Schrobenhausen
Die Zukunft der Pflege ist ungewiss

Die Sozialstation Neuburg-Schrobenhausen zieht Bilanz - immer mehr Pflegebedürftige aber zu wenig Pflegekräftenachwuchs

12.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:45 Uhr
Rainer Hamp
Der Sitz der Sozialstation Neuburg-Schrobenhausen im Högeneauer Weg in Schrobenhausen. −Foto: Rainer hamp

Schrobenhausen (SZ) Wir werden älter. Lag die durchschnittliche Lebenserwartung vor 100 Jahren bei den Männern bei etwa 45 Jahren, so ist sie vor allem seit den 50er-Jahren ziemlich gleichmäßig auf jetzt über 78 Jahre gestiegen. Frauen werden noch älter. "Das ist erfreulich", meinte Bernhard Peterke, zweiter Vorsitzender der Sozialstation, "bringt aber auch viele Probleme mit sich". Stellvertretend für die erkrankte Vorsitzende Karin Albrecht eröffnete Peterke die diesjährige Mitgliederversammlung im Schrobenhausener Haus der Sozialstation.

Und er wies mahnend auf die prekäre Situation hin. Mit der steigenden Lebenserwartung steige auch die Pflegebedürftigkeit. Eine große zusätzliche Herausforderung sei die Zunahme der Menschen mit Demenzerkrankung. Der sogenannte demografische Wandel bringe es mit sich, dass ältere Menschen mehr, jüngere aber weniger werden. Das führe zu einer Versorgungslücke bei den Pflegekräften. Da sei die Politik gefordert. Der Pflegeberuf sei zurzeit nicht attraktiv genug. Vor allem werde er viel zu schlecht bezahlt. In der ambulanten Altenpflege liege der Verdienst zurzeit nur bei etwa 85 Prozent des mittleren Verdienstes für alle Berufe in Deutschland. "Nicht so in unserer Sozialstation, hier wird nach dem Tarifvertrag in der Metallindustrie bezahlt", erklärte Peterke, "weit über dem Mindestlohn". Um aber dem drohenden Notstand bei den Pflegekräften entgegenzuwirken müssten alle Pflegeberufe nach einem flächendeckenden Tarifvertrag bezahlt werden, der deutlich über dem heutigen Niveau liege. Das müsse in einem reichen Land wie Deutschland möglich sein. Allerdings brauche man dazu endlich vernünftige gesetzliche Regelungen zur Finanzierung, damit die Pflegeanbieter wie die Sozialstation nicht auf den Kosten sitzen blieben.

Den Tätigkeitsbericht stellte Pflegedienstleiter Johannes Clamroth vor. Demnach betreuten die Mitarbeiter der Sozialstation im vergangenen Jahr insgesamt 232 Personen. Das Pflegepersonal, dessen Einsatzbereitschaft, Fleiß und Fürsorglichkeit er besonders hervorhob, habe bei etwa 65000 Hausbesuchen im Raum Schrobenhausen, Neuburg und Burgheim rund 250000 Kilometer zurückgelegt. Dabei habe man nicht nur die Patienten betreut, sondern oft auch die Angehörigen, die Rat und Hilfe brauchten. Hinzu seien ungezählte Telefonberatungen gekommen. Finanziell zu leisten wäre das nur durch die Beiträge und Spenden der zurzeit 361 Mitglieder gewesen. "Wir brauchen aber dringend weitere Mitglieder", meinten unisono die anwesenden Vorstandsmitglieder. Wer Mitglied werden möchte, könne sich per E-Mail, info@sozialstation-schrobenhausen.de oder telefonisch unter (08252) 8945-0 an die Station wenden. Wie Clamroth weiter ausführte sicherten die vielen Fachkräfte die gute Qualität der Pflege, was aber teuer sei. Zahlreiche Weiterbildungskurse sicherten das hohe Niveau der Pflegekräfte. Viel Zeit, Engagement und Kosten habe die Umstellung vom Modell Pflegestufe auf das Modell Pflegegrade erfordert. 22 Auszubildende der Kinder-, Kranken- und Berufsfachschule für Sozialwesen haben 2018 ihr Praktikum bei der Sozialstation absolviert. Trotzdem würden aber Pflegekräfte fehlen, es gebe zu wenig Nachwuchs. Eine Folge davon sei es auch, dass man die Betreuungsgruppe "Treffpunkt miteinander" für Demenzkranke Ende Juni einstellen musste, die seit 2006 von Silvia Landsbeck und Josefine Tyroller geleitet wurden. Beiden dankte Clamroth ganz besonders.

Josefine Tyroller ging in den Ruhestand. Sie war über 27 Jahre als Krankenschwester und Teamleiterin in der Sozialstation tätig. Mit ihr gehe eine äußerst kompetente, engagierte, immer zuverlässige und beliebte Pflegefachkraft in den wohlverdienten Ruhestand würdigte Geschäftsführerin Annette Eisenmann die scheidende Mitarbeiterin. Annette Eisenmann stellte dann die Planungen für 2019 vor, die sich an die des vergangenen Jahres anlehnen würden. Ein großes Problem seien die wieder steigenden Personalkosten. "Wir sind immer dankbar für Spenden", meinte Annette Eisenmann und verwies auf die Burgheimer Praxis, wo bei der Beerdigung eines verstorbenen Patienten anstelle von Blumen, Kränzen häufig eine Spende an die Sozialstation gegeben werde. "Es wäre schön, ließe sich das auch in Schrobenhausen und Neuburg einrichten", wünschte sich die Geschäftsleiterin. Dem Kassenbericht von Bernhard Peterke folgte der Prüfbericht von Werner Oginski. Er hatte keine Beanstandungen und empfahl die Entlastung des Vorstands. Sie wurde auch einstimmig erteilt.
 

Rainer Hamp