Pfaffenhofen
Hanf als letztes Mittel zur Schmerzlinderung

Antonie Lampl hat eine Ausnahmegenehmigung für Cannabis – aber keine Apotheke, die es ihr bestellt

23.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:45 Uhr

Wegen chronischer Schmerzen braucht Antonie Lampl eine Apotheke, die ihr Cannabis bestellt - Foto: Wenisch

Pfaffenhofen (PK) Seit 2005 können sich Patienten mit chronischen Beschwerden mit einer Ausnahmegenehmigung Cannabis zur Schmerzlinderung verschreiben lassen. Antonie Lampl ist nun auf der Suche nach einer Apotheke in Pfaffenhofen, die bereit ist, ihr das Cannabis zu besorgen.

Seit mehr als zehn Jahren hat die Landkreisbürgerin Antonie Lampl chronisch starke Schmerzen. „Die chemischen Medikamente habe ich alle durch. Ich kann sie nicht mehr weiter hochschrauben“, sagte sie. Sie wolle weg von den Mitteln der Pharmaindustrie und ein natürliches Schmerzmittel ohne Nebenwirkungen: Cannabis. Eine entsprechende Ausnahmegenehmigung von der Bundesopiumstelle habe sie. Was noch fehlt, ist eine Apotheke, die sich bereit erklärt, die Blüten zu importieren.

Die Ursachen für Antonie Lampls Schmerzen sind vielfältig. Bandscheibenprobleme und Rückenschmerzen habe sie schon lange, sagte sie. Durch eine Bluttransfusion in Folge einer OP habe sie sich zudem eine schwere Viruserkrankung eingefangen. Neunmal sei sie inzwischen am Bauch operiert worden, wodurch sie chronische Bauchschmerzen habe. Pro Monat habe sie etwa ein Dutzend sehr schlechte Tage, an denen sie gar nicht aus dem Bett komme. Sie könne maximal eine Stunde am Stück schlafen. „Durch das Cannabis könnte das laut Arzt zumindest auf zwei Stunden gesteigert werden“, betonte sie. Anfang Mai habe sie daher mit Unterstützung eines Arztes bei der Bundesopiumstelle in Bonn einen „Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb von Cannabis zum Zweck der ärztlich begleiteten Selbsttherapie“ gestellt. Eine Dosis von einem Gramm pro Tag sei darin empfohlen.

Seit 2005 bestehen in Deutschland die gesetzlichen Voraussetzungen, für die medizinische Verschreibung von Cannabis, wie der Leiter der Bundesopiumstelle, Peter Cremer-Schaeffer, auf Anfrage sagte. Seitdem sind die Antragszahlen stetig gestiegen. Im vergangenen Jahr beantragten derund 100 Patienten eine Cannabisgenehmigung. In diesem Jahr werden es voraussichtlich 120 sein. Derzeit verfügen 170 Menschen in ganz Deutschland über eine entsprechende Ausnahmegenehmigung. Sie können für etwa 12 bis 16 Euro pro Gramm Cannabis in der Apotheke kaufen. Die Kassen übernehmen keine Kosten.

Voraussetzung sei, dass kein anderes Medikament helfe und ein Arzt den Patienten bei der Therapie begleite, erläuterte Cremer-Schaeffer. Beziehen würden die Menschen die Blüten über eine Apotheke, die diese in der Regel aus den Niederlanden importiere. Dass die Patienten keine Apotheke fänden, die das Cannabis besorgten, sei in der Vergangenheit öfters vorgekommen, inzwischen aber die Ausnahme.

Antonie Lampl allerdings ist in Pfaffenhofen bisher nicht fündig geworden: „Ich habe alle Apotheken am Hauptplatz und in der Umgebung abgeklappert. Bei manchen war ich sogar zweimal.“ Teilweise habe man sie gar nicht ausreden lassen. Sie sei dadurch „aus allen Wolken gefallen“, weil sie eigentlich bereitwillige Hilfe erwartet habe.

Die Apotheken wiesen das auf PK-Anfrage zurück. Mehrere Apotheker erklärten, dass sich die Patientin nur einmal telefonisch gemeldet habe. Die Patientin sagt dagegen, dass sie in allen Apotheken persönlich vorbeigegangen sei. Zudem wiesen mehrere Apotheken auf die mangelnde Erfahrung in Sachen Cannabis hin, weil sie noch nie eine solche Anfrage erhalten hätten. Es erfordere einen enormen Aufwand, sich in die Materie, Rechte und Pflichten sowie Zollbestimmungen einzuarbeiten. Das sei personell nicht zu stemmen. Hinzu komme der bürokratische Aufwand, und dass durch den Import und die erforderliche Lieferung zur Patientin nach Hause enorme Kosten entstünden.

Antonie Lampl erklärte, sie habe nur von der Schyren-Apotheke Hilfe angeboten bekommen. Diese sei dann aber abgesprungen. Die Inhaberin bestreitet aber, jemals zugesagt zu haben. Es habe ein Gespräch gegeben, sagte Apothekerin Gertrud Elsenberger. Als sie von der Opiumstelle aber den genauen Ablauf erfahren habe, habe sie ablehnen müssen. Der Grund: Sie selbst betreibt eine Apotheke in Jetzendorf. Die Schyren-Apotheke ist lediglich eine Filiale. Als Inhaberin aber wäre sie selbst für das Cannabis verantwortlich. „Wenn ich nicht selbst in Pfaffenhofen bin, kann ich das nicht machen“, sagte sie.

Antonie Lampl ist damit weiter auf der Suche nach einer Apotheke. In München gebe es eine, die wohl helfen würde, berichtete sie. Diesen Weg könne sie aber nicht auf sich nehmen. Zwar wohne ihre Tochter in der Landeshauptstadt, diese könne aber nur etwa einmal im Monat vorbeikommen.

Eine Pflicht zur Cannabisabgabe gibt es laut Bayerischer Apothekerkammer nicht. Es handle sich um ein „nicht verschreibungspflichtiges Medikament“, sagte eine Sprecherin. Deshalb dürften Apotheken Patienten trotz Ausnahmegenehmigung abweisen.