Schrobenhausen
Die Saat ausbringen und auf die Ernte vertrauen

<Blau>GEDANKEN ZUM SONNTAG</Blau> von Till Huesmann

17.10.2021 | Stand 22.10.2021, 3:34 Uhr
Till Huesmann ist Gastgeber des "Marktschwärmer"-Regionalmarktes in Schrobenhausen. −Foto: privat

Liebe Leserinnen und Leser,unsere jüngste Tochter hat dieses Jahr im Frühjahr ein Gartenbeet bestellt und sogenannte "Augenbohnen" gesät. Vor ein paar Wochen konnte sie dann nicht ohne Stolz ihre erste eigene Ernte einfahren. Aus einigen wenigen Bohnen waren mehrere Schüsseln davon geworden. Am Anfang brauchte es noch Zuwendung, um den Bohnenpflanzen den nötigen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, doch als die Pflanzen eine gewisse Größe erreicht hatten, waren Geduld und Vertrauen gefragt.

Diese Erfahrungen machen Gärtner und Landwirte jedes Jahr aufs Neue: Säen, das Nötige tun und auf günstige Bedingungen hoffen. Fleiß und Wissen sind hilfreich, aber echte Kontrolle ist eine Illusion, das Vertrauen auf eine günstige Fügung der zahlreichen Einflüsse ist unumgänglich. Das Gärtnern ist eine Metapher auf unser Leben.

Das Erntedankfest feiert also nicht nur die eigene Leistung, sondern auch die Erfüllung des gesetzten Vertrauens. Wieder ist eine Anbausaison zu Ende gegangen, die Ernte wurde eingefahren, die Lebensgrundlagen für den kommenden Winter sind gesichert. So funktioniert das menschliche Leben, seit wir vor über 10000 Jahren sesshaft wurden.

In letzter Zeit haben wir allerdings begonnen, das System zu betrügen, aus Vertrauen wurde Kontrollzwang, statt einer auskömmlichen Ernte wollen wir das erreichbare Maximum erzwingen, ohne dabei an übermorgen zu denken. Wie wir jetzt sehen, war und ist das nicht nachhaltig. Zur Nachhaltigkeit müssen wir aber unbedingt zurückfinden, aus Respekt vor der Schöpfung und aus Verantwortung gegenüber unseren Kindern.

Gewiss, Gewohnheiten zu ändern ist nicht einfach, Menschen sind ambivalente Wesen und was kann ein Mensch alleine schon bewirken? Jeder Mensch kann ein Vorbild sein!

Tun wir, was in unseren Kräften liegt, gerne auch direkt vor unserer Haustüre und in unserem eigenen Interessens- und Lebensbereich. Jeder von uns hat doch etwas, das ihm wichtig ist und er für bewahrenswert hält. Lassen Sie uns eine Saat ausbringen, die mit Geduld und Vertrauen schließlich unsere Zukunft zum Guten gedeihen lässt. Das ist sicher besser als mit dem Finger auf andere zu zeigen und in Zukunftsangst zu verharren. Wenn wir nicht beginnen, geht es uns wie dem Bauern, der vergisst zu säen und zu pflegen - wir werden nichts ernten.

Fangen wir im Kleinen an - überlegen wir beispielsweise, wo wir unser Brot kaufen. Vielleicht beim Bäcker vor Ort, der Mehl aus der Region bezieht?

Wo kommt unser Gemüse her? Woher die Eier für den Kuchen? Ich sage für mich: "Das muss von hier kommen!", weil ich dankbar bin für die vielfältige Landwirtschaft in der Region, für die Menschen, die säen, ernten und herstellen. Deshalb versuche ich, etwas zurück zu geben. Das macht das Wort "Erntedank" schließlich auch aus - die Balance zwischen Nehmen und Geben.

Till Huesmann, ist Gastgeber des "Marktschwärmer"-Regionalmarktes in Schrobenhausen.