Pfaffenhofen
"Ordentlich getankt"

Barhocker im Streit an den Kopf geworfen: 29-jähriger Pfaffenhofener kommt mit Bewährung davon

09.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:14 Uhr
Symbolbild Gericht −Foto: David Ebener/dpa

Pfaffenhofen (PK) Im Streit mit einem Bekannten hat ein 29-Jähriger einem 26-Jährigen einen Barhocker an den Kopf geworfen - obwohl der nur schlichten wollte. Ein Geständnis, sein Wille zur Besserung und eine vorherige Einigung ersparten ihm das Gefängnis.

Das Register ist lang: mehrere gefährliche Körperverletzungen, Erschleichung von Leistungen sowie einige Monate Jugendhaft. "Sie haben den Vollzug schon kennengelernt, warum ist jetzt trotzdem wieder etwas passiert", fragt Richtern Nicola Schwend den Angeklagten. "Ich hatte einfach zu viel getrunken, das wird nicht mehr passieren", sagt er mit leiser Stimme. "Es tut mir Leid." Weil er im Streit einem Bekannten in einer Pfaffenhofener Gaststätte einen Barhocker an den Kopf geworfen hat, musste sich der 29-Jährige wegen schwerer Körperverletzung vor Gericht verantworten.

Hintergrund war, dass es zwischen dem 29-Jährigen und einem Bekannten zu einem Streit gekommen war. "Dich schmeiß ich so weg wie den Barhocker" soll er zum ihm gesagt haben. Dann flog der Hocker - allerdings nicht auf sein Gegenüber, sondern an den Kopf eines weiteren Bekannten von ihm, der versucht hatte, zu schlichten. "Er hat den Stuhl geworfen, das ist richtig, aber nicht direkt auf den Geschädigten gezielt", sagt Verteidiger Johannes Buchberger. "Wir wollen uns hier nicht auf Schuldunfähigkeit berufen, immerhin hatte er ordentlich getankt." 2,3 Promille ergab ein Bluttest.

Doch man müsse ihm eine Sache zugutehalten: Vor der Verhandlung habe es einen Täter-Opfer-Ausgleich gegeben, bei dem sich die Parteien auf ein Schmerzensgeld in Höhe von 1500 Euro geeinigt hatten. "Er hat heute noch weitere 500 Euro dabei, die er ihm geben möchte", betont Buchberger. "Es war wirklich keine Absicht und es tut mir sehr Leid", betont der Angeklagte immer wieder während der Verhandlung.

"Jetzt ist alles wieder gut", antwortet der 26-jährige Geschädigte auf die Frage der Richterin, wie es ihm geht. Er wollte die beiden Streithähne eigentlich nur auseinanderbringen und dann flog auf einmal der Barhocker. "Ich glaube nicht, dass es Absicht war", sagt er. "Wollen sie ihren Strafantrag Aufrecht erhalten", fragte Schwend den 26-Jährigen. "Nein", sagt er. Die Begründung: "Wir haben uns auf das Schmerzensgeld geeinigt und ich denke, das reicht." Buchberger erklärt dem 26-Jährigen, dass der Angeklagte 500 Euro dabei habe, die er ihm gerne noch geben möchte. Doch er lehnt ab. "Das erlebt man wirklich selten, dass jemand auf Geld verzichtet", sagt der Verteidiger. "Hut ab." Die beiden jungen Männer stehen auf, umarmen sich und schließen Frieden. Doch damit war der Fall noch nicht vom Tisch.

"Es war anscheinend keine volle Absicht, aber wenn man in einer Bar ist und so etwas tut, muss man damit rechnen, dass etwas passieren kann", sagt Staatsanwalt Alexander Walch. "Und wenn man schon einmal im Gefängnis war, wirft man nicht mit einem Barhocker, zum Glück ist nicht mehr passiert." Dem stimmt auch Verteidiger Buchberger zu: "Das ist gefährliche Körperverletzung und das muss bestraft werden, das weiß er auch." Dennoch müsse ihm zugutegehalten werden, dass er während seiner Inhaftierung eine Anti-Aggressionstherapie gemacht und sich mittlerweile ein Leben mit Job, Perspektive und festem sozialen Umfeld aufgebaut hat. Auch sein Arbeitgeber garantierte ihm eine Weiterbeschäftigung, trotz seiner kriminellen Vergangenheit und der aktuellen Verhandlung. Man wolle ihn weiterhin beschäftigen, da er zu einer tragenden Säule geworden sei, heißt es in dem Arbeitszeugnis.

"Ich hatte damals keine Zukunft, keine Perspektive", begründet der Angeklagte seine Vorstrafen. "Das war ich einmal, aber das bin ich nicht mehr. Ich hoffe, dass sie mir noch eine letzte Chance geben." Einsicht, Täter-Opfer-Ausgleich und die Versöhnung mit dem Geschädigten: Diese Dinge wirken sich zwar laut Schwend positiv auf ihn aus, verurteilt wurde er trotzdem. Eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten ausgesetzt auf vier Jahre zur Bewährung, so das Urteil. "Zu ihren Gunsten spricht der nur bedingte Verletzungsvorsatz, die zivilrechtliche Einigung vorab, ihr Geständnis und ihre Einsicht, etwas an ihrem Verhalten zu ändern. Aber dagegen spricht, dass sie mehrfach vorbestraft sind und hier eine gefährliche Körperverletzung begangen haben", begründet die Richterin ihre Entscheidung. "Es muss ihnen bewusst sein, dass es die allerletzte Chance ist."