Wolnzach
Gegen Flächenfraß, für Feldkontrolle

Bei der Grünen-Diskussion zur Landwirtschaftspolitik fordert Kerstin Schnapp die Agrarwende

25.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:35 Uhr

Nur eine Handvoll Bürger sind zur Grünen-Wahlkampfveranstaltung "Landwirtschaftspolitik, die Mensch und Umwelt schützt" gekommen. Bundestagskandidatin Kerstin Schnapp (3. von links) und Landtagsabgeordneter Christian Magerl (2. von links) wetterten trotzdem gegen die Regierung. - Foto: Brenner

Wolnzach (WZ) Die Regierung macht bei der Landwirtschaftspolitik alles falsch und Deutschland braucht die Agrarwende - so das Ergebnis eines Grünen-Wahlkampftermins mit Kerstin Schnapp und Christian Magerl. Die angekündigte Diskussion mit Bürgern kam kaum zustande, dafür war man sich meist zu einig.

Eine Handvoll Interessierter wollte im Gasthof Zur Post mit der Grünen-Bundestagskandidatin Kerstin Schnapp und dem Landtagsmitglied sowie Umweltausschussvorsitzendem Christian Magerl unter dem urgrünen Motto "Landwirtschaftspolitik, die Mensch und Umwelt schützt" diskutieren. "Bei dem Thema bin ich überrascht, dass die Zahl der Gäste so überschaubar ist", kommentierte der Vorsitzende des Wolnzacher Ortsvereins, Tomas Kupka. Schnapp nahm es pragmatisch, schließlich ist ja Wahlkampf, da nimmt man, was man hat.

Die beiden Politiker strengten sich in der rund zweistündigen Veranstaltung dann auch an, möglichst viele Umwelt-Themen zu streifen, angefangen bei bedrohten Tierarten und Wildwiesen, über Nitrat im Grundwasser, der Diesel-Affäre bis hin zur Massentierhaltung. Bei Letzterem ist Schnapp natürlich dagegen, und "ich kenne auch niemanden, der dafür ist". 144 600 Hühner in Eschelbach zu mästen, "da kenne ich niemand, der sagt, ich finde das toll". Ebenso verhalte es sich bei der Landwirtschaft. Da würden die konventionellen Betriebe immer größer. Immer mehr Ackerland gehörte mittlerweile immer weniger Bodenbesitzern. "Wenn ich mit Bauern spreche, finden die diese Entwicklung auch nicht gut", so Schnapp. Von ihrem Publikum bekommt sie jedenfalls keinen Widerspruch, wobei der Wolnzacher Sebastian Schönauer zu späterer Stunde korrekt bemerkt, dass "hier auch kein Bauer mit am Tisch sitzt".

Einen Schuldigen präsentiert Schnapp ebenfalls: die EU mit ihren Agrarsubventionen. "Wir stellen zu wenig Bedingungen für die Förderungen." 400 Milliarden Euro gingen pro Jahr von der EU an die Landwirtschaft, da müsse man doch besser darauf achten, das Geld mehr an die ökologischen Betriebe statt an die konventionellen zu verteilen. Und überhaupt, wieso subventioniere die EU indirekt den Luftverkehr, dieses "dämlichste Fortbewegungsmittel, das es gibt", mit steuerfreiem Kerosin?

Aber auch den konventionellen Pkw-Verkehr mit seinen Abgasen will Schnapp bekämpfen. Allerdings sei ihr hier eines wichtig: "Wir wollen nicht die Diesel-Fahrzeuge verbieten." Die Grünen wollten nur generell die Neuzulassung aller Autos mit Diesel- und Benzinermotor ab 2030 verbieten. Wie bis dahin die nötige Infrastruktur für Alternativen entstehen soll, fragt an dieser Stelle niemand. Doch Zuhörer Schönauer will wissen, ob man nicht auch über den Schiffsverkehr reden solle, der ja bekanntlich als das schmutzigste Gewerbe schlechthin gilt. Der sei natürlich auch schlimm, so Magerl.

Ihm liegt auch die Europäische Wasserrahmenrichtlinie am Herzen, die von den Mitgliedern der EU fordert, die Gewässer in einen guten Zustand zu bringen. Dabei geht es beispielsweise um die Nitratwerte im Wasser. "Ich kenne kein Land, dass sie bisher umgesetzt hat", so Magerl. Deutschland sei ebenfalls weit davon entfernt. "Die CSU setzt generell noch zu sehr auf Freiwilligkeit", so Magerl. Es sei an der Zeit, zum Beispiel die Umsetzung der Düngeverordnung auf den Feldern zu kontrollieren - dafür solle das Personal bei der Unteren Naturschutzbehörde aufgestockt werden. "Es ist ja beispielsweise leicht zu erkennen, ob ein Landwirt sich an die Vorschriften hält oder ob die Gülle seitlich rausspritzt", so Magerl. Schlecht sehe es auch beim Europäischen Biotopverbund Natura 2000 aus, mit dem die Mitgliedsstaaten ihr Naturerbe sichern wollen. Rechtsgrundlage dafür ist unter anderem die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, zu der auch ein Gebiet im Landkreis Pfaffenhofen bei Manching entlanglaufe, so Magerl. In Bayern verschwinde jedoch immer mehr schützenswertes Gebiet. Etwa das Pfeifergras, auf dessen mageren Wiesen unter anderem viele wichtige Insekten lebten, sei von 34 Hektar in den 90ern auf aktuell 0,5 Hektar geschrumpft. "Da kann man nur mit dem Kopf schütteln", sagt Magerl, was sein Publikum dann auch tut. "Ich bin an der Paar aufgewachsen und habe miterlebt, wie dort immer mehr Wildwiesen zugebaut wurden", so eine Grünen-Wählerin.

Was Magerl zu seinem nächsten Thema bringt: dem Flächenverbrauch im Freistaat. Seit 1980 sei der nämlich kontinuierlich gestiegen. Wenn neues Gewerbe entstehe, dann würde zwar oft auf Ackerland gebaut, doch dann steige der Druck auf die schützenswerten Wild- und Magerwiesen. Gerade die Region tue gut daran, sich genau zu überlegen, in welchem Umfang der Zuzug sinnvoll sei, so Schnapp. "Müssen wir hier wirklich den Wachstumshunger von München und Ingolstadt auffangen"