Schrobenhausen
Kein böses Erwachen

Kreiskrankenhaus Schrobenhausen arbeitet präventiv gegen negative Folgen von Narkosen

08.07.2019 | Stand 02.12.2020, 13:33 Uhr
Andreas Limberger ist am Kreiskrankenhaus Schrobenhausen Chefarzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie. Er möchte die Folgen der Narkosen bei operativen Eingriffen gerade für ältere Patienten minimieren. −Foto: Kreiskrankenhaus

Schrobenhausen (SZ) Mehr als 40 Prozent aller Operierten sind inzwischen über 60 Jahre alt.

Je älter die Patienten aber sind, desto größer ist die Gefahr, dass bei ihnen ein postoperatives Delir, ein Verwirrtheitszustand, auftritt. Das muss nicht sein. Im Kreiskrankenhaus Schrobenhausen beugt man solchen Folgen vor.

79 Jahre alt ist er. Und geistig topfit. Abgesehen von kleineren körperlichen Einschränkungen geht es ihm sehr gut. Als der Tumor an der Nebenniere entdeckt wird, ist sofort klar: Dieser Tumor muss operativ entfernt werden. Keine leichte OP. Sie dauert mehrere Stunden. Nach dem Aufwachen aus der Narkose scheint der Patient um Jahre gealtert. Nicht körperlich, die Tumor-Operation hat er gut überstanden. Geistig aber ist der Mann um Jahre gealtert. Was war passiert?

Der Senior hat als Folge der langen Narkose und des operativen Eingriffs ein sogenanntes Delirium erlitten. Als Delir oder Delirium wird eine vorübergehende, körperlich bedingte psychische Störung mit einem breiten Spektrum akuter Verwirrtheitszustände - eine sogenannte Psychose - bezeichnet.

Kernsymptome sind vorübergehende Bewusstseinsstörungen und kognitive Defizite. Ein postoperatives Delir kann sechs bis zwölf Monate andauern. Bei der leichteren Form, dem postoperativen Durchgangssyndrom, liegt keine Bewusstseinseintrübung vor. Dabei handelt es sich um die hyperaktive Form des Delirs. Man unterscheidet diese Form von der hypoaktiven Form und dem Mischbild beider Varianten. Das hypoaktive Delir ist weit schwerer zu erkennen, da es ohne körperliche Dysfunktionen auftritt, nach außen deshalb nicht so offensichtlich zu Tage tritt. Auch ist die Ausgangssituation bei einer Notfalloperation, mit einer geplanten operativen Versorgung nicht zu vergleichen. Stellt sich die Frage, kann man schon vor der Operation etwas gegen diese unerwünschten Folgen tun?

Man kann. Am Kreiskrankenhaus Schrobenhausen geht der promovierte Mediziner Andreas Limberger ganz neue Wege, um den Folgen einer Narkose, wie ein Delir oder ein postoperatives Durchgangssyndrom, entgegenzuwirken. Bereits im Vorfeld einer Operation werden bei älteren Patienten präventive Maßnahmen ergriffen.

Limberger erklärt: "Wir wollen die Patienten auf die OP und die Narkose so vorbereiten, damit die Gefahren eines postoperativen Durchgangssyndroms oder gar eines Delirs minimiert werden. " Dazu gehöre, neben Maßnahmen wie zum Beispiel die Regulierung des Flüssigkeitshaushaltes und der Ausgleich des Nährstoffmangels, auch eine Prophylaxe gegen räumliche Desorientierung. Man mache, so Limberger, die Patienten schon vorher mit den Räumlichkeiten im Kreiskrankenhaus vertraut. Ältere Menschen haben oft Probleme, sich in einem fremden Umfeld zu orientieren. Sie hören und sehen meist schlechter. "Wenn sie aus der Narkose erwachen, sollen sie sich in einer vertrauten Umgebung wiederfinden. "

Außerdem brauchen die Patienten die Gewissheit, dass man sich für sie Zeit nimmt und sie im Mittelpunkt stehen. Am Kreiskrankenhaus Schrobenhausen werden die Patienten nach dem Aufwachen aus der Narkose genau beobachtet. So genannte "Scores" werden erhoben. Anhand von Fragebögen, die der Patient ausfüllt, kann ein sich abzeichnendes Delir frühzeitig diagnostiziert werden. Eine umfangreiche und fordernde Aufgabe für das Krankenhauspersonal. Aber eine, die sich lohnt.