Schrobenhausen
Grünes Energiebündel

Katharina Schulze diskutierte am Freitag mit Schrobenhausener Gymnasiasten über Gott und die Welt

15.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:15 Uhr
Jede Menge Fragen hatten die Schrobenhausener Gymnasiasten an Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze (r.). −Foto: Bals, Ruppert

Schrobenhausen (SZ) "Ich könnte Bäume ausreißen - wenn ich nicht bei den Grünen wär'" . Wer sich heuer den Nockherberg gegeben hat, erlebte das Alter Ego einer vor Energie sprudelnden Grünen-Fraktionsvorsitzenden des Bayerischen Landtags. Weit weg von der echten Katharina Schulze ist das nicht. Die Gymnasiasten jedenfalls schien sie beim Besuch am Freitag gehörig zu inspirieren, sie ballerten Schulze förmlich mit Fragen zu.

Irgendwie wirkt Katharina Schulze immer ein wenig, als hätte sie ja eigentlich noch so viel mehr zu sagen, findet vieles "mega", warnt, beim Klimawandel die "Tipping Points" nicht zu überschreiten und erklärt gern mal "die basics", wie "70 Jahre Frieden in Europa". Und sie bläut den Schülern ein: Statt "ständig über Brüssel abzulästern", sollten sich diejenigen lieber dessen gewahr werden, wie viel Europa schon gebracht hat.

Dass genau zur selben Zeit "Schüler, Studierende, Parents und Wissenschaftler" bei FridaysForFuture fürs Klima auf die Straße gehen, findet Schulze "großartig". Da habe sie das Gefühl, man kämpfe nicht so alleine. Genau diesen "spirit, dieses Miteinander, sollte man auch weitertragen". Und logisch sei der Antrag der Grünen, den Protest von der Straße in den Landtag zu bringen, abgeschmettert worden. Aber sie freue sich, dass durch FridaysForFuture jene "Meckerer eines Besseren belehrt" werden, die meinten, die Jugend interessiere sich nicht für Politik. Die Schrobenhausener Gymnasiasten geben ihr recht, stellen eine Menge Fragen, wollen zum Beispiel wissen, was Schulze von Datenschutz und "Artikel 13" hält. "Da gibts ziemlichen Stunk", weiß Katharina Schulze, und findet es "Mist, so, wie es gerade ist". Wegen der "Gemengelage, die weder für die Urheber, noch für die freie Meinungsäußerung im Netz gut ist".

"Natürlich macht die Digitalisierung auch Probleme, aber es gibt auch Süchte im real life", beantwortet Schulze die Frage eines weiteren Schülers, ob man statt Tablets in Schulen nicht mehr geschultes Personal zur Prävention von Spielsucht bräuchte. Vielmehr gehe es darum, die Digitalisierung richtig zu gestalten, sagt Schulze. Auch da gelte - und dieser Gedanke fällt an diesem Tag noch öfter: positiv rangehen an die Dinge, "Mut geben, statt Ängste schüren". Und wenn Schulze, wie beim Thema Wohnungsnot, bemängelt, dass Politik ja oft so furchtbar langsam sei, lässt sich erahnen, welch Qual das für einen quirligen Geist wie sie sein mag. Das hält die Grünen-Fraktionsvorsitzende aber nicht davon ab, den Schülern Lust auf Politik zu machen, denn die sei schließlich "total großartig!" Weil man mit ihr so vieles anpacken und gestalten könne.

Puh, was für ein Tempo! Auch Christian Huber, der den Arbeitskreis "Politik und Zeitgeschehen" am hiesigen Gymnasium leitet, hat am Ende der beiden Schulstunden die Hoffnung, dass bei dem Affenzahn, in dem die Grünen-Fraktionsvorsitzende ihre Infos raushaut, "möglichst alle beim Denken mitgekommen sind". Ein "echtes Feuerwerk, sehr quirlig, sehr lebendig", resümiert Huber. Ähnlich sieht das Schülersprecherin Rebecca, die Schulzes Auftritt "inhaltlich wie auch rhetorisch unheimlich beeindruckend" findet.

"Rettet die Bienen", Brexit, Gesundheitssystem, Öko-Landbau, Cyberkriminalität, Asyl- und Sozialpolitik - beinah hat es den Anschein, als gäbe es kein Thema, das in diesen zwei Stunden nicht aufs Tapet kommt. "Absurd" findet Schulze, "dass die größte offene Drogenszene der Welt - das Oktoberfest - legal ist", der am Feierabend einen Joint rauchende Erwachsene aber kriminalisiert werde. Windräder seien "schöner als AKW-Türme" und dass große Stromunternehmen die Netze für Erneuerbare Energien verstopfen ist laut Schulze "Bullshit". Auch zum Thema Flugtaxis hat sie eine Meinung: "Man kann Dorothee Bär ja an ganz vielen anderen Stellen kritisieren", feststehe aber: "Mobilität muss man vollkommen anders denken", vernetzter, digitaler, Öffentlichen Nahverkehr rein und Individualverkehr raus aus den Städten. Vor allem aber, wegkommen von der Denke, jeden Diesel oder Benziner durch ein E-Auto ersetzen zu können. "Und: Drohnen - why not?"

In der Regel ballert Schulze ihre Antworten im Akkord heraus. Einmal kommt sie aber doch ins Stocken. Die umstrittene Umgehungsstraße im Goachat - für eine qulifizierte Stellungnahme kenne sie die Fakten nicht, gibt Schulze zu. Den Faden findet sie dennoch zackig wieder: "Wenn ich höre: 'eine Straße durch ein Naturschutzgebiet', ist meine erste Frage: Brauchts das?"

Nach zwei Schulstunden ist Schluss mit dem grünen Wirbelwind. Hängenbleiben wird bei den Schülern sicher einiges. Bestimmt auch ein Gedanke, der Schulzes Wesen auf den Punkt bringt: "Man kann ja Netflix gucken und die Welt retten."

Ute De Pascale