Schrobenhausen
Die Sache mit dem "Palastumbau"

Keine öffentliche Kritik an den 7,7 Millionen Euro fürs Rathaus, wenig begeisterte Kommentare gibt es aber doch

07.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:19 Uhr
So soll der Sitzungssaal im neuen Rathaus einmal aussehen - er wird mit einer Ecke gebaut. −Foto: Büro Schrammel

Die Schuttcontainer füllen sich am Lenbachplatz. Was der Stadtrat im November 2017 beschlossen hat, wird jetzt umgesetzt: Für voraussichtlich 7,7 Millionen Euro wird in Schrobenhausen ein denkmalgeschütztes Gebäude saniert, das am Ende als Zweckbau genutzt wird. Öffentlichen Widerspruch gab und gibt es nicht. Hat der Stadtrat also alles richtig gemacht? Sieht fast so aus. Wiederkehrende zickige Kommentare auf der Straße und im Internet lassen aber etwas anderes vermuten.

Die acht Millionen Euro für den Umbau des Rathauses sind ohne großen Aufschrei der Bürger verabschiedet worden", schrieb neulich jemand in einem sozialen Netzwerk. Das ist so. In der Öffentlichkeit ist alles ruhig. Kein Aufstand in den Bürgerversammlungen. Zwei, drei zaghafte Nachfragen von Bürgern, das war's. Es gab auch keine Leserbriefe in der Zeitung, schon gar keine Demonstrationen oder gar ein Bürgerbegehren. Alles gut, also?

Zum Teil. Denn: Es brodelt unter der Decke. "Die brauchen das Geld für ihren Palastumbau, der mindestens 7700000 Euro kosten soll", schrieb diese Woche jemand, als es um den Grundstücksverkauf "gegen Höchstgebot" in Mühlried ging. Man findet Aussagen wie diese immer wieder.

Bürgermeister Karlheinz Stephan (CSU) sieht die 7,7-Millionen-Investition ganz gelassen. "Ja, wir binden uns ein Stück, aber ich sehe keine Dramatik damit verbunden", sagt er, auf die Thematik angesprochen. "Wir leisten uns eine Innenstadtsanierung für neun Millionen Euro, wir haben Schulbauten für zehn Millionen Euro, Feuerwehr Investitionen in Millionenhöhe - das alles bindet uns, aber das ist auch keine Dramatik."

Tatsächlich ist die Steuerkraft Schrobenhausens gut. Seit Jahren bekommt die Stadt keine Schlüsselzuweisungen mehr, also Geld aus einem Ausgleichsfonds für finanziell schwache Kommunen - weil sie zu den starken gehört. Schrobenhausen hat Geld. Karlheinz Stephan sieht das auch so. Und er ist überzeugt davon, dass das so bleibt. Ein wichtiger Faktor ist dabei die Gewerbesteuer. "Manche glauben, dass wir von einer Handvoll Firmen abhängig sind, das ist aber beileibe nicht der Fall." Vielmehr brächten "unsere Top-30-Gewerbesteuerzahler 50 Prozent der Gewerbesteuer, die andere Hälfte teilt sich auf ein breites Feld. Wir sind da sehr stabil."

Was man auch immer wieder hört: Das Konzept sei unausgegoren. Für Bürgermeister Stephan nicht. Er sagt: "Ich hätte gern die Verwaltung im Eigentum - und zentralisiert. Wir machen hier eine notwendige Zukunftsinvestition. Damit können wir ein Hakerl hinter das Rathaus machen, das Thema ist dann für die nächsten 50, 60 Jahre abgeschlossen." Die Sanierung erfolge außerdem zu einem günstigen Zeitpunkt. Die Kosten der energetischen Sanierung werden auf 20 Jahre finanziert. "Wissen Sie, wieviel Zinsen wir bezahlen?", fragt der Bürgermeister. "Null Prozent, festgeschrieben auf 20 Jahre."

Den größeren Teil der Investitionen bezahlt die Stadt innerhalb der beiden nächsten Jahre aus dem laufenden Haushalt. "Entsprechend belastet uns das dann in den Folgejahren nicht." In den beiden Jahren 2019 und 2010 werde der Investitionsrahmen allerdings "erheblich eingeschränkt".

DIE NUTZUNG

Zurzeit ist die Stadtverwaltung auf fünf Gebäude verteilt: überm Boniberger, beim Schöpf, in der Regensburger Straße 5, im Waaghaus und über der Heimat2. Dafür fallen Mietkosten in Höhe von insgesamt knapp 150000 Euro pro Jahr an. Hochgerechnet auf 20 Jahre wären das drei Millionen Euro.

Die Rathaussanierung kostet fast acht Millionen. Danach fällt die Miete beim Boniberger und beim Schöpf weg. Neben Sitzungs- und Lenbachsaal entstehen um die 40 Arbeitsplätze im Rathaus. Man könnte sicherlich aufdröseln, wie viel damit jeder einzelne Arbeitsplatz kostet, indem man die energetische Sanierung und die Säle herausrechnet - über 100000 Euro sind es mindestens.

In Pfaffenhofen hat man ein historisches Rathaus, das einen Glanzpunkt darstellt, die Verwaltung ist aber ganz woanders, über einem Modegeschäft. Ob man das in Schrobenhausen nicht auch so machen könnte, ist nie diskutiert worden.

Gedankenspiele? Fehlanzeige. "Schreibt doch mal, dass das nicht zu Ende gedacht ist", wird uns Zeitungsredakteuren wieder und wieder zugerufen, von Leuten, die sich nicht mit Namen in die Debatte einbringen wollen, weil sie nicht als ewige Nörgler dastehen wollen. Wobei der Hinweis schon möglich ist: Mal darüber nachgedacht, wie man dieses Gebäude Lenbachplatz 18, das ja nun offenbar eine bedeutende architektonische Meisterleistung ist, zum Leuchten bringen könnte, wenn es schon nicht abgerissen wird? Das ist nicht passiert.

Seit Monaten wird beispielsweise überlegt, das Europäische Spargelmuseum aus dem Amtsturm herauszunehmen. Wäre das Erdgeschoss des Rathauses am Ende ein möglicher Standort dafür gewesen? Hätte man dann womöglich sogar Zuschüsse kassieren können? Man weiß es nicht, es gab keine Gedankenspiele.

Zuschüsse, erklärt der Bürgermeister auf Anfrage, gebe es sowieso nicht. "Nicht für das Rathaus und auch dann nicht, wenn wir dort ein Museum einrichten würden", behauptet er, "aber das war ja sowieso nie ein Thema." Da scheinen sich dann die Richtlinien geändert zu haben, denn für das Spargelmuseum im Amtsturm bekam die Stadt seinerzeit einiges.

DER BRANDSCHUTZ

Das Brandschutzproblem hat man ja inzwischen mit einem Federstrich beseitigt. Fast zehn Jahre lang war nach einem zweiten Rettungsweg gehirnt worden, um den peniblen Vorschriften zu genügen, wobei es in den 50 Jahren davor eh nie gebrannt hat. Aber so ist das in Deutschland im 21. Jahrhundert.

Gelöst wurde das Thema, indem die Nutzung der beiden Säle im zweiten Stock eingeschränkt wurde. Sowohl im Sitzungssaal als auch im Lenbachsaal dürfen sich nach der Sanierung nie mehr als jeweils 100 Menschen gleichzeitig aufhalten. Sollte es im Treppenhaus brennen, müssen die Besucher über Drehleitern aus dem Gebäude gebracht werden.

Dafür müssen an beiden Seiten des Rathauses Stellflächen freigehalten werden. Und das Treppenhaus wird so gebaut, dass es 90 Minuten Feuer standhält. In dieser Zeit können über Drehleitern laut Erfahrungswerten von Feuerwehren 30 bis 40 Menschen auf jeder Gebäudeseite gerettet werden. Das Gesetz nimmt, wie schon berichtet, laut Kommentierung ein Restrisiko in Kauf. Wer es also nicht über die Drehleiter schafft, verbrennt. Aber Feuer werden ja üblicherweise auch gelöscht ...

DIE SÄLE

Krücken gibt es auch in den Sälen. Freie Sicht von allen Zuschauerplätzen auf den ganzen

Sitzungstisch gibt es auch nach der Sanierung nicht, weil der große Saal ein Eck haben wird. Ein Stuhllager für den Lenbachsaal hat das Augsburger Architektenteam Schrammel im zweiten Stock auch nicht vorgesehen. Kulturreferent Klaus Englert (CSU) hatte darauf bei der Vorstellung des Konzepts im Stadtrat im November 2017 schon hingewiesen, geändert wurde aber nichts. Übrige oder vorzuhaltende Stühle müssen also entweder am Rand gestapelt werden - oder Rathausmitarbeiter müssen vor und nach der Veranstaltung für ihr Gehalt Stühle schleppen. Im Keller wäre womöglich Platz, aber der Lift endet im Erdgeschoss. Und der Versuch, ihn bis in den Keller zu verlängern, ist gescheitert.

Nicht alles, was es für die 7,7 Millionen Euro gibt, ist also Gold. Es gibt Bürger der Stadt, die das stört, auch wenn sie es nicht laut sagen wollen. Aber es gibt auch andere Stimmen. Die sagen: Lieber ist endlich mal etwas entschieden worden.

Mathias Petry