Pfaffenhofen
PFC und seine Folgen

Kreistag befasst sich mit Belastungen in Manching und Münchsmünster - und wartet auf Gutachten

18.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:03 Uhr

Pfaffenhofen (pat) Die Belastung der Böden und des Grundwassers mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) in den Manchinger Ortsteilen Westenhausen und Lindach sowie rund um das vor 13 Jahren abgebrannte LyondellBasell-Werk bei Münchsmünster hat längst die Bürger erreicht - und schlug am Montag auch im Pfaffenhofener Kreistag erstmals hohe Wellen.

Dabei ging es um die Sorgen der betroffenen Bürger und der Landwirte, das momentan untersagte Gießen der Gärten, um Wertverluste der Grundstücke und Einschränkungen, mit denen sich Bauherren herumschlagen müssen. "Wir dürfen die Menschen dort jetzt nicht alleine lassen", sagte Erika Görlitz (CSU). "Wir müssen ihnen zeigen: Der Landkreis leidet mit uns. "

Neben der ehemaligen Landtagsabgeordneten haben sich inzwischen auch die amtierenden Mandatsträger der Christsozialen eingeschaltet: Der Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer meldete sich kürzlich zu Wort. Der Landtagsabgeordnete Karl Straub bringt einen Antrag in den Landtag ein. Und Landrat Martin Wolf kümmert sich zusammen mit Abteilungsleiterin Alexandra Schönauer um die schwere Aufgabe, die jetzt der Landkreis zu lösen hat.

Das Problem ist komplex. PFC ist ein fester und auch weiterhin unverzichtbarer Bestandteil von Löschschäumen. Bis 2011 war es auch ganz legal, das Mittel zu verwenden. Dann wurde festgestellt, dass es krebserregend sein kann - und wurde verboten. Seither darf es nur noch im äußersten Notfall eingesetzt werden, wie es etwa beim Brand des Chemiewerks von LyondellBasell im Jahr 2005 in Münchsmünster der Fall war. Auf dem Löschfeld des Manchinger Militärflughafens wurde PFC ebenfalls immer wieder ausgiebig eingesetzt - allerdings nur bei Übungen. Die Auswirkungen sind in diesem wie jenem Fall allerdings gleich: Das Mittel wanderte in die Böden, verteilte sich und ging ins Grundwasser über. Und im Lauf der Zeit verseuchte es auch die Umgebung - betroffen sind vor allem Münchsmünster, Westenhausen und Lindach.

Gerade die Manchinger leiden derzeit stark unter den Auswirkungen. Sie dürfen zum Teil nicht einmal mehr ihre Gärten gießen, auch ihre Brunnen nicht mehr verwenden. Und wer ein Haus baut, muss auf die Errichtung eines Kellers verzichten. Was mit dem verseuchten Erdreich geschehen soll, ist ebenfalls unklar. Mittlerweile bereitet es sogar Probleme, überhaupt einen Kanalanschluss zu verlegen. Weil nicht gegraben werden darf. "Soweit ich weiß, sind aktuell sechs Häuslebauer direkt betroffen", sagte Karl Straub im Kreistag. "Es ist einfach wichtig, dass wir die Situation endlich klären. "

Einfach wird das nicht. Denn die Bundeswehr, die sich im Fall von Manching ganz offen als Schuldiger bekennt, sieht keinen Anlass, auch Schadenersatz zu leisten. "Zu der Zeit, als das Mittel versprüht wurde, war es legal", erklärte Landrat Wolf. Um die Sache zu klären, werden letztlich wohl Gerichte eingeschaltet werden müssen. Genau das will Wolf aber zunächst verhindern. "Mir wäre eine politische Lösung lieber, weil wir da viel mehr erreichen können", fügte er an.

Auf diesem Weg ist zunächst Warten angesagt. Bis zum 30. August wird ein Gutachten erarbeitet, das viele Fragen klären soll. "Danach wissen wir mehr und können uns überlegen, wie wir weiter vorgehen", so Wolf. Die Tragweite ist enorm. Neben dem Manchinger Militärflughafen seien deutschlandweit rund 150 ähnliche Einrichtungen betroffen. "Das ist eine dicke Nummer. Wir reden da von einem Schaden, der womöglich Hunderte Millionen Euro ausmacht", meinte Manchings Bürgermeister Herbert Nerb von den Freien Wählern. Für die Betroffenen sei die Situation bedrohlich. Der Grund sei quasi unverkäuflich geworden - und das, obwohl er eigentlich bis zu 500 Euro pro Quadratmeter wert sei. Eine Sammelklage nach Schadenersatz sei unter der Federführung des Marktes Manching nicht möglich. "Das muss ich ganz klar sagen", so Nerb. "Da können wir nichts tun. " Vielmehr sei es eine zivilrechtliche Entscheidung, ob sich die Betroffenen von der Bundeswehr etwas zurückholen können. Einwände, wonach auch dies aussichtslos sein könnte, entgegnete Straub vehement. "Wer sagt das, dass da nichts möglich ist", wetterte er in Richtung Kerstin Schnapp (Grüne), die so etwas angedeutet hatte. "Wir sind ein Rechtsstaat. Das werden die Gerichte klären. "

In seinem Antrag fordert er die Staatsregierung auf, in Zusammenhang mit den PFC-Belastungen Transparenz hinsichtlich der Ausbreitung des belasteten Materials und der Gesundheitsgefahren zu schaffen. Straub regt einen Verzicht auf PFC und somit keine weiteren Verunreinigungen an. Er fordert zudem Sanierungsmaßnahmen in den betroffenen Gebieten und sauberes Wasser für die Gartenbewässerung. Mehrkosten für den Aushub von Baugruben sowie Entsorgungskosten sollen den Bürgern erstattet werden.

Sofortmaßnahmen sind derweil offenbar nicht einfach durchzusetzen. "Das ist ein sehr komplexes System, in das man schwer eingreifen kann", mahnte Abteilungsleiterin Alexandra Schönauer zur Vorsicht. Was man dürfe, was man lassen solle, wo die Hotspots liegen und wo man überhaupt eingreifen dürfe, sei noch unklar. Sie verwies ebenfalls auf das Gutachten, das Ende August vorliegen soll. "Wir stehen in Manching mit allem noch sehr am Anfang", meinte sie. In Münchsmünster werde beispielsweise seit zwei Jahren geplant - und erst nächstes Jahr könne es mit den Gegenmaßnahmen losgehen.