Karlshuld
Einigkeit bei der Kläranlagenerweiterung

In gemeinsamer Sitzung stimmen Karlshulder und Königsmooser Gemeinderäte für Faulturm-Variante

19.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:50 Uhr
Doppelte Einstimmigkeit bei der Erweiterung der von beiden Gemeinden genutzten Kläranlage: Erst stimmten die Karlshulder Gemeinderäte (im Bild) für die anaerobe Variante mit Faulturm, dann die Königsmooser. −Foto: Hofmann

Karlshuld/Königsmoos (SZ) Die Kläranlage in Karlshuld wird für vier Millionen Euro erweitert und bekommt einen 600 Kubikmeter fassenden Faulturm. "Es ist nicht die billigste Variante, aber meiner Ansicht nach die wirtschaftlichste", sagte der Königsmooser Bürgermeister Heiner Seißler. Das sahen die Gemeinderäte aus Karlshuld und Königsmoos dann durch die Bank genauso.

Diese spezielle Sitzung am Montagabend hatte schon fast großstädtisches Format: Zwei Bürgermeister und 35 Gemeinderäte (nur einer der Karlshulder fehlte) tagten zusammen in einem Raum. Man traf sich in der Maurus-Gerle-Schule in Karlshuld, auf die auch die meisten Königsmooser Mittelschüler gehen. Neutrales Terrain also, wenn so etwas überhaupt nötig wäre in der Beziehung zwischen den beiden eng verbundenen Nachbargemeinden. Denn bei der Frage, wie die gemeinsam genutzte Kläranlage erweitert werden soll, waren alle einer Meinung: "Wir dürfen nicht nur auf den Preis schauen", sagte einer der Gemeinderäte, "wir müssen auch an die Generationen nach uns denken." Und denen dürfe man keinen Energiefresser hinterlassen, der dann auch noch Unmengen an Klärschlamm produziert.

Weil Karlshuld und Königsmoos beständig wachsen, hat die auf 10000 Einwohnerwerte ausgelegte Kläranlage, die sich in Karlshuld an der Ach befindet, inzwischen ihre Kapazitätsgrenze erreicht. Sie soll deswegen auf 17500 Einwohnerwerte erweitert werden. Dafür gibt es vier Varianten, die Andreas Vogl vom Ingenieurbüro Wipfler bereits im Frühjahr in beiden Gemeinden in Ratssitzungen vorgestellt hatte. Im Wesentlichen musste nun die Entscheidung fallen zwischen der anaeroben Klärschlammstabilisierung (also der Behandlung ohne Sauerstoff) und der aeroben (mit Sauerstoff), wobei es für letztere zwei Varianten gab. Möglichkeit vier, eine eigene Kläranlage für Königsmoos, wäre mit Kosten von 4,4 Millionen Euro nicht nur die teuerste, sondern auch die, so Vogl, "unwirtschaftlichste und unsinnigste Variante". Sie spielte am Montagabend keine Rolle mehr.

Und auch die beiden aeroben Modelle waren, obwohl mit Investitionskosten von gut drei Millionen Euro ein ganzes Stück günstiger als die anaerobe Variante (vier Millionen Euro), schnell aus dem Rennen. Denn die jährlichen Betriebskosten von 244000 Euro bei der anaeroben liegen deutlich unter denen der beiden aeroben Varianten (jeweils rund 300000 Euro, Tendenz steigend). Und die Schere bei den Betriebskosten dürfte künftig noch weiter auseinandergehen, zum einen, weil bei der aeroben Klärschlammstabilisierung mehr externe Energie benötigt wird, vor allem aber, weil mehr Klärschlamm entsteht. Und dessen Entsorgung könnte künftig ein massiver Kostenfaktor werden, wie der Karlshulder Bürgermeister Karl Seitle erklärte. Die landwirtschaftliche Ausbringung des Schlamms, bisher eine günstige Art der Beseitigung, gehe nach der neuen Gesetzeslage gar nicht mehr. Die anaerobe Variante sei also sinnvoll, denn dabei werde in einem Faulturm der Klärschlamm möglichst stark reduziert und getrocknet, um dann verbrannt zu werden. Alles andere, so Seißler, sei nicht mehr zeitgemäß. Da stimmte auch Vogl zu: Weil in Deutschland für die Verbrennung des Klärschlamms die Kapazitäten zu gering seien, stiegen die Preise kräftig an.

Die rund 800000 Euro Mehrinvestition im Vergleich zu den aeroben Varianten dürften sich also wohl schon schneller als in 15 Jahren - so die Kalkulation mit den aktuellen Zahlen - amortisiert haben. Und auch der Faktor Energie ist bei einer Kläranlage mit Faulturm positiver: Mit den entstehenden Faulgasen kann in einem Blockheizkraftwerk eigener Strom erzeugt werden, was die Abhängigkeit von den Energiekosten merklich reduziert.

Nach dem einstimmigen Beschluss beider Gemeinderäte müssen nun - wegen des Umfangs der Maßnahme - erst einmal die Ingenieurleistungen öffentlich ausgeschrieben und dann die Planungen erstellt werden, ehe überhaupt Baufirmen beauftragt werden können. Während der Erweiterungsarbeiten bleibt die bestehende Anlage in Betrieb - "wir verändern letzten Endes nichts an der Verfahrenstechnik, die Kläranlage läuft weiter wie zuvor", sagte Andreas Vogl.

Karl Seitle, der damals schon im Amt war, erinnerte sich an den Neubau der Kläranlage vor rund 30 Jahren. Anstatt des Hebaufs habe es damals ein Beckenfest gegeben. Und auch der Festakt zur Eröffnung lief anders ab als etwa bei einem Kindergarten oder einer Straße: "Bei der Einweihung", erzählte Seitle schmunzelnd, "hat jeder einen Schluck vom geklärten Wasser trinken müssen." Mancher Gemeinderat dürfte da erleichtert sein, dass es mit der Fertigstellung der Erweiterung in der bis 2020 laufenden Wahlperiode sicherlich nichts mehr wird.
 

Bernd Hofmann