Hohenwart
Windkraft weiterdenken

Zwischen Hohenwart und Pfaffenhofen könnten neue Anlagen entstehen - Wasserstoffproduktion als Ziel

30.10.2020 | Stand 23.09.2023, 15:08 Uhr
Die Windräder bei Strobenried könnten am Rande des Paartals bald Gesellschaft bekommen: Zwischen Weichenried und Ehrenberg sind mindestens drei weitere Anlagen angedacht. Im Hohenwarter Marktgemeinderat soll demnächst ein mögliches Nutzungskonzept vorgestellt werden, in dem es auch um die Herstellung von Wasserstoff geht. −Foto: M. Schalk

Hohenwart - Das könnte ein Leuchtturmprojekt für ganz Bayern werden: Zwischen Hohenwart und Pfaffenhofen sollen mehrere Windräder gebaut werden - bis zu sechs Anlagen sind im Gespräch.

Während drei Standorte auf Pfaffenhofener Flur noch nicht spruchreif sind, wird für drei Anlagen im Gemeindegebiet Hohenwart bereits an Konzepten gefeilt. Der dortige Bürgermeister Jürgen Haindl (FW) will das Projekt dazu nutzen, umweltfreundliche Energieerzeugung mit regionaler Wertschöpfung zu verbinden. Das Stichwort lautet: Wasserstoff.

"Am liebsten wäre mir, wenn es so etwas geben würde wie Paartalstrom", schwärmt Haindl, der da an seine Bürger denkt. Denn auch wenn nur drei Windräder auf dem Gebiet der Marktgemeinde stehen, wäre auch auf Pfaffenhofener Flur eine ähnliche Zahl an Windkraftanlagen möglich. Und diese seien vor allem aus dem Paartal gut zu sehen. "Wir kriegen da gefühlt sechs Windräder auf Hohenwarter Flur", meint Haindl, "Da will ich, dass jeder Bürger in Hohenwart in irgendeiner Art davon profitiert. " Zum Beispiel, indem er seinen - regional erzeugten - Strom um ein paar Cent billiger bekommt.

Und das ist noch lange nicht alles, was Haindl vorschwebt. "Wir dürfen nicht nur Windradl bauen", betont er: "Das ist kurzsichtig. Wir brauchen ein Speichermedium. " Und da kommt für ihn nur Wasserstoff infrage. Nun ist Haindl kein Fachmann auf diesem Gebiet, vielleicht, räumt er ein, habe er da ja auch eine "etwas naive Weltsicht". Aber warum, fragt er, soll es nicht möglich sein, diese Windräder primär für die Erzeugung eines umweltfreundlichen Treibstoffs zu verwenden, wie das bereits in Norddeutschland hervorragend funktioniere? Und natürlich würde sich die Wasserstoffherstellung auch dann anbieten, wenn die Windräder mehr Strom erzeugen, als gerade gebraucht wird - Rotoren, die trotz Wind stillstehen, weil ein Überangebot an Strom da ist, sind ja immer wieder ein Kritikpunkt von Windkraftgegnern.

Haindl würde diesen Kritikpunkt mit einem umfangreichen Konzept entkräften, das, wie er erzählt, so ähnlich bereits in einer Kommune in Norddeutschland umgesetzt werde: Der Strom wird, wenn er nicht direkt ins Netz fließt, zur Herstellung von Wasserstoff verwendet, die dabei entstehende Hitze in ein Fernwärmenetz eingeleitet. Mit dem Wasserstoff könnte dann zum Beispiel der gemeindliche Fuhrpark aus Wasserstofffahrzeugen oder auch der ÖPNV betrieben werden. In einer öffentlichen Sitzung des Hohenwarter Marktgemeinderats - als Termin war bisher der 23. November im Gespräch - will Haindl das Konzept von Fachleuten, mit denen er Kontakt aufgenommen hat, präsentieren lassen. Grundsätzlich habe er seinen Ratsmitglieder schon mal die Idee vorgestellt, sagt Haindl, "da war das Interesse im Gemeinderat sehr groß".

Seinen Anfang nahm das Projekt, wie Haindl erzählt, bereits wenige Tage, nachdem er im Mai sein Amt angetreten hatte. Ein Privatmann sei zu ihm gekommen, um ihm zu sagen, dass er auf Hohenwarter Gemeindegebiet drei Windkraftanlagen bauen wolle. Fast zeitgleich erfuhr Haindl, dass es auch auf Pfaffenhofener Stadtgebiet erste Überlegungen für eine mögliche Windkraftnutzung an bis zu drei Standorten in direkter Nachbarschaft gibt. Dazu liegen bislang zwar weder konkrete Absichtsbekundungen noch Planungen vor. Im Rahmen der Flurneuordnung Ehrenberg sollen aber geeignete Gemeinschaftsflächen entstehen (siehe Kasten). Alle möglichen Standorte beiderseits der Gemeindegrenze liegen in einem Areal zwischen Hardt (Markt Hohenwart), Ehrenberg (Stadt Pfaffenhofen) und Raitbach (Gemeinde Pörnbach), das im sachlichen Teilflächennutzungsplan des Landkreises Pfaffenhofen (an dessen Aufstellung damals auch Haindls Amtsvorgänger Manfred Russer, CSU, maßgeblich beteiligt war) als für die Windkraftnutzung geeignet verzeichnet ist.

"Auf Hohenwarter Seite sind die Standorte schon gesichert", weiß Haindl von dem Privatmann, "das ist wohl alles schon ausgemacht. " Ob die Windräder gebaut werden können, habe über das Instrument der Bauleitplanung aber immer noch der Marktgemeinderat in der Hand, betont Haindl, der die Zustimmung nicht nur von der Kopplung mit der Wasserstofferzeugung abhängig machen möchte, sondern auch von einer angemessenen Bürgerbeteiligung. Ein denkbares Modell für Haindl wäre, dass maximal eines der drei neuen Hohenwarter Windräder in privater Hand bleibt, eines von der Bürgerenergiegenossenschaft Pfaffenhofen (BEG) vermarktet wird und eines dem Markt Hohenwart gehört. Beim Hohenwarter Gemeindeteil Englmannsberg stehen ja bereits vier Windkraftanlagen, davon eines auf Pfaffenhofener Stadtgebiet. Sie sind allesamt in privater Hand, gehören der Familie Toerring. Die sei am neuen Projekt nicht beteiligt, sagt Haindl auf Nachfrage unserer Zeitung.

Das Projekt, stellt der Hohenwarter Bürgermeister klar, steht erst ganz am Anfang, steckt noch in den Kinderschuhen. Was zunächst geklärt werden müsse, seien das Betreibermodell samt Bürgerbeteiligung und die Finanzierung. Wobei sich Haindl hier mit der Aussage, Wasserstoff könne aus Windenergie nicht rentabel produziert werden, weil die Erzeugung durch die EEG-Umlage und die Versteuerung des Stroms verteuert werde, nicht abspeisen lassen will: "Es kann doch nicht sein, dass man eine technisch umsetzbare, nachhaltige Möglichkeit hat, umweltfreundlichen Strom und Treibstoff zu erzeugen, und dann scheitert's am politischen Willen! " Jürgen Haindl ist bereits mit Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert (FW) in Kontakt, und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) will er beim Wort nehmen - der hatte nämlich angekündigt, dass in Bayern in den nächsten drei Jahren 100 neue Wasserstofftankstellen gebaut werden sollen. Die regionale Strom- und Treibstofferzeugung berge ein riesiges Potenzial, betont Haindl: "Das ist die Zukunft. "

PK

Bernd Hofmann