Wo der "Scheißberg" steht

06.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:36 Uhr

Beim Flurnamen-Rundgang von Winden kommend kehren wir wieder in den Scheyerer Forst und zur Waldabteilung "Kohlstatt" zurück.

Wenn wir von ihr südwärts in den Wald hinein wandern, gelangen wir in die hintere und vordere "Schwarze Lach", wie das nördliche Zentrum des Waldes genannt wird. Die Farbe "schwarz" lässt an moorigen Grund denken, der dunkel schimmert. "Schwarzbrunn" nannte man eine Waldabteilung im Eschelbacher Forst: Man denkt an eine Quelle, die aus schwarzer Erde sprudelt. Unter "Lache" versteht man ein stehendes kleineres Gewässer oder einen Einschnitt, der eine Grenze markiert. Der Flurname "kleine Laich" - so nennt man ein Feld westlich von Langwaid - geht wohl auch auf "Lache" zurück. Man könnte da aber auch an das "Laichen" von Tieren oder an eine Abwandlung von "Loh" (lichter Wald, Gebüsch) denken. Südlich von Hudlhub, dort, wo der Schnatterbach entspringt, trägt ein Flurstück den originellen Namen "Bei der Froschlache", also ein Gewässer, in dem sich viele Frösche tummeln.

Zurück im Scheyerer Forst: Östlich der "Schwarzen Lache" im Scheyerer Wald erhebt sich der "Schnepfenberg". Ein Hinweis auf die vielen Schnepfen, die sich dort gerne aufhielten. Im Osten liegt Fernhag. An der höchsten Stelle des Schnepfenbergs steht ein Kreuz, das ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen durch den Wald ist. An föhnigen Tagen sieht man die Gipfel der Alpen.

Wenden wir uns von der "Schwarzen Lache" im Wald südwärts, gelangen wir zu einem Berg , dessen Name so gar nichts poetisches in sich trägt: "Scheißberg" wird er genannt. Man dankt da sofort an tierische oder menschliche Hinterlassenschaften. Ganz so einfach ist es aber nicht. Bei Haspelmoor im Biermoos finden wir ein "Scheißeck". Der bekannte Fürstenfeldbrucker Kreisheimatpfleger Toni Drexler führt den Namen auf "Scheideck" zurück, das eine Grenzscheide bezeichnet habe. Später sei aus dem "Scheideck" ein "Scheißeck" geworden. Vielleicht verhielt es sich bei unserem "Scheißberg" ähnlich. Aus dem Namen für eine Grenzmarkierung - der Berg trennt die "Schwarze Lache" vom Heuweg - wurde, weil man ihn falsch verstand, aus dem "Scheidberg" ein "Scheißberg".

Dialektforscher Johann Andreas Schmeller bezeichnete "beschissene" Felder als "mit Schlamm überzogene Felder". Nun könnte es doch auch sein, dass der "Scheißberg" im Scheyerer Forst sehr beschmutzt war - nicht zuletzt durch gewisse Ausscheidungen.

Der obere und der untere Heuweg erinnern wohl an den Transport von Heu zwischen Oberdummeltshausen und Ziegelnöbach, der die Träger quer durch den Wald führte. Am Westrand des Scheyerer Forstes entspringt das "Herrnbächl". Es fließt ostwärts. Der Name ändert sich, wenn er den Wald wenige hundert Meter vor Ziegelnöbach verlässt: Mann nennt ihn nun "Nöbach", also den Bach eines gewissen Nanno oder, weniger wahrscheinlich, einer "Nanna", so Friedrich Hilble.

Südlich des Baches gelangen wir in die Waldabteilungen "Schloßberg", "Weißweiher", "Grubholz" und "Kesselbogen". Westlich von ihm erhebt sich bis zum Forstende der "Schlossberg". Der Name "Schlossberg" ist rätselhaft. Nirgendwo finden wir im Scheyerer Wald Spuren eines Schlosses. In keiner Schrift wird ein herrschaftlicher Sitz erwähnt. Wir wissen, dass das Scheyerer Kloster einst eine stolze, das Land beherrschende Burg war. Aber stand im Süden des Herrnbächl auch ein Schloss. Flurnamen mit dem Bestimmungsort "Schloss" weisen fast immer auf einen ehemaligen Herrensitz hin. Vielleicht gehörte das Gelände, das man Schlossberg nennt, vor der Klostergründung der Burg der Wittelsbacher. Vielleicht erhob sich hier eine Wallanlage aus dem frühen Mittelalter. Den Flurnamen "Schlossgarten" östlich von Gerolsbach führt man auf so eine Anlage zurück. Spuren sind da noch zu erkennen. Am Fuße des Schlossbergs im Scheyerer Forst führt, erst nach Osten, dann steil nach Norden, ein Weg zur Keltenschanze. Es ist nicht auszuschließen, dass die Schanze später irrtümlich als letzter Zeuge eines versunkenen Schlosses gesehen wurde und dem "Schlossberg" so seinen Namen gab. Einfacher lässt sich die Flurbezeichnung "Weißweiher" erklären: ein Weiher der hell, fast weiß, glänzt. Heute noch breiten sich, nahe am östlichen Waldrand, zwei kleine Weiher aus.

Die Namen "Grubholz" und "Kesselbogen" versuchen, die Form der Flur zu beschreiben. Das "Grubholz" - der Name ist ein Hinweis auf eine Bodensenkung - verweist auf den nahen Grubhof, der schon so viel Unglück gesehen hat. Beim "Kesselbogen" denkt man an eine bogenförmige Vertiefung, die einem Kessel gleicht.

Der Sommerberg lässt zwei Deutungen zu: Mit dem Bestimmungswort "Sommer" werden oft Flurstücke in guter, sonniger Lage bedacht. Nun liegen aber die Einöden "Sommersberg" und "Kleinsommersberg" ganz nahe. Cornelia Baumann-Oelwein führt die Namen im Ortsnamensbuch für den Altlandkreis Schrobenhausen auf den Adeligen "Sumar" zurück. Auch Friedrich Hilble schließt beim "Sumerhof", der in Niedergeroldshausen aufgegangen ist, auf den "Hof eines Sumar". Man kann diesem Erklärungsversuch folgen.

Schon jenseits der Straße von Kemmoden nach Schachach erstreckt sich, schmal und verwinkelt, das "Schachachholz". "Schachach" kommt vom althochdeutschen "scahho"(mittelhochdeutsch "schache") und bezeichnet ein einzelnes Waldstück inmitten eines Feldes. Ob auch das "Schacherfeld" zwischen Kemmoden und Kalten-berg darauf zurückzuführen ist, bleibt ungewiss. Hier könnte auch das mittelhochdeutsche "schâchari", das heißt Räuber, zu Grunde liegen.

Der Mantelberg trennt den Wald von Lichthausen. Besonders in der Gegend um Ilm und Abens wurden Föhren früher "Manteln" genannt. Der Purrbach (manchmal auch Purrabach oder im Dialekt Barrabach genannt) entspringt zwischen den Einöden Graham, Hickern und Hörzell, mündet bei Lampertshausen in die Ilm und fließt zwischen dem Mantelberg und dem Krohwinkelholz. Der Name dieses langen, aber wenig breiten Waldes erinnert an eine verborgene Stelle, die Krähen zum beliebten Aufenthalt wählten.

Zur Person: Reinhard Haiplik (64) ist Verfasser zahlreicher heimatkundlicher Schriften und Bücher, im PK hat er Serien über "Geheimnisvolle Plätze in unserer Heimat" und "Ungewöhnliche Ortsnamen" veröffentlicht. .