Geisenfeld
Münchner wollten Geisenfelder Tanz verbieten lassen

Zweiter Teil der GZ-Serie über den Schäfflertanz handelt von lustigen und nachdenkenswerten Anekdoten

07.01.2019 | Stand 02.12.2020, 14:54 Uhr
Bekannte Gesichter: Im Jahr 1970 war Fritz Winter der Hauptkasperl und Josef Alter der Reifenschwinger. −Foto: TV Geisenfeld

Geisenfeld (GZ) In über 130 Jahren Geisenfelder Schäfflertanz ist einiges passiert, was für Wirbel sorgte - und heutzutage als Anekdote entweder Schmunzeln oder Erstaunen hervorruft.

Wer weiß zum Beispiel noch, dass die Geisenfelder Schäfflerauftritte einmal per Strafandrohung verboten werden sollten? Zusammengestellt wurden die Anekdoten von Chronist Rudi Zurth.Werbung für den Schäfflertanz wurde bereits 1935 in der Presse gemacht: "Wohin, wohin in alle Welt? Nach Geisenfeld, nach Geisenfeld. Ob Nah, ob Fern, wir sehen alle gern, ob Groß, ob Klein, wir laden alle ein, zu schauen unsern bunten Tanz, den Schäfflertanz, den Schäfflertanz. " Im August 1949 gab es gehörigen Knatsch: Da schrieb der Fachverein der Schäffler Münchens an den Geisenfelder Bürgermeister: "Um den traditionellen Münchener Schäfflertanz vor Nachahmung zu schützen, haben wir uns mit dem Herrn Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München sowie mit Regierung und Ministerien in Verbindung gesetzt, wo wir vollstes Verständnis gefunden haben, dass nur der traditionelle Münchener Schäfflertanz den Namen Schäfflertanz zu Recht trägt. Der Fachverein wird im Einvernehmen mit Herrn Oberbürgermeister Wimmer bei jeder anderweitigen Aufführung des Schäfflertanzes Strafanzeige auf Grund Artikel 32 (Anmerkung: Unerlaubte Veranstaltungen öffentlicher Lustbarkeiten) des Polizeistrafgesetzbuches gegen die verantwortlichen Herren bzw. Vereinigungen stellen. " Die Geisenfelder ließen sich davon aber nicht abhalten und tanzten trotzdem weiter - ohne irgendwelche Folgen. 1956 herrschte zur Tanzsaison eisige Kälte, und so wurde zum ersten Mal ein Ofen zum Aufwärmen mitgeführt. An einem besonders kalten Tag kam es zum "Aufstand" einiger Schäffler: Als statt einer warmen Brotzeit nur kalter Presssack aufgetischt wurde, verließen einige "verbotswidrig" über die Fenster das Gasthaus und suchten die Nachbarwirtschaft auf. Ein junger Schäffler wurde deshalb von seinem Vater, der als Komiteemitglied fungierte, nicht lange zur Rede gestellt, sondern vor versammelter Mannschaft "abgewatscht". Auch 1963 wurde wegen des strengen Winters wieder ein Ölofen mitgeführt und der legendäre Winter Fritz war zum ersten Mal Hauptkasperl, was er noch 1970 und 1977 wiederholte. 1984, 1991, 1998 und 2005 hatte der Humorist Josef Meyer diese Funktion inne, seit 2012 bekleidet sie Karl Steinberger senior. Der heutige Geisenfelder Ehrenbürger, Altbürgermeister Josef Alter, war 1963 als 19-jähriger Reifenschwinger aktiv. Sieben Jahre später, 1970, war diese Funktion dann erstmals doppelt besetzt - mit Josef Alter und Walter Heidersberger. Ins Jahr 1970 fiel der 1000. Tanz seit Bestehen, und ausgerechnet hier passierte ein kleines Malheur: Als man um 12 Uhr ausmarschieren wollte, fehlte der Hauptleiter Josef Schneider - ausgerechnet einer, der auf Pünktlichkeit sonst größten Wert legte. Was tun? Der damalige Arrangeur Albert Koller und der Tross zogen trotzdem aus - und das Rätsel um Schneider löste sich später auf: Er hatte wegen einer Magenverstimmung "aufs Örtchen" gemusst. "Verstimmt" zeigte sich der Hauptleiter dennoch: Er rüffelte den Arrangeur wegen des "eigenmächtigen Ausmarsches". Überhaupt hatte der 1977 als Hauptleiter ausgeschiedene Schneider einiges zu bekritteln. So steht im selben Jahr als Notiz von ihm in der Chronik: "In der Münchener Straße wurde vor einer Arztpraxis jedes junge Ding von Sprechstundenhilfe einzeln genannt: Bei einigen Zuhörern machte das böses Blut. " 1977 wurde zum ersten Mal ein Lautsprecher für die Kasperlverse zum Einsatz gebracht, montiert auf einem Fahrrad. 1984, also 35 Jahre nach der Androhung einer Strafanzeige, tanzten die Geisenfelder Schäffler in München - auf Einladung von Minister Hans Eisenmann. Im Jahr 1991 wäre - nach dem Kriegsjahr 1942 - der Geisenfelder Schäfflertanz beinahe nochmal einem politischen Ereignis zum Opfer gefallen. Wegen des Golfkrieges wurde überlegt, die Saison abzubrechen. Es setzte sich aber das Argument durch, dass der Tanz der Schäffler seinem Ursprung nach gerade in schlechten Zeiten seine Berechtigung habe. Und dann ist da noch ein nur von alteingesessenen Geisenfeldern zu verstehendes sprachliches Missverständnis zu nennen, das in der Schäfflerchronik von 1998 vermerkt ist. Hier wurde von einigen Beobachtern die Bezeichnung "Fourier" (für die Verpflegung zuständiges Komiteemitglied) falsch verstanden. Originalton: "Des is' doch da Kollmuß! Der is' doch vo Geisenfeld und nicht vo Riah" (von Schillwitzried).