lediglich einen Bauantrag einreichen (wie bei einem Einfamilienhaus) und kann sich auf eine Privilegierung berufen (wie ein Landwirt, der eine Halle baut). Deswegen habe die Gemeinde auch kein Mitspracherecht, sagt Gerolsbachs Bürgermeister Martin Seitz (CSU), die dürfe lediglich ihr Einvernehmen erteilen oder eben nicht. Die Entscheidung, ob genehmigt wird oder nicht, fälle das Landratsamt in Pfaffenhofen.

Dessen Pressesprecher Christian Degen teilt auf Anfrage unserer Zeitung mit, dass in einem solchen Verfahren eine Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorgesehen sei. Bei der Prüfung im Amt sei das Vorhaben bei Riedern nach dem Bayerischen Abgrabungsgesetz beurteilt worden. Aspekte wie Lärmschutz oder Staubentwicklung seien betrachtet worden. Der Genehmigungsbescheid vom 1. Dezember 2017 beinhalte nun zahlreiche Auflagen, beispielsweise zum Grundwasser-, Natur- und Lärmschutz.

Diese Auflagen sind auch im Gerolsbacher Bürgerblatt vom Februar nachzulesen. Da geht es um Dezibelwerte, Betriebszeiten (6 bis 22 Uhr), die spätere Wiederauffüllung der Grube (nur unbelastetes Material) oder die Verpflichtung, bei Aufforderung durch das Landratsamt eine Schallpegelimmissionsmessung vorzulegen. Lkw dürfen zwischen 7 und 18 Uhr fahren. Bürgermeister Seitz zeigt sich mit diesen Auflagen zufrieden, da sei vieles enthalten, was der Gemeinderat damals, 2017, in seiner Stellungnahme gefordert habe. Und Seitz lobt auch die Kommunikation mit dem Kiesunternehmer, der Dachauer Firma Ettengruber. Er habe sich, als der Antrag für den Abbau bei Riedern kam, eine bestehende Grube der Firma bei Schiltberg angeschaut, berichtet der Bürgermeister: "Die ist top geführt. " Ettengruber habe sich sogar bereiterklärt, für die Anlieger einen Ortstermin anzubieten, der aber wegen Corona leider nicht habe stattfinden können.

"Es wird diesen Infotag aber auf alle Fälle geben", sagt Geschäftsführer Johann Ettengruber jun. auf Anfrage unserer Zeitung, "da auch uns sehr daran gelegen ist, offene Fragen zu beantworten und Aufklärung zu geben. " Möglichst im Frühjahr, sobald solche Veranstaltungen wieder möglich sind, wollen sich die Firmenvertreter mit den Anliegern treffen. "Wir können versichern, dass uns an einem guten Miteinander sehr gelegen ist", sagt der Juniorchef, der auch den "regen Austausch" mit der Gemeinde erwähnt. Derzeit werde bei Riedern lediglich die Infrastruktur hergestellt, damit später ein geordnetes Arbeiten gesichert sei. Der Kiesabbau selbst habe noch gar nicht begonnen.

Auf diesen Gesprächstermin hoffen nun die Anlieger um Sabine Eisert und Ingo Westcombe-Benn, die ja gar nicht in Zweifel stellen, dass die Firma Ettengruber ein Recht auf den Kiesabbau hat. Aber ein wenig mitreden möchten sie schon, vielleicht wegen der exponierten Lage der Grube sogar Zugeständnisse aushandeln. Zwei konkrete Wünsche hätten sie schon parat: Dass die Kieslaster (durchschnittlich sollen es 15 pro Tag sein) nicht durch Gerolsbach nach München fahren, sondern möglichst an Strobenried vorbei Richtung Pfaffenhofen und Autobahn - eine entsprechende Anregung hatte 2017 auch die Gemeinde vorgebracht; sie ist aber nach Auskunft des Landratsamts rechtlich nicht umsetzbar. Und dass entlang des Zufahrtswegs zur Kiesgrube oder auch gleich oberhalb des Wohngebiets Riederner Äcker Bäume und Sträucher gepflanzt werden, um Lärm und Staub zumindest ein wenig zu filtern.

Auch Bürgermeister Martin Seitz setzt auf Verhandlungen und Gespräche. "Wir sind in regem Austausch mit Ettengruber", sagt auch er. Mit nun fünf Gruben unterschiedlicher Firmen rund um Gerolsbach müsse dann aber langsam mal Schluss sein - auch im Hinblick darauf, dass man ja auch in späteren Jahrzehnten noch Sand und Kies brauchen werde. Sich dem Abbau ganz zu verweigern, fände Seitz aber nicht richtig: "Mit welchem Recht könnten wir sagen: Bei uns gibt's keine Rohstoffe? ", fragt er. Die Gemeinde Gerolsbach brauche zum Straßen- und Wegebau ja zum Beispiel auch Juraschotter, der von außerhalb angefahren werden müsse. "Jeder", meint der Bürgermeister, "muss einen Anteil dazu beitragen, damit das Ganze funktioniert. "

SZ

Bernd Hofmann