Geisenfeld
Wegen eines Vogels geht nichts weiter

Umgehungsstraße: Das behauptete Vorkommen des Wachtelkönigs sorgt für erneute Verzögerungen

19.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:51 Uhr
Der Wachtelkönig sorgt in Sachen Planfeststellung für die Umgehungsstraße Nord-West für Wirbel. −Foto: Markus Beck/dpa

Geisenfeld (GZ) Es ist sicherlich nur ein Zufall: Ausgerechnet der erklärte Umgehungsstraßen-Gegner Hans Schranner hat ihn rufen hören, den Wachtelkönig.

Jenen auf der Roten Liste stehenden Brutvogel, dessen behauptetes Vorkommen im Umfeld der geplanten Trasse die Planfeststellung für das Großprojekt weiter verzögert hat. Doch damit nicht genug: Eventuell drohen der Stadt auch bezüglich weiterer Wiesenbrüter Nachuntersuchungen - die dann nicht vor Juli 2020 abgeschlossen werden könnten.

Fast sieben Jahre - so lange läuft für die 4,1 Kilometer lange Straße bereits das Planfeststellungsverfahren. Das seitdem immer wieder ins Stocken kommt. Als Knackpunkte, die einem abschließenden Beschluss entgegenstehen, erwiesen sich zuletzt eine notwendige Umplanung im Bereich Nötting sowie Probleme bei der Anfahrbarkeit von landwirtschaftlichen Grundstücken entlang der Straßentrasse. Die in einigen Punkten geänderten Pläne mit den erforderlichen Nachbesserungen lagen im vergangenen Dezember nochmals öffentlich aus.

Doch die Hoffnungen der Stadt, damit nun wirklich alle Hürden aus dem Weg geräumt zu haben, zerschlugen sich nun im Frühjahr - wegen des Wachtelkönigs. Die genauen Hintergründe erläuterte Bauaumtsleiterin Irene Wimmer in der Stadtratssitzung am Donnerstag. Im Rahmen einer Besprechung bei der Regierung von Oberbayern seien von der Höheren und der Unteren Naturschutzbehörde zusätzliche Kartierungen bezüglich wiesenbrütender Vogelarten gefordert worden - also Untersuchungen, ob diese Vogelarten im Umfeld der Straßentrasse ansässig sind. Im Mittelpunkt: der Wachtelkönig - "weil diesen ein Ornithologe hier gesehen oder gehört haben will", so Wimmer. Man habe im Rathaus sofort reagiert und das Landschaftsarchitekturbüro Türk, das die Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren erarbeitet, damit beauftragt, den Sachverhalt zu untersuchen. In den zurückliegenden Wochen habe das Büro nun bezüglich des Wachtelkönigs nachgeforscht - "und nichts gefunden".

Bei der Besprechung in München, so die Bauamtsleiterin, seien aber noch weitere, nochmalige Revierkartierungen gefordert worden, und zwar für die Wachtel, das Rebhuhn, den Kiebitz und die Feldlerche. Weil diese Nachforschungen aber nur in engen zeitlichen Fenstern möglich seien, wäre es die Konsequenz, dass die geforderten Kartierungen nicht vor August 2020 abgeschlossen werden könnten. Was den Planfeststellungsbeschluss um ein weiteres Jahr verzögern würde.

Angesichts der Nachforschungsergebnisse beim Wachtelkönig laufe deshalb derzeit eine Anfrage der Stadt bei der Höheren und der Unteren Naturschutzbehörde, "ob wir die weiteren Revierkartierungen nicht reduzieren dürfen, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren und um Kosten zu sparen".

Bleibt es bei den Kartierungen im bisher geforderten Umfang, so kosten diese der Stadt rund 43000 Euro. Die Genehmigung dieser Kosten war der eigentliche Punkt in der Stadtratssitzung. Das Gremium stimmte mehrheitlich zu, die sechs Gegenstimmen kamen aus den Reihen der CSU, der UL und der CDG.

Einer, der dagegen votierte, war Hans Schranner. Seine Begründung: Die Kartierung sei "nur der Versuch, es wegzuleugnen, dass der Wachtelkönig wirklich da ist", sagte der als vehementer Gegner der Umgehungsstraße bekannte CSU-Stadtrat. "Ich selber habe seinen sehr markanten Ruf gehört", beteuerte Schranner und sorgte damit bei einem Großteil des Gremiums für Heiterkeit. Und für ironische Gegenrede: "Während man den Wachtelkönig nicht finden konnte, sei es ein Leichtes, hier im Saal einen Verhinderungskönig zu entdecken", meinte etwa Sebastian Zimmermann (ILM). Und Wolfgang Hollweck (USB) konterte die Ausführungen seines CSU-Kollegen mit einer Frage: "Kann es sein, Herr Schranner, dass Sie zu Hause eine Wachtelkönig-Zucht haben? "
 

Gerhard Kohlhuber