Scheyern
Spanneraffäre geht in die nächste Instanz

Staatsanwaltschaft und Anwältin des suspendierten Scheyerer Bürgermeisters Müller akzeptieren Urteil nicht

19.03.2014 | Stand 02.12.2020, 22:56 Uhr
Symbolbild Gericht −Foto: Sebastian Schanz

Scheyern (PK) Mit Spannung wird in Scheyern die Stichwahl um das Amt des Bürgermeisters am 30. März erwartet. Warum dessen Sessel neu zu besetzen ist – davon wollen viele Scheyrer nichts mehr hören. Doch die Spanneraffäre um den suspendierten Rathauschef Albert Müller ist noch nicht vom Tisch.

Sowohl die Staatsanwaltschaft München I als auch Müllers Anwältin bestätigten gestern auf Anfrage, dass sie Rechtsmittel gegen das Urteil des Münchner Amtsgerichts im Zusammenhang mit der Spanneraffäre eingelegt haben.

Müller (Wählergruppe Gemeinde Scheyern, WGS) stand in der vergangenen Woche auf keiner Kandidatenliste mehr, sondern stattdessen vor den Schranken des Amtsgerichtes. Der 56-Jährige musste sich dafür verantworten, dass er im Juni 2013 Frauen, die die Rolltreppe im Stachus-Untergeschoss benutzten, mit seiner Kamera unter die Röcke fotografiert beziehungsweise gefilmt haben soll. Knapp 100 Fotos und mehr als 20 entsprechende Filme fand die Polizei später auf dem Speicherchip seiner Kamera. Da sich Albert Müller gegen seine Festnahme durch Polizeibeamte wehrte und um sich schlug, lautete die Anklage auf Beleidigung, Widerstand und Körperverletzung.

Amtsrichter Thomas Müller befand den Angeklagten in allen Punkten für schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 75 Tagessätzen zu je 70 Euro. Mit diesen 5250 Euro blieb der Richter unter der Forderung von Staatsanwältin Judith Henkel, die auf 90 Tagessätze plädierte. Müllers Anwältin Regina Rick forderte einen glatten Freispruch ihres Mandanten, blitzte jedoch beim Richter ab.

Zufrieden mit dem Urteil waren letztlich beide Seiten nicht: „Wir haben Berufung eingelegt“, sagte gestern Thomas Steinkraus-Koch, Sprecher der Staatsanwaltschaft München I. Der Grund: Das Gericht habe die gleiche Strafe verhängt, wie sie im zuvor erlassenen Strafbefehl gegen Müller vorgesehen war. Bei der Bemessung von Strafbefehlen werde aber von der sogenannten Geständnisfiktion ausgegangen – also davon, dass der Angeklagte keine Hauptverhandlung will und den Schuldvorwurf einräumt. Das sei hier nicht der Fall gewesen, da sich der Angeklagte während der Verhandlung nicht äußerte und kein Geständnis ablegte, sagte Steinkraus-Koch. „Deshalb halten wir eine höhere Strafe für angemessen.“ Die Staatsanwaltschaft werde sich aber noch die schriftliche Urteilsbegründung ansehen und dann entscheiden, ob die Berufung, mit der sich das Landgericht befassen müsste, aufrecht erhalten wird.

Sie habe Rechtsmittel gegen das Urteil des Amtsgerichts eingelegt, weil die Handlungsweise ihres Mandanten nicht unter den Straftatbestand der Beleidigung falle, sagte Anwältin Regina Rick. Das sei ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und das Oberlandesgericht Nürnberg habe jüngst in einem identischen Fall so entschieden. Auch die Münchner Staatsanwaltschaft habe solche Fälle – „die sehr häufig vorkommen“ – in der Vergangenheit immer eingestellt. Bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht habe so auch ein erfahrener Polizeibeamter bestätigt, dass in allen vergleichbaren Fällen, mit denen er es in den vergangenen 15 Jahren zu tun hatte, die Staatsanwaltschaft die Verfahren einstellte. Rick: „Dann kann es doch wohl nicht angehen, dass mein Mandant für etwas bestraft wird, was bei allen anderen als nicht strafbar angesehen wird.“