Rohrbach
Wenn die Beine keine Ruhe geben

Christa Thalmeir leidet am Restless-Legs-Syndrom - und bietet anderen Betroffenen ihre Hilfe an

06.04.2022 | Stand 10.04.2022, 3:34 Uhr
Vor allem beim Schlafen sind "rastlose Beine" ein Problem: Patienten mit dem Restless-Legs-Syndrom berichten von Kribbeln, Brennen, Krämpfen und anderen Beschwerden. −Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

Fürholzen - Seit über zehn Jahren leitet die Fürholzenerin Christa Thalmeir die Restless-Legs-Selbsthilfegruppe Pfaffenhofen und Ingolstadt.

Sie leidet selbst unter der Krankheit und das schon seit ihrer Kindheit. "Ich habe Fußreißen", sagte sie damals immer. Viermal im Jahr trifft sich die Gruppe zum Austausch, man merkt dabei, es gibt viel Unsicherheit um die Krankheit, doch viele Fragen kann Christa Thalmeir beantworten. In Coronazeiten konnte die Beratung nicht immer durchgeführt werden, sodass beim letzten Treffen ein enormer Ansturm von neuen Interessenten kam, aus Freising und Schrobenhausen kamen viele Betroffene. "Ich hätte den Ansturm allein gar nicht geschafft, aber zusammen mit meiner zweiten Ansprechpartnerin Sabine Freundshuber und meinem Partner Maximilian Schoberer hatte ich eine große Hilfe an meiner Seite. "

Frau Thalmeir, wie macht sich das Restless-Legs-Syndrom (RLS) bemerkbar?
Thalmeir: Ein Reißen, Kribbeln, Ameisenlaufen, wenn diese Symptome auftreten, dann weiß man, es ist vermutlich das Restless-Legs-Syndrom. Es fängt fast immer abends an, wenn man zur Ruhe kommt, und die meisten Erkrankten haben es in den Beinen, doch es kann auch in den Armen und im Gesicht auftreten. Viele leiden zudem unter extremen Schlafstörungen, oft auch an Schlafapnoe.

Was kann man tun?

Thalmeir: Sich im Schlaflabor behandeln lassen oder man setzt ein Restless-Legs-Medikament ein, das langsam gesteigert wird. Wenn es wirkt, kann man davon ausgehen, dass man diese Krankheit hat, und dann muss ein Neurologe das richtige Medikament finden, da es mittlerweile sehr viele Wirkstoffe gibt.

Ist die Krankheit heilbar?
Thalmeir: Bis jetzt noch nicht, denn man weiß immer noch nicht, woher die "rastlosen Beine" kommen. Die Forschung ist dran und weiß inzwischen, dass einige Chromosomen gegenüber einem gesunden Menschen verändert sind.
Ist die Krankheit erblich?
Thalmeir: Ja, sie ist bereits im Erbgut von Embryonen vorhanden, aber sie muss nicht ausbrechen. Oft kommen in der Schwangerschaft die ersten Symptome, die oft nach der Geburt wieder verschwinden, sie können aber auch bleiben. Auch bei einer Chemotherapie kann es als Nebenwirkung auftreten, äußere Umwelteinflüsse können eventuell auch Einfluss haben. Bei kleinen Kindern wird oft irrtümlich ADHS diagnostiziert, hier muss man aufpassen, es könnte auch RLS sein.

Wo findet man Hilfe?

Thalmeir: Als Mitglied in der RLS-Vereinigung München. Der Jahresbeitrag beträgt 50 Euro. Entsprechende Informationen gibt es unter www. restless-legs. org, Anfragen sind per E-Mail an info@restless-legs. org möglich. Man findet auf der Homepage Informationen, mit denen oft selbst Fragen beantwortet werden können, wenn nicht, erhält man von der Vereinigung kompetente Hilfe.
Es gibt dort auch einmal pro Woche eine Hotline mit medizinischer Beratung.

Was findet man in der Selbsthilfegruppe?
Thalmeir: Man kann sich dort untereinander austauschen, was für die Erkrankten sehr wichtig ist. Fragen beantworten wir unter der Telefonnummer (08446) 1067.

Was gibt es für alternative Behandlungsmöglichkeiten bei RLS?
Thalmeir: Früher hat man Parkinson-Medikamente verordnet, jetzt gibt es Medikamente gegen RLS, aber die Nebenwirkungen sind nicht immer angenehm. Wechselduschen, viel Bewegung, Eisenpräparate werden empfohlen, weiter gibt es Akupunktur speziell für RLS, die Wirkung ist aber noch nicht medizinisch bestätigt. Jeder muss selbst testen, was für ihn geeignet ist. Mittlerweile weiß man auch, dass RLS Bluthochdruck fördert und RLS-Patienten auch oft an Schlafapnoe leiden. Entsprechende Blutwerte sollte man zweimal im Jahr untersuchen lassen. Wichtig ist die Arztwahl, am besten geht man zum Neurologen, die sind mit der Materie meistens besser vertraut.
Wie soll man mit der Krankheit umgehen? Wie ist der Stellenwert in der Gesellschaft?
Thalmeir: Wichtig ist, sich unbedingt zu outen, manche Kranke lassen sich auch aus Angst um ihr Ansehen bei Partner, Familie und Freunden nicht behandeln. Schlimm wird es in der Regel abends, wenn man zur Ruhe kommt, da kann es schon vorkommen, dass man im Kino oder in einer geselligen Runde einschläft. Man sollte sich intensiv beschäftigen, mit allem was man gerne macht, vielleicht tanzen oder Karten spielen, denn da wird das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet und das Problem RLS ist wenigstens momentan weg.

PK

Das Gespräch führte Anna Ermert.