Wer mit aller Macht sät, der erntet AfD

27.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:26 Uhr

Zum Ergebnis der Bundestagswahl im Landkreis:

Der Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer hatte ja im Juli knapp 400 Wahlkampfauftritte innerhalb seines Wahlkreises angekündigt. Nun spricht er wohl mit Recht von einem "Desaster" für die CSU. Ich selbst kann es verschmerzen - aber das Abschneiden der AfD bereitet mir weit mehr Bauchweh, speziell in unserem Landkreis.

Der Wahlkreis 216, zu dem wir gehören, besteht ja aus insgesamt drei Teilen: Pfaffenhofen, Schrobenhausener Land und Freising. Unser Landkreis Pfaffenhofen schaffte am es Sonntagabend bayernweit fast auf's Podium aller AfD-Wahlergebnisse. Nur in vier von 46 bayerischen Wahlkreisen sammelte die AfD mehr Stimmen ein als bei uns mit 15,17 Prozent. Augenfällig ist allerdings, dass die Wähler in Schrobenhausen und Freising der AfD deutlich weniger Aufmerksamkeit schenkten: knapp zwei Prozentpunkte weniger.

Ist es also Zufall, dass ausgerechnet in Pfaffenhofen mehr Wähler zur AfD überliefen als im Wahlkreis Ingolstadt, wo die AfD sogar zweitstärkste Kraft wurde? Könnten solche AfD-Wahlergebnisse dem CSU-Kreisvorsitzenden und Autohändler Karl Straub nicht bereits im kommenden Jahr den Wiedereinzug in den Landtag verhageln? Sein Facebook-Profil wirbt bereits mit "Eine Legende kehrt zurück". Für die CSU oder Opel frag ich mich nur?

Der Zeitungs-Kommentar von Robert Schmidl weist deutlich auf eine der Ursachen für das Desaster hin: "...weil auch hier nicht zu verhindern war, was die CSU-Strategen mit aller Macht verhindern wollten" Ja, mit allem was "Recht" war, wollte die schwarze Macht diese AfDler an der "rechten Flanke" verhindern. Wir erinnern uns alle noch gut an den werbe-wirksamen Abgang von AFD-Spitzenkandidatin Weidel aus der ZDF-Wahlsendung, den CSU-Generalsekretär Scheuer mit seiner polemischen Bemerkung absolut unnötig provoziert hatte.

Aber nicht genug! Am nächsten Morgen verstieg sich demzufolge ein CSU-Grande aus der Provinz soweit, dass er ein fettes Foto aus Alice Weidels Facebook-Profil veröffentlichte. Er verknüpfte deren AfD-Botschaft zu ihrem TV-Abgang mit seinem eigenen Anti-AfD-Wahlaufruf an seine knapp 5000 virtuellen "Freunde" sinngemäß so: "Ihr dürft alle Parteien wählen, aber bitte wählt nicht die AfD! Die AfD mag ja auf den ersten Blick überzeugende Inhalte bieten, aber die Personen dahinter taugen nix". Als ein paar seiner "Freunde" seinen wahltaktischen Unfug in Frage stellten, wurden sie kurzerhand aus seiner Freundesliste gekickt beziehungsweise ihnen wird ihnen nun der Aufruf seines Profils blockiert. Nur soviel an dieser Stelle zu Demokratieverständnis, Transparenz und Meinungsvielfalt eines Landtagsabgeordneten und Kreisvorsitzenden mit CSU-Wahlmotto "Näher am Menschen".

In der desaströsen Wahlnacht schien selbst dem CSU-Parteivorsitzenden Seehofer nun ein Licht aufgegangen zu sein. Sein Partei"freund" Markus Söder hatte bereits vor drei Jahren anlässlich des miserabelsten CSU-Wahlergebnisses bei der Europawahl vor 40 minus X gewarnt, während die AfD stark abschnitt. Niemand kann die AfD mit Obergrenzen-Geschacher loswerden. Mündige Wähler kann man nicht mit AfD-Bashing vom Protest abhalten, bei der Landtagswahl in knapp zwölf Monaten genauso wieder AfD zu wählen. Jetzt hoffen wir doch, dass auch für Seehofers Claqueure zumindest ein Lichtlein im "schwarzen" Tunnelblick leuchtet?

Übrigens Seehofer bewies Courage: "Ihr könnt mich nach der Wahl köpfen". Aber soviel Courage besitzt keiner seiner Claqueure. Damit kein Missverständnis bleibt: Ich bin weder AfD- noch klassischer CSU-Wähler - es sei denn eine Person hatte mich überzeugt und das gab's auch schon

Jörg Bucher

Scheyern