Wolnzach
Zuhause im Lug ins Land

Wohnungsbaugenossenschaft betreut derzeit 96 Wohnungen - und sehr bald kommen zehn neue hinzu

10.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:12 Uhr
Schon weit fortgeschritten ist der Neubau der Wohnungsbaugenossenschaft. −Foto: Trouboukis

Wolnzach - "Wenn es sie nicht geben würde, dann müsste man sie erfinden." In seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender hat Josef Schäch das vor fast genau einem Jahr anlässlich der 70-Jahrfeier der Wohnungsbaugenossenschaft Wolnzach (WBG) so gesagt. Damals wurde der Grundstein für ein neues Genossenschaftshaus mit zehn Wohneinheiten gelegt, das jetzt schon sichtbar Formen angenommen hat: Im Herbst kann es bezogen werden.

Eines gleich vorweg: Die Warteliste ist lang, sehr lang. Und das nicht erst, seit im Lug ins Land das Gelände am einstigen Parkplatz mit Containerstellplatz umgearbeitet wurde, damit dort ein neues Mehrfamilienhaus entstehen kann. "Dass wir so viele Leute haben, die bei uns eine Wohnung beziehen möchten, war ja auch der Grund für diesen Neubau", sagt Marion Dost. Ein Neubau mit zehn Wohnungen, in dem praktisch jetzt schon jede vergeben ist. Weil die Nachfrage so groß ist, weil es Mieter gibt, die bereits in einer WBG-Wohnung leben, die aber für ihre Bedürfnisse nicht oder nicht mehr passt, weil es Familien gibt, die schon lange warten. Das neue Haus ist das 21. Haus der Wohnungsbaugenossenschaft - und das bislang einzige mit Aufzug, ein wichtiges Kriterium für den Neubau. "Wir haben ältere Menschen oder auch solche mit einer Gehbehinderung", sagt Marion Dost. "Und wir schauen schon, dass wir die passenden Wohnungen finden, so weit uns das halt möglich ist."

Marion Dost ist die Frau, bei der die Fäden der Wohnungsbaugenossenschaft zusammenlaufen. Sie sitzt im Büro im Lug ins Land, mittendrin unter den Häusern. Geschäftsführendes Vorstandsmitglied ist sie hochoffiziell, damit tritt sie in die Fußstapfen ihres Großvaters, des Altbürgermeisters Anton Dost, dem die Wohnungsbaugenossenschaft praktisch bis zu seinem letzten Atemzug Herzensangelegenheit war. Tatsächlich verbirgt sich dahinter eine Arbeit, die viel mehr ist, als nur das: "Man redet viel mit den Leuten, bekommt so einiges mit", erklärt Marion Dost. Oft klingelt das Telefon oder es steht jemand vor der Türe. Dann hört sie nicht selten auch von Schicksalen, davon, dass es im Leben wahrhaftig nicht immer rund läuft. Deshalb wurde die Wohnungsbaugenossenschaft ja gegründet - vor mittlerweile 71 Jahren. Auf der viel zitierten Hallertauer Messe in Wolnzach, die 1949 als Zeichen für den Wiederaufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg stand, hatte Bankdirektor Anton Effenberger - er war selbst 1946 aus dem tschechischen Reichenberg mit einem Vetriebenenzug nach Bayern gekommen - damals seine Baugutscheine zum Bau von Siedlungshäusern angeboten. Das Stück für zehn Pfennige. Mit diesen Häusern sollten die unmenschlichen Wohnverhältnisse im damaligen Barackenlager am Stieglberg ihr Ende finden.

Das Vorhaben gelang, ab Oktober 1950 wurde im Lug ins Land gebaut. Mittlerweile stehen dort - den Neubau ausgenommen - 20 Häuser mit 96 Wohnungen, vorwiegend errichtet in den 1950er und 1960er Jahren, alle vermietet - zum Teil schon seit vielen Jahrzehnten an die gleichen Mieter. "Die Wohnungsbaugenossenschaft hat immer geschaut, dass ihre Wohnungen gut in Schuss sind", erklärt Aufsichtsratsvorsitzender Josef Schäch. Renovieren, sanieren, umbauen, und, wenn nötig, auch neu bauen: "Die Wohnungsbaugenossenschaft war damals enorm wichtig, heute ist sie das nicht weniger."

Das neue Mehrfamilienhaus sei ein Beleg dafür. Rund 685 Quadratmeter Wohnfläche verteilen sich dort auf zehn Wohnungen, die zwischen 46 und 80 Quadratmeter groß sind. Mit dem Bau liegt man laut Dost "gut im Zeitplan", zu danken sei das allen beteiligten Firmen, die trotz Coronakrise alles möglich gemacht haben, um den Zeitplan einzuhalten. Denn die künftigen Mieter warten schon auf den Einzug in den Neubau, die neuen Wohnungen sind bereits vergeben. Ein Hinweis, der der Wohnungsbaugenossenschaft sehr wichtig ist, denn: "Wir wissen, dass der Markt angespannt ist und viele Leute auf eine Wohnung bei uns hoffen", so Marion Dost. Dementsprechend lang sei die Warteliste, nicht nur für den Neubau, sondern auf irgendeine Wohnung droben im Lug ins Land. Bewerben könne sich grundsätzlich jeder auf eine Wohnung, jedoch würde bei der Auswahl der Mieter - so denn passende Wohnungen überhaupt frei würden - nach Bedürftigkeit und Dringlichkeit entschieden. "Wir müssen uns an bestimmte Vorgaben halten", so Dost. Auch, was den Alltag in den Mietwohnungen der Wohnungsbaugenossenschaft betrifft. Manchmal, weiß sie aus Erfahrung sie, glaubten die Menschen, eine eventuell negative Entscheidung oder eine bestimmte Vorgabe richte sich gegen sie persönlich. Jedoch: "Ich kann verstehen, dass jemand enttäuscht ist, wenn er eine Absage bekommt", sagt sie. Bei der Flut an Bewerbungen aber könnte nun mal nicht jeder berücksichtigt werden, es werde klar nach Bedürftigkeit entschieden.

Überhaupt. "Die Zeiten, in denen wir den Quadratmeter für fünf Euro vermieten konnten, sind vorbei", erklärt Josef Schäch. Dennoch versuche man seitens der Wohnungsbaugenossenschaft eine faire Kalkulation - gegenüber den Mietern und gegenüber der Genossenschaft selbst, also "Fairness für beide Seiten". Die Wohnungsbaugenossenschaft sei ein echtes Erfolgsmodell. Dass das auch im Landkreis gesehen wird - das habe man bei der Grundsteinlegung zum Neubau klar erfahren dürfen - freue ihn sehr: für die, die heute für die Wohnungsbaugenossenschaft stehen und für jene, die sie vor 71 Jahren ins Leben gerufen haben.

WZ