Pfaffenhofen
Ein Rätsel in den Pfoten

Fassadenmalereien erzählen von der Geschichte der Stadt - doch manche lassen Fragen offen

10.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:02 Uhr
Prachtvoll und farbenfroh geben die Fassadenmalereien in der Stadt einen Einblick in die Zeit, zu der sie entstanden sind. Am Münchner Vormarkt beispielsweise prangt ein Gemälde zu einer früheren Firma in der Stadt - zu sehen sind auch bekannte Pfaffenhofener (rechts oben). Der Heilige Martin an der Kohnlestraße (unten rechts) wird allerdings bald das Zeitliche segnen, das Gebäude wird abgerissen. Der Löwe an der Ingolstädter Straße (links) stammt ursprünglich aus den 1950er Jahren und wurde 2001 saniert. −Foto: Lodermeyer

Pfaffenhofen (PK) Es sind letztlich Zeugen der Vergangenheit: An manchen Gebäuden in der Stadt gibt es Fassadengemälde, die auf die Geschichte der Häuser hinweisen. Dem aufmerksamen Betrachter verraten diese Gemälde so auch das eine oder andere Geheimnis. In dieser Folge unserer "Irgendwie merkwürdig"-Serie nehmen wir drei Fassadenmalereien genauer unter die Lupe - doch nicht alle Rätsel können gelöst werden.

MÜNCHNER VORMARKT

Am Münchener Vormarkt steht seit dem Ende der 1930er Jahre ein Gebäude, auf der Ostseite prangt dort ein prächtiges Gemälde. "Das ist eine frühneuzeitliche Kaufmannszene", erklärt Stadtarchivar Andreas Sauer. Der Historiker verweist auf das Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite - denn in dessen Geschichte liegt der Schlüssel zu diesem Wandgemälde. Dort waren früher die Produktionsstätten der Firma Blaudruck untergebracht. "Und das Haus mit dem Gemälde war das Wohngebäude der Familie Groß", schlägt er die Brücke zu den Unternehmenschefs. Aber damit ist es noch nicht genug: Von den fünf Personen auf dem Gemälde lassen sich nämlich zwei noch genau identifizieren. "Da sind Pfaffenhofener Bürger verewigt", sagt Sauer. "Der Kaufmann mit der Schreibfeder ist Oswald Bucher. Der Lastenträger rechts ist Engelbert Hien." Von Bucher ist bekannt, dass er eine kaufmännische Ausbildung hatte und bei der Firma Blaudruck im Büro für die Buchhaltung zuständig war. Hien war ebenfalls ein langjähriger Mitarbeiter des Unternehmens. "Beim Rest weiß man nicht mehr, wer sie sind."

KOHNLESTRASSE

Dass diese Fassadenmalereien zwar Zeitzeugen sind, aber eben vergänglich, das zeigen die Gemälde an der Kohnlestraße. An den großen Wohnhäusern sind manche Bilder noch gut erkennbar - an anderen Fassaden sieht man lediglich noch einen dunklen Fleck. "Es gab einmal noch mehr von diesen Bilder, aber die sind übermalt worden", sagt Sauer. Auch die Bilder, die nun mehrere Jahrzehnte überdauert haben, werden bald weichen: Die Gebäude sollen abgerissen werden. Noch zeigen manche der Fassaden handwerkliche Szenen: einen Maurer bei der Arbeit, einen fleißigen Zimmermann und andere. Der bekannte Pfaffenhofener Künstler und Kirchenmaler Michael Weingartner hat diese Szenen an die Hauswände gemalt, als die Gebäude in der Nachkriegszeit gebaut wurden. "Es herrschte damals Wohnungsnot, aber es gab keine Baustoffe", sagt Sauer. An einem Gebäude verewigte Maler Weingartner diese Hintergründe. Neben dem dort gemalten Heiligen Martin - bekannt als Samariter, der seinen Mantel teilte - steht in einem Banner: "In den Jahren 1948/50 erbaute der Kreis aus staatlichen und eigenen Mitteln zur Linderung der Wohnungsnot diese Siedlung." Ziemlich genau 70 Jahre später sollen diese "zeitgeschichtlichen Zeugen" nun abgerissen werden.

INGOLSTÄDTER STRASSE

Früher eine Schmiede, später eine Mechanikerwerkstätte, außerdem einmal ein Filmtheater, dann eine Apotheke, heute ein indischer Lieferservice: Das gelbe Gebäude an der Ingolstädter Straße hat bereits eine bewegte Geschichte hinter sich. Dabei erinnert noch heute ein großer Löwe an die Vergangenheit - nämlich an die frühere Löwenapotheke. Der erste Besitzer, Alois Wimmer, war mit seiner Frau aus Königsberg nach Pfaffenhofen gekommen. "Auch ihn haben die Kriegsverhältnisse im Osten um Besitz und Beruf gebracht und wie so viele andere musste er wieder von Neuem anfangen, sich eine Existenz zu gründen", stand damals in der Zeitung. Der nahe Löwenbrunnen brachte Wimmer auf den Gedanken, seine Apotheke entsprechend zu betiteln - daran erinnert auch heute noch ein Löwe an der Fassade. Um das bayerische Wappentier verteilen sich außerdem mehrere Wappen. "Bereits am Samstag grüßte von der neugetünchten Fassade des ehemaligen Schmied-Kappelmeier-Hauses ein stattlicher Löwe sowie die Wappen von Pfaffenhofen, Wolnzach, Geisenfeld und Au", stand zur Eröffnung der Apotheke 1950 in der Zeitung. Allerdings prangt in dieser Fassadenmalerei noch ein fünftes Wappen, das der Löwe in seinen Tatzen hält. Auf blauem Grund ist dort ein gelb-beige-farbener Schnörksel zu sehen - was genau das ist und wofür das Wappen steht, ist schwer zu erforschen. Stadtarchivar Sauer untersuchte einen Bezug zu den Herkunftsorten des Apothekerehepaares Wimmer - Königsberg, Danzig, Breslau, Eger und Reichenberg; doch ohne Erfolg. Auch Alt-Bürgermeister Hans Prechter kennt den Hintergrund nicht, genauso wenig der Besitzer des Hauses Max Schmutterer. Für ihn hatte 2001 der Pfaffenhofener Maler Bernd Zeiler den Löwen nachgemalt und saniert - ein wenig ähnelt es wohl einem Posthorn, meint der Künstler. Aber einen Bezug zu einer früheren Filiale oder Annahmestelle beispielsweise noch unter Thurn und Taxis kann Stadtarchivar Sauer für das Gebäude nicht finden. Auch Heimatforscher Reinhard Haiplik kann mit keiner Antwort dienen. "Schon im 17. Jahrhundert war das Haus in Besitz eines Hufschmiedes. Im Laufe der Geschichte wohnten darin immer wieder Schmiedemeister. Nicht umsonst trägt es den Hausmanmen ,Schmiepals'", erklärt er. Bei seinen Recherchen zu dieser Wappenfrage hat er nun unter den vielen Wappen der Schmiedezunft eines gefunden, das diesem in Pfaffenhofen ein wenig - wenngleich nicht sehr - ähnelt. "Leider ist auch für mich das Wappen, das der Löwe in Händen hält, ein Rätsel", lautet sein Fazit. Somit hält der Löwe ein Wappen in seinen Pfoten, das wohl irgendwie ein merkwürdiges Geheimnis bleiben wird.

Claudia Lodermeyer