Wolnzach
Schritt für Schritt dem Mythos entgegen

Die Hallertauerin Gabi Röhrl hat als Pilgerin einen authentischen Jakobsweg-Kinofilm gedreht

31.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:13 Uhr
Atemberaubende Landschaften öffnen sich dem Pilger auf dem Jakobsweg, wie hier bei El Acebo in der spanischen Provinz León. −Foto: Gabi Röhrl

Wolnzach (WZ) Gabi Röhrl ist Arzthelferin, Wirtin, Ernährungsberaterin und Hallertauerin von Herzen. Jetzt hat sie sich zwei Träume erfüllt: Sie ist den Jakobsweg gegangen und hat daraus einen Kinofilm gemacht, der auch in Wolnzach zu sehen sein wird.

Groß muss sie sein, die Leinwand. Sehr groß. Weil nur Größe das Empfinden öffnen kann über das bloße Sehen mit den Augen hinaus und die Zuschauer eintauchen lässt in das, was Gabi Röhrl erlebt hat. Also nicht nur mit den Augen sehen, sondern mit dem Herzen. Das hat schon Erfolgsautor Antoine de Saint Exupéry gewusst, als er seinen berühmten "Kleinen Prinzen" mit Worten zum Leben erweckte.


Auch Gabi Röhrl hat etwas erweckt, etwas Großes in sich selbst, das sie geprägt hat: Die Hallertauerin ist den Jakobsweg gegangen. Den ganzen, 900 Kilometer von St.-Jean-Pied-de-Port bis nach Santiago de Compostela. Nun wäre das alleine jetzt nichts Ungewöhnliches, denn spätestens seit Papst Johannes Paul II. in den 1980er Jahren der mittelalterlichen Wallfahrtsroute im Nordwesten Spaniens zu einer Renaissance verhalf und Schauspieler und Comedian Hape Kerkeling im Jahr 2006 dann auch noch sein Buch "Ich bin dann mal weg" herausgab, ist ein wahrer Jakobsweg-Boom ausgebrochen. Seither schnüren viele die Stiefel, sind eines der zahlreichen Teilstücke oder auch den ganzen Weg schon gegangen. Eben wie Gabi Röhrl.

Was ihre Geschichte jedoch so ungewöhnlich macht, ist das, was der Weg nicht nur mit ihr, sondern aus ihr, der gelernten Arzthelferin und Hotelfachfrau, die mit ihrem Mann Toni 30 Jahre die Schenke im weltberühmten Kloster Weltenburg an der Donau betrieben hat, gemacht hat: nämlich eine passionierte und gefragte Fotografin, eine, die "mit dem Herzen" fotografiert, obwohl sie vor ihrer Jakobsweg-Erfahrung überhaupt keine Kamera besaß. Und dann ist sie durch Camino, den Jakobsweg, auch noch Filmproduzentin, Regisseurin und Kamerafrau geworden, die in Eigenverantwortung einen kompletten Kinofilm produziert hat. Treffend gewählter Titel: "Nur die Füße tun mir leid".

Das tun sie heute noch. Ansonsten tut ihr gar nichts leid - obwohl der Weg sie oft an Grenzen gebracht hat. Aber heute weiß sie, dass es genau diese Grenzen gebraucht hat, um sie sozusagen in die richtige Spur zu bringen: "Am Anfang bin ich am Weg vorbei gelaufen", erzählt sie. "Aber jetzt weiß ich: Wenn ich meinen Rhythmus gefunden habe, dann gehe ich um die ganze Welt."

Gotteserfahrungen, ergreifende Erlebnisse und Erkenntnisse. Davon erzählen die Jakobsweg-Pilger, darüber schreiben sie. Auch Hape Kerkeling hat das getan - und Gabi Röhrl hat sein Buch gelesen, kurz, nachdem es auf dem Markt war. Etwa 100 Seiten hat es gedauert, bis sie wusste: "Das will ich auch, die 900 Kilometer probieren - und vor allem auch schaffen." Aber das hat dann doch noch ein paar Jahre gedauert. Erst musste sie raus aus dem Hamsterrad eines beschwerlichen Alltags, sich befreien, den Geist klar bekommen für ihr großes Vorhaben. Aufgeben, nicht mehr daran denken? Keine Option für die heute 58-Jährige, die sich selbst ab und an als "Holledauer Sturschädel" bezeichnet - und durchaus froh ist, ein solcher zu sein. Sonst gäbe es wohl heute einiges nicht: nicht ihre Jakobsweg-Erfahrung und nicht den Kinofilm, den sie daraus gemacht hat, und der jetzt in zahlreichen bayerischen Kinos zu sehen sein wird - ab dem 14. November auch im Amper-Lichtspielhaus in Wolnzach.

Aber am Anfang war der Weg, der Camino Francés, auf dem Gabi Röhrl etwa sieben Jahre, nachdem sie Kerkelings Buch gelesen hatte, den ersten Schritt setzte. Den ersten, den zweiten. Viel zu schnell, viel zu euphorisch. Nach vier, fünf Tagen fiel sie in ein tiefes Loch, suchte verzweifelt, vergeblich und vielleicht auch viel zu verbissen nach dem vielgepriesenen Jakobsweg-Mythos, von dem sie zu diesem Zeitpunkt genauso weit weg war wie von ihrem Zuhause und ihrem Mann. Ganz allein, ganz frustriert, aber aufgeben - keine Option. "Da gab es viele Kilometer, an denen ich dem Kerkeling alle Namen gegeben habe", schmunzelt sie heute in der Erinnerung. Drei Wochen ging das so, Schritt für Schritt wuchs die Frustration, aber sie ging weiter: "Ich wollte ja wissen, ob ich das schaffe." Kleine Lichtblicke, Begegnungen ließen sie aufhorchen, aufwachen, aber das Loch blieb.

Nach rund 300 Kilometern forderte eine schmerzhafte Knochenhautentzündung Tribut: "Ich musste Gas weg nehmen, begann zu schleichen, bewegte mich beinahe wie in Zeitlupe", erinnert sich Gabi Röhrl noch gut. "Und ab da ist es ein völlig anderer Weg geworden, dann kamen die Erlebnisse und ich hab alles erlebt, was man so hört." Und auch Abbitte hat sie im Geiste geleistet: bei Hape Kerkeling für die vielen Schimpfnamen, die sie im anfangs zugedacht hatte. Gabi Röhrl ging alleine, viele Kilometer, aber einsam war sie nie, sondern verschmolz Kilometer um Kilometer mehr mit dem Weg. Die Ankunft am Cap Finisterre, etwa 60 Kilometer entfernt von ihrem Ziel Santiago de Compostela, hat sie nachhaltig geprägt: "Da wusste ich, dass ich das, was ich hier erlebe, den Menschen zeigen möchte."

Eben groß, auf einer Leinwand, im Kino. Aber dafür brauchte es erst einmal einen Film - und Gabi Röhrl ging den Weg nochmal: Im Crashkurs ließ sie sich - völlig unerfahren - im Umgang mit einer professionellen Filmkamera anlernen, schleppte das von einem Profi empfohlene kleinstmögliche Gerät samt Stativ auf ihrem Pilgerrucksack mit sich, pilgerte und drehte, wann immer und wie immer es ging: "Ich habe ja nicht, wie andere Jakobswegfilmer, mit Statisten gearbeitet, sondern selbst als Pilger das gefilmt, was mich ansprach", sagt sie. Alles echt, nichts gestellt, der große Unterschied zu allen Jakobsweg-Dokumentationen, die es schon gibt. Gefilmt mit dem Herzen - das überzeugte nach Gabi Röhrls Heimkehr schließlich auch Fachleute, die sie bei ihrem Kinofilmprojekt in Eigenverantwortung unterstützten: ihren Cutter Florian Zimmermann, mit dem sie ihre Impressionen zu einem Gesamtwerk zusammenfügte, oder Marco Köstler und Martin Sennebogen aus Regensburg, die die Filmmusik beisteuerten, die "Bilder in Musik umgesetzt haben", wie sie selbst sagen.

"Ich habe schon gespürt, dass es funktioniert", gesteht Gabi Röhrl. Aber dann: Schon der fertige Trailer ging in den sozialen Netzwerken durch die Decke, dementsprechend gefragt ist Röhrls Film und wird in 73 deutschen Kinos zu sehen sein. Premiere ist am 6. November im Roxy-Kino in Abensberg, das eine Freundin von ihr betreibt. Ein Erfolg, der sie freut, mit dem sie aber so gar nicht gerechnet hat. Oder vielleicht doch: "Der Weg hat mir gezeigt, dass alles möglich ist. Und dass es nicht reicht, über etwas nachzudenken. Man muss es einfach tun." Sie hat es getan, das Ergebnis ist ab 14. November auch in Wolnzach zu sehen.

 

 

HIER KOMMT DIE ÜBERSCHRIFT REIN

Ab 06.11. Abensberg Roxy Kino

Ab 07.11. Ingolstadt Union Kino

Ab 6.11. Regensburg Regina

07.11. Ingolstadt Cinecitta

Ab 07.11. Viechtach Neue Post Lichtspiele

Ab 07.11. Gröbenzell Gröben Lichtspiele

Ab 07.11. Marktoberdorf Filmburg Das Theaterkino

Ab 07.11. Bad REichenhall Park Kino Center

08.11. Straubing Citydom

10.11. Passau Cineplex

10.11. Freyung Grafenau Cineplex

Ab 11.11. Schwandorf Lichtwerk Kino

Ab 12.11. Prien am Chiemsee Mike’s Kino

Ab 12.11. Waldkraiburg Cinewood Multiplex

13.11. Landshut Kinopolis

Ab 14.11. Trorstberg Stadtkino

Ab 14.11. Bad Wörishofen Filmhaus Huber

Ab 14.11. Nördlingen Ries Theater

Ab 14.11. Prien am Chiemsee Mike’s Kino

Ab 14.11. Weilheim i.Obb Starlight

Ab 14.11. Wolnzach Amper Lichtspiele

Ab 14.11. Eichstätt Filmstudio im Alten Stadttheater

Ab 14.11. Heidenheim Kino Center

Ab 15.11. Dachau Cinema

Ab 16.11. Augsburg Thalia

Ab 16.11. Aichach Cineplex

17.11. Seefeld Kino Breitwand im Schloß Seefeld

Ab 17.11. Germering Cineplex

17.11. Erlangen Lamm Lichtspiele

20.11. Ulm Obscura

Ab 21.11. Schongau Das Lagerhauskino

Ab 21.11. München Atelier

Ab 22.11. Neuburg a.d. Donau Kinopalast

Ab 22.11. Kelheim am Stadtplatz Kino am Stadtplatz

Ab 23.11. Neumarkt/Obf. Cineplex

Ab 23.11. Erlenbach Passage

Ab 24.11. Dettelbach Cineplex

Ab 24.11. Bamberg Lichtspiel Kino & Café

Ab 25.11. Fürth Cineplex

Ab 26.11. Bayreuth Cineplex

Ab 27.11. Hof Central Kino

Ab 27.11. Nittenau Kino Center

Ab 28.11. Würzburg Central im Bürgrbräu

Ab 05.12. Kochel am See Kino Kochel

Ab 07.13. Bad Tölz Capitoltheater

Ab 08.12. Garmisch Partenkirchen Hochland Kino

11.12. Ochsenfurt Casablanca

 

Karin Trouboukis