Pfaffenhofen
Weniger Plastik, mehr fürs Tierwohl

Pfaffenhofens Volksfest soll nachhaltiger werden - nur der Weg dorthin ist noch nicht ganz klar

17.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:06 Uhr
Bayerisch ist das Pfaffenhofener Volksfest definitiv - jetzt soll es in absehbarer Zeit auch so nachhaltig werden wie nur irgendwie möglich. −Foto: Ermert

Pfaffenhofen (PK) Die Stadt hat sich auf die Fahne geschrieben, in allen Bereichen an der Nachhaltigkeit zu arbeiten - und das macht auch vor dem Pfaffenhofener Volksfest nicht halt. Auf den ersten Blick hat sich das bislang nur auf die Ökogerichte in den Festzelten niedergeschlagen. Schon bald soll sich der Nachhaltigkeitsgedanke als roter Faden durch die ganze Wiesn ziehen.

Eine ganze Reihe von Absichten und Zielvorstellungen hat die Stadt den Festwirten und Fieranten schon vor dem diesjährigen Volksfest mit auf den Weg gegeben. Mehrere Seiten sind die angedachten Vorgaben lang, die in diesem Jahr "einfach mal getestet werden sollen", wie Hans-Dieter Kappelmeier erklärt. Der Hauptamtsleiter der Stadtverwaltung bezieht sich dabei ganz grundsätzlich auf die verabschiedete Nachhaltigkeitserklärung. "Wir müssen diese Punkte bei jeder Veranstaltung einhalten - und das Volksfest ist nun einmal die größte städtische Veranstaltung überhaupt", sagt Kappelmeier. Jeder Wirt und jeder Schausteller habe daher eine Checkliste mit auf den Weg bekommen. "Im Grunde beantwortet diese die Frage: Wie nachhaltig bin ich?", so Kappelmeier.

In der laufenden Testphase wird vor allem einmal ausprobiert. Holzmesser statt Plastikgabeln, Papierschalen anstelle von Kunststoffgeschirr, Trinkhalme aus Papier und nur ja keine Aludosen mehr. "Es geht darum, was machbar ist und was nicht", erläutert Kappelmeier. Die regionale Herkunft von Waren, die Umstellung auf LED-Lampen oder der Einsatz von Ökostrom seien einfacher zu bewerkstelligen als der Verzicht auf beschichtetes Papier am Käsestand. "Manches wird nicht möglich sein. Aber wir möchten zumindest guten Willen sehen", so Kappelmeier weiter. Das Vermeiden von unnötigem Müll und die Umstellung auf Öko und Regionales bei den Lebensmitteln könne nicht komplett vorgeschrieben, aber zumindest vorangetrieben werden.

Eine hundertprozentige Biowiesn hat die Stadt übrigens nach eigener Aussage nicht im Visier. "Das ist ein bayerisches Volksfest und nicht das Tollwood", räumt Kappelmeier ein. Die gesamte Umstellung habe mit Maß und Ziel zu erfolgen. "Wir wollen die Leute sensibilisieren. Und dann einen Weg erarbeiten, den wir zusammen mit den Wirten und Schaustellern beschreiten können."

Auch Volksfestreferent Richard Fischer (ÖDP) setzt weniger auf den ganz großen Zwang als vielmehr auf ein gedeihliches Miteinander. "Das Festsetzen der Kriterien wird nicht ganz einfach", räumt auch er ein. Für ihn stehe der weitgehende Verzicht auf Plastik, die Umstellung der Lampen auf LED und das Tierwohl im Mittelpunkt der Überlegungen. "Es muss nicht alles Öko sein. Aber aus der Region sollten die Tiere schon kommen - und gut gehalten worden sein." Als fix vereinbart sieht auch Fischer die bisher ausgegebenen Vorgaben nicht an. "Da werden wir nach dem Volksfest in aller Ruhe drüber reden müssen - und schauen, was für die Beteiligten gleich oder zumindest bald umsetzbar ist - oder wo wir die Erwartungen vielleicht auch etwas nach unten revidieren müssen."

Als Vorreiterin sieht sich Partyhüttenbetreiberin Julia Spitzenberger. Als SPD-Stadträtin steht sie voll hinter der Nachhaltigkeitserklärung und sagt: "Ich habe die Vereinbarung zur Förderung von Lebensmitteln aus artgerechter Tierhaltung unterschrieben. Da will ich mit gutem Beispiel vorangehen und ein Zeichen setzen. Daher bezieht sie ihr Schweinefleisch auch vom Doima-Hof (Thalhof). "Viel mehr Platz, Ringelschwänzchen, Stroh und genfreies einheimisches Futter. Das sind die vier Säulen, auf denen unser Projekt steht", sagt Barbara Weichselbaumer vom Doima-Hof. Die Qualitätsverbesserung soll sich auf den Preis in der Partyhütte nicht unverhältnismäßig auswirken. Spitzenbergers Würstl kostet 9,30 Euro und ist damit nur geringfügig teurer als herkömmliche Volksfestkost. Sie hat ihr gesamtes Angebot auf regionale Anbieter umgestellt - und ist damit bei der Umsetzung der Vorgaben ähnlich weit wie die Scheyrer Mönche im Traditionszelt.

"Wir setzen auf die von uns selbst am Prielhof produzierten Waren. Und wir tun uns damit in unserem kleinen Zelt natürlich leichter, die regionalen Vorgaben zu erfüllen, als Lorenz Stiftl im großen Zelt", räumt Pater Lukas Wirth ein. Die eingeschlagene Richtung hält er für richtig. Trotzdem mahnt er davor, die Umstellung zu schnell und allzu umfassend voranzutreiben. "Bio muss auch verträglich sein", warnt Pater Lukas. "Schritt für Schritt - und nichts übers Knie brechen. Schließlich braucht es auch die Volksfestgäste, die den Aufpreis letzten Endes bezahlen müssen."

Die Grenzen der Machbarkeit lotet auch Festwirt Lorenz Stiftl aus. "Wir sind da sehr offen und auch schon weit", sagt er. Bei der Verpackung, den biologisch-abbaubaren Spülmitteln, bei Geschirr, Ökostrom oder Lampen - überall da könne mit gutem Willen umgestellt werden. "Und das tun wir auch", sagt er. Den Aufpreis von knapp fünf Euro für ein Biohendl wolle aber schon ganz und gar nicht jeder Gast bezahlen. Und an die Grenzen komme der Wirt vor allem bei der benötigten Menge. "Biohendl als Massenware - das ist noch nicht zu machen. Wir bekommen diese Stückzahlen gar nicht her. Vor allem nicht unter dem regionalen Aspekt, der Pfaffenhofen besonders wichtig ist."

Die größten Bedenken hat Fierantensprecher Siegfried Schön. "Wenn die fünf Ausschlusskriterien der Erklärung wirklich so gefordert werden, sind nächstes Jahr 50 Prozent der Fieranten nicht mehr dabei", wird er deutlich. Es könne nicht angehen, dass die Stadt den kleinen Familienunternehmen mit einer Spickerbude oder einem Süßigkeitenstand die selben Auflagen mache wie einem Großkonzern. "Wir sind bereit, an der Nachhaltigkeit mitzuwirken", sagt Schön. "Aber jetzt gelte es erstmal abzuwägen, die richtigen Schritte zu finden - und vor allem das richtige Tempo. " Ein Freund von absoluten Ausschlusskriterien sei Schön sowieso nicht. Und dass die Regeln nur für das Volksfest gelten, nicht aber für Wirte- oder Sportveranstaltungen, das sei unfair. "Da sind wir von der Stadt schon ziemlich enttäuscht", fügt Schön an.

Patrick Ermert