Pfaffenhofen
"Viele wissen gar nicht, was Pflege bedeutet"

Mitarbeiter der Caritas Pfaffenhofen über die Hintergründe des Nachwuchsmangels

29.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:26 Uhr
Kennen sich seit vielen Jahren: Die 91-jährige Maria Helfrich aus dem Landkreis Pfaffenhofen wird seit 2007 von Michaela Schwenner betreut. Zum Beispiel verabreicht sie ihr eine Injektion. −Foto: Brenner

Pfaffenhofen (PK) Überall werden Pflegekräfte gesucht, auch bei der Pfaffenhofener Caritas würde man sich mehr Nachwuchs wünschen. Der Schnitt im Team der ambulanten Pflege liegt bei 54 Jahren, sagt Pia Tscherch, Kreisgeschäftsführerin des Caritas-Zentrums. Die Pflege habe bei Jüngeren oft ein schlechtes Image. Das liege auch daran, dass die jungen Leute oft gar nicht wüssten, was Pflege wirklich bedeutet.

Sie sucht "eigentlich immer" neue Pflegekräfte, sagt Tscherch. Kein Wunder, das Telefon bei der ambulanten Pflege der Caritas Pfaffenhofen steht selten still. "Manchmal haben wir zehn Anfragen in der Woche", so Tscherch. "Da können wir nicht alles erfüllen." Die akuten Fälle nehme man allerdings immer an. Generell macht sich Tscherch Gedanken, wie sie bei einem Altersschnitt von 54 Jahren ihr Team zukunftsfähig machen kann.

Michaela Schwenne ist eine der Fachkräfte, die sich täglich um Menschen mit verschiedenen Pflegegraden kümmern. Sie glaubt, ein Teil des Problems zu kennen: "Junge Leute wissen gar nicht, was Pflege eigentlich bedeutet." Oft glaubten sie, dass es nur ums Waschen und die Grundpflege gehe, doch das sei nicht richtig. "Der Beruf ist unheimlich vielfältig." Zum Beispiel könnten junge Leute in der Notaufnahme arbeiten oder auch in der ambulanten Pflege.

Dort gefällt Schwenne vor allem, dass sie für jeden ihrer Betreuten Zeit hat - anders als in einem Pflegeheim, wo es oft stressig werde, wenn mehrere Bewohner gleichzeitig Hilfe benötigen.

Doch natürlich ist nicht alles einfach: "Man muss sich schon abgrenzen können", sagt Schwenne. "Körperliche Nähe wird manchmal falsch ausgelegt." Dazu komme, dass manchmal die Ehefrau nicht wolle, dass der Mann von einer Frau gepflegt werde oder umgekehrt. Dass Frauen nicht von einem männlichen Pfleger betreut werden wollen, komme auch vor, allerdings ist das Problem nicht so groß: Es gibt nur drei männliche Pflegekräfte bei der Pfaffenhofener Caritas.

Trotzdem, so Pflegedienstleiterin Rita Nagy, "versuchen wir, allen Wünschen nachzukommen." So manches geht den Pflegekräften dann aber doch auf die Nerven: "Manchmal schätzen die Angehörigen unsere Arbeit nicht", so Schwenne. Sie müsse sich oft anhören, dass sie zu teuer sei oder ja nochmal umsonst das Bad putzen kann. Solche Beschwerden landen dann auch bei Pflegedienstleiterin Nagy.

Überhaupt, das Thema Putzen ist ein Dauerbrenner. Denn die Caritas bietet auch Haushaltshilfen an. "Hier gibt es viel mehr Nachfrage als wir bewältigen können", so Nagy. Allerdings sagt sie auch: "Wir sind keine Putzfirma."

Letztlich überwiegen jedoch für sie die schönen Momente: "90 Prozent sagen Dankeschön", so Nagy, die selbst als Pflegekraft gearbeitet hat. "Das ist unbezahlbar." Fachkraft Schwenne gefällt auch die Sinnhaftigkeit ihre Berufes: "Ich kann gesundheitliche Gefahren schon im Vorfeld erkennen und so Krankheiten verhindern", sagt sie. Für sie ist auch das Gefühl schön, Teil einer Familie zu sein. Denn das werde man nach vielen Jahren der Betreuung ganz automatisch. "Die Angehörigen brauchen uns oft genauso, zum Reden", so Schwenne.
 

Monster verjagen und Hände halten

Pfaffenhofen (PK) Was macht den Pflegeberuf eigentlich wirklich aus? Diese Frage beantwortet die Pflegedienstleitung der Caritas-Sozialstation Pfaffenhofen, Rita Nagy, am liebsten mit einem Brief, den ihr einmal eine Pflegekraft geschrieben hat:"Viele gehen davon aus, dass wir alte Menschen waschen, anziehen und Kot entfernen. Das stimmt, aber das ist bei Weitem nicht alles. Wir kümmern uns auch um noch so kleine Bedürfnisse. Wir halten Händchen bei Angst, Trauer, Leid, Kummer oder Schmerzen. Wir helfen bei Krankheiten, Fieber oder Blessuren. Wir versorgen kleine und auch große Wunden. Wir sitzen geduldig am Bett, wenn der Tod an die Türe klopft. Wir verjagen Monster und böse Geister. Wir trocknen Tränen. Wir beruhigen. Wir sind da. " PK

Desirée Brenner