Wolnzach
Vorbestraft nach Angriff auf Polizeibeamte

Brüderpaar stand jetzt wegen Gerangel nach der Volksfestbierprobe vergangenen Jahres vor Gericht

13.06.2019 | Stand 25.10.2023, 10:33 Uhr
Wegen eines Angriffs auf Polizeibeamte musste sich jetzt ein Brüderpaar verantworten. −Foto: dpa/Oliver Berg

Wolnzach (WZ) Das Gesetz kennt kein Pardon: Vor einem Jahr hat der Bundestag eine Verschärfung des Strafrechts-Paragrafen 113, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, beschlossen. Die bekam jetzt ein Brüderpaar zu spüren, das vor einer Wolnzacher Gaststätte in der Nacht auf den ersten Volksfestsamstag vergangenen Jahres zwei Polizisten attackiert hatte. Das Amtsgericht Pfaffenhofen verurteilte die Brüder jetzt zu sieben Monaten Haft auf Bewährung beziehungsweise einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu jeweils 30 Euro. Damit gelten beide als vorbestraft.

Auch die Definition des "Tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte" hat der Gesetzgeber neugefasst. Danach muss es nicht erst zu einer Verletzung kommen, es reicht eine "unmittelbar auf den Körper zielende gewaltsame Einwirkung". Insofern lief das Plädoyer der Verteidiger auf Freispruch ins Leere, ihre Mandanten hätten die Polizisten nur versehentlich berührt, zumal sie ja auch nicht ernsthaft verletzt worden seien.

Aber der Reihe nach. Felix N., 24, und sein Bruder Dennis, 23, (alle Namen geändert) hatten das Wolnzacher Volksfest besucht und waren danach in eine nahe gelegene Gaststätte gewechselt. Dort kam es weit nach Mitternacht zu einer Auseinandersetzung zwischen einem Asylbewerber und einem Wolnzacher, der aus mehreren Wunden blutete. Als die Polizei eintraf, war die Auseinandersetzung schon vorbei und die Beamten wollten die Personalien der Beteiligten aufnehmen. Da drängte sich Felix N. vor, um seine Sicht des Vorfalls zu Protokoll zu geben: Die Verletzungen habe sich der Wolnzacher selbst zugefügt.

"Sie wollten wohl die Arbeit der Polizei erledigen?", warf Amtsgerichtsdirektor Konrad Kliegl ein. Denn die sei es ja, die ermittelt. Das sah einer der Polizisten, der als Zeuge vorgeladen war, genauso: "Das ist mir bis heute ein Rätsel, warum er sich eingemischt hat." Es sei ein Fehler gewesen, räumte auch Felix N. danach ein: "Ich habe daraus gelernt." Zumal die Situation vor der Kneipe danach eskaliert sei: Ein "baumlanger Kerl" habe sich vor ihm aufgebaut, weil er vermutete, dass Felix N. zugunsten des Asylbewerbers aussagen wollte. "Was willst du aussagen, du Hurensohn?", habe er gerufen. Es sei zu einem Gerangel gekommen und dabei habe der Polizist den 24-Jährigen mit dem Ellbogen angerempelt; dessen Brille sei auf den Boden gefallen und ein Bügel abgebrochen. Felix N., wie sein Bruder mit gut 1,3 Promille deutlich alkoholisiert, habe den Beamten aufgefordert, ihm seine Personalien und die Dienstnummer zu geben. Begründung: "Weil ich die Brille ersetzt bekommen wollte." Ganz so friedlich werde er das wohl nicht gesagt haben, "ich wurde schon laut", räumte er vor Gericht ein. Der Polizeibeamte jedenfalls sah sich bedroht, hielt Felix N. fest. Der wehrte sich, trat und schlug um sich. Der zweite Beamte kam seinem Kollegen zu Hilfe. Das sah Felix' Bruder Dennis N.. "Das können Sie doch nicht machen, meinen Bruder festnehmen", habe er gesagt und dann den zweiten Polizisten geschubst. Dieser jedoch erlebte das ganz anders: Dennis N. sei von hinten mit erhobener Faust herangesprungen und habe ihm einen Hieb ins Gesicht versetzt, während Felix N. um sich schlug und auf die Polizisten eintrat, denen es schließlich gelang, ihn zu fixieren.

Inzwischen hatte sich die Lage vor der Gaststätte zugespitzt: 50, 60 Gäste verfolgten das Schauspiel, ein halbes Dutzend hatte die beiden Polizisten umringt und mischte mit. "Extrem feindselig", sagte einer der beiden Polizisten aus, sei die Gruppe gewesen. "Eine solche Aggressivität habe ich in meiner ganzen Laufbahn noch nicht erlebt." Er forderte Verstärkung an, drei weitere Streifenwagen trafen kurz darauf in Wolnzach ein. Der Auflauf zerstreute sich erst, als die Polizisten drohten, Pfefferspray einzusetzen. Drei Tage hat ein Arzt die Polizisten danach krankgeschrieben: blaue Flecken, Schürfwunden, Blessur der Halswirbelsäule.

Die Staatsanwältin forderte eine Haftstrafe von zehn Monaten zur Bewährung für jeden der Angeklagten, die Verteidigung sprach von einer "unglaublichen Reihe von Missverständnissen" und plädierte auf Freispruch.

Der Richter sieht bei Felix N. einen "minderschweren Fall" und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 30 Euro; zahlt er nicht, drohen vier Monate Haft. Bei Dennis N. handle es sich "um eine ganz andere Qualität". Er sei auf die Polizisten losgegangen. Zu den sieben Monaten Haft auf Bewährung drückte ihm der Richter noch 100 Stunden gemeinnützige Arbeit auf, abzuleisten im nächsten halben Jahr.

Albert Herchenbach