Schrobenhausen
"Die Senioren leiden unter dem Besuchsverbot"

STICHWORT RISIKOGRUPPE: Der Schrobenhausener Altersmediziner Einhard Springer im Gespräch

07.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:35 Uhr
Der promovierte Arzt Einhard Springer vom Kreiskrankenhaus Schrobenhausen ist Experte für Altersmedizin. −Foto: Archiv

Schrobenhausen / Neuburg - In zwei Würzburger Seniorenheimen starben bisher 20 Bewohner an der durch das Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19. In einem weiteren Heim in Harburg im Kreis Donau-Ries sind neun Bewohner mutmaßlich an den Folgen einer Corona-Infektion ums Leben gekommen.

 

Wir haben Einhard Springer, Chefarzt des Geriatriezentrums Neuburg sowie der Akutgeriatrie im Kreiskrankenhaus Schrobenhausen gefragt, wie wichtig das derzeitige Kontaktverbot ist.

Herr Springer, die Angehörigen dürfen Oma und Opa nicht mehr besuchen. Wie wichtig ist es, dies auch einzuhalten?

Einhard Springer: Das kann man ganz eindeutig beantworten: In einem Seniorenheim - sowie auch im Privatbereich zu Hause - ist das Besuchsverbot zum Unterbrechen der Infektionskette sehr wichtig.

Inwiefern?

Springer: Besucher, die vielleicht keine oder nur geringe Symptome haben, können von außen Coronaviren in Altenheime und Krankenhäuser hineintragen, was ja genau dort nicht erwünscht ist. Mit dem Besuchsverbot versuchen wir, das Coronavirus aus diesen sensiblen Bereichen herauszuhalten.

Haben Sie in Ihren Einrichtungen Schilder angebracht - oder wie kommunizieren Sie das?

Springer: Die meisten Besucher wissen das ja schon aus den Medien. Wir haben nun auch nicht mehr alle Türen auf, sondern nur noch bestimmte. Aber an allen Türen hängt ein Schild "Stopp - Besuchsverbot".

Und wenn trotzdem jemand reingeht?

 

Springer: Das Besuchsverbot wird tatsächlich von den Besuchern weitestgehend eingehalten. Wenn Einzelpersonen reingehen, sprechen wir diese höflich an und weisen sie auf das Verbot hin.

Die Menschen haben also Verständnis dafür.

Springer: Ja. Für die Senioren hier ist es natürlich trotzdem schade, wir hatten ursprünglich ein Osterprogramm vorgesehen, das jetzt aufgrund der aktuellen Geschehnisse gestrichen werden musste.

Wie schlimm ist es denn für die Senioren, keinen Besuch haben zu dürfen?

Springer: Die Senioren leiden unter dem Besuchsverbot am meisten. In der geriatrischen Reha ist ja gerade die Heimatnähe das besondere Gut. Die Senioren wollen nicht an der Nordsee ihre Reha haben, sondern in der Nähe ihrer Angehörigen, damit sie besucht werden können.

Wie ist das Verständnis bei den Patienten?

Springer: Das Verständnis auf Seiten der Patienten ist überraschend gut, dazu tragen sicher auch die Medien bei. Es gibt nur vereinzelt Fragen, die von uns dann unter den entsprechenden Kriterien des Robert-Koch-Instituts beantwortet werden.

Was können Familien denn tun, um - gerade auch hinsichtlich Ostern - den Kontakt mit Oma und Opa zu halten?

Springer: Sie könnten zum Beispiel an die Senioren Briefe schreiben oder kleine Ostergeschenke als Päckchen schicken. Ich kann mir auch vorstellen, dass man sich über ein Fenster mal ein bisschen unterhalten kann, damit man sich mal gegenseitig zu Gesicht bekommt - und damit gleichzeitig sieht, dass es der Oma oder dem Opa auch gut geht.

SZ

Das Gespräch führte Silvia Obster