Pfaffenhofen
Nur echt mit der Brezn

Nach vielen Stationen im Ausland hat Nina Grabmeir aus Pfaffenhofen ein eigenes Schuhlabel gegründet

07.10.2020 | Stand 23.09.2023, 14:36 Uhr
"Hadscha", das bairische Wort für Schuh: So heißt Nina Grabmeirs Schuh-Label. Erkennungszeichen ist die Breze. −Foto: Milsom, Reitzle

Pfaffenhofen - Ein Büro im Glitzerlook, kreative Leute um sie herum und das alles in der Weltstadt London: Für jemanden, der in der Schuhindustrie arbeitet, war Nina Grabmeir vermutlich im Paradies.

Sie arbeitete für die berühmte Schuhdesignerin Sophia Webster, hatte Verantwortung und viel Arbeit. "Das war mein Traumjob. Zumindest auf dem Papier", sagt die 32-Jährige.

Aber immer wenn sie in der Heimat zu Besuch war, auf der Wiesn oder anderen Volksfesten, dachte sie drüber nach, wie es denn wäre, zurück nach Deutschland, nach Bayern zu kommen. "Ich hatte unglaublich lange Tage. Es könnte anders gehen", sagt sie. Freundinnen hatten sowieso immer wieder gefragt, ob sie denn nicht schöne Trachtenschuhe machen könnte.

Grabmeir überlegte, ließ sich beraten, rechnete die Finanzierung durch, schrieb einen Businessplan, sprach mit ihren Kontakten in Schuhfabriken in aller Welt - und fasste den Entschluss, ihr eigenes Schuhlabel zu gründen. Im Januar gab sie ihren Job bei Sophia Webster auf, im August ist ihr Onlineshop unter www. hadscha. de online gegangen. Sie hat einen Gründerkredit aufgenommen, auf branchenfremde Investoren will Grabmeir verzichten.

Sie will die Marke selbst aufbauen, ihre Expertise einbringen. Seit sie mit 17 als Au-pair erst nach Frankreich und dann nach London ging, lebte sie ununterbrochen im Ausland. "Ich war schon immer total kreativ", sagt sie. In London gefiel es ihr, sie machte einen Abschluss in Modedesign und studierte dann am London College of Fashion, machte ihren Bachelor in Footwear Technology. Auch berühmte Designer wie Jimmy Choo, Sophia Webster, Beatrix Ong oder Emma Hope haben diese Uni besucht.

Grabmeir arbeitete dann in London drei Jahre für Fred Perry, zog dann weiter nach Montreal zu Aldo, wo sie das Produktentwicklungsteam für Männerschuhe leitete. "Die Schuhwelt ist eine Männerwelt. Als junges Mädel musst du dir Respekt hart erarbeiten", sagt Grabmeir über ihre Anfänge. Aber sie setzte sich durch.

Die Designerin ist davon überzeugt, mit Trachtenschuhen Geld verdienen zu können. Trotz Corona, trotz Wiesnabsage. "Als ich gehört habe, dass die Wiesn gecancelt wird, war es schon schwierig", gibt sie zu. Einen Teil der Ware konnte sie noch stornieren, das Geschäft läuft trotzdem an. Langsamer, aber es läuft. "Ich weiß, dass eine Nachfrage da ist. "

Finanzieller Spielraum hat sie noch. "Ich kann die Ware für die nächste Saison bestellen. Ansonsten muss ich aber sparsam sein", sagt Nina Grabmeir. "Ich stecke mir jeden Tag ein kleines Ziel. " Mittlerweile hat sie im Onlineshop auch schon Turnschuhe, Handtaschen könnte sie sich auch noch vorstellen.

Sie will ihr Unternehmen behutsam entwickeln, weiß, dass gerade das Upscaling schwierig ist. Trotzdem setzt sie auf Nachhaltigkeit und will Jobs für Frauen mit Kindern schaffen. Die Coronakrise habe gezeigt, dass es möglich ist, fast von überall aus zu arbeiten. Produziert werden ihre Schuhe nicht in China, Grabmeir arbeitet mit Firmen in Spanien und Portugal zusammen "Ich will nachhaltig sein, wo immer ich kann", sagt sie. "Es ist abschreckend, wie viele Samples hin und hergeflogen werden, wie viel Müll dadurch produziert wird. " Sogar bei der Verpackung achtet Grabmeir auf Nachhaltigkeit. Der Schuhkarton ist recycelbar - ohne Plastikfolie. "Und trotzdem schaut er sogar schön aus. "

Die Schuhe sind aus Leder, nicht nur außen, auch das Innenfutter. "Sie sollen auch im Alltag tragbar sein", sagt Nina Grabmeir über über ihre Kollektion, die nach ihren Freundinnen und der Familie genannt wurden. "Camila", "Sarah", "Melanie", "Maxi" und "Anne" - so heißen ihre ersten Modelle. Blockabsätze und Komfort sind ihr wichtig, Pfennigabsätze suchen Käuferinnen vergeblich. Das Feedback ihrer ersten Probandinnen ist schon einmal positiv. "Die sind unglaublich bequem, haben meine Freundinnen gesagt", erzählt Grabmeir. "Und die sind eigentlich typische Sneakerwearer. " Auf der Sohle sind bayerische Sprüche eingraviert. "Mogst a Brezn" bei der aktuellen Kollektion. Über ihre Social-Media-Portale will sie jede Saison ein Gewinnspiel für den nächsten Spruch starten. Zu erreichen ist sie auf Instagram unter @hadscha_official.

Aber Grabmeir weiß, dass schönes Design und lustige Ideen nicht reichen, um als Firma erfolgreich zu sein. Was Marketing und Vertrieb angeht, muss sie noch weiter fortbilden. "Ich habe mir schon unglaublich schwergetan einen Namen und ein Logo zu finden. Sie entschied sich für "Hadscha", das bairische Wort für Schuh. Das Logo beinhaltet die bayerische Raute. Als Erkennungszeichen dient die Breze an der Schnalle. Mithilfe von Online-Tutorials eignet sie sich Kenntnisse in Google Ads und Google Analytics an, im 21. Jahrhundert kann man sehr viel online erlernen. Und: "Ich hoffe nur, dass nächstes Jahr die Wiesn ist. " Das ist für Trachtenschuhverkäufer wahrscheinlich wichtiger als jede noch so gute Marketingmaßnahme.

PK

Severin Straßer