Münchsmünster
Evonik verlässt Münchsmünster

Konzern schließt die Extraktionsanlagen in Münchsmünster 49 Mitarbeiter betroffen

19.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:11 Uhr

Die Tage von Evonik im Industriepark Münchsmünster sind gezählt: Nachdem bereits 2009 die Chemieproduktion geschlossen wurde, fallen nun auch die Extraktionsanlagen dem Rotstift zum Opfer. 49 Mitarbeiter sind laut Evonik von der Schließung betroffen. - Fotos: Evonik

Münchsmünster (PK) Evonik wird zum Sommer seine Anlagen zur Hopfen- und Teeextraktion in Münchsmünster dicht machen. Nach der Schließung der Chempieproduktion 2009 zieht sich der Konzern damit komplett aus dem Industriepark zurück. 49 Mitarbeiter sind betroffen.

Evonik betreibt in Münchsmünster zwei Großanlagen für die Extraktion mit natürlichem Kohlendioxid: eine für die Hopfen- und eine für die Teeextraktion. In der Teeextraktion wird Koffein aus Tee mit einem Verfahren entfernt, das zugleich geschmacks- und gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe von Tee bewahrt. Gegenüber herkömmlichen Methoden gilt dieses Verfahren als besonders schonend, umweltfreundlich und ressourceneffizient. In der zweiten Anlage wird aus Rohhopfen Hopfenextrakt für die Bierindustrie gewonnen. Außerdem werden dort weitere Naturstoffe wie Lupine verarbeitet. Der Markt für Hopfen- und Teeextraktion ist nach Angaben des Unternehmens geprägt durch tief greifende Veränderungen, gesunkene Margen und einen zunehmend intensiven und unsteten Wettbewerb. Pressesprecher Horst-Oliver Buchholz spricht im Gespräch mit unserer Zeitung von einem "Technologiewechsel", der sich vollzogen hat. Vor diesem Hintergrund sind die Extraktionsanlagen in Münchsmünster für Evonik nicht mehr rentabel zu betreiben. "Wir suchen schon seit Jahren intensiv neue Kunden und Produkte mit entsprechenden Volumina für unsere Großanlagen. Leider hat sich die Kundennachfrage in jüngster Zeit deutlich verschlechtert. Deswegen ist eine nachhaltige wirtschaftliche Produktion nicht mehr möglich", erklärt Thomas Sauer, Leiter des Marktsegments Custom Manufacturing bei Evonik. "Es gibt Überkapazitäten am Markt", erläutert Pressesprecher Buchholz. Sauer: "Die Schließung ist nach über 30 erfolgreichen Jahren leider unsere einzige verbleibende Möglichkeit. Jedoch kommen wir selbstverständlich unserer Verantwortung nach und kümmern uns um unsere Mitarbeiter."

Alle aus der Schließung resultierenden mitarbeiterbezogenen Maßnahmen werden mit den Arbeitnehmervertretern im Rahmen eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans partnerschaftlich und fair verhandelt, teilt Evonik mit. Details dazu wollte Buchholz mit Blick auf die laufenden Verhandlungen nicht preisgeben.

Bürgermeister Andreas Meyer hatte die schlechten Nachrichten schon geahnt. "Die Schließung hatte sich abgezeichnet." Nach seinen Informationen hat Evonik wohl vor einiger Zeit einen Großauftrag aus der Teebranche verloren. Das könnte für den Konzern letztlich den Ausschlag gegeben haben, die Anlagen stillzulegen, auch wenn Pressesprecher Buchholz widerspricht, dass es einen konkreten Anlass gegeben habe. Für Bürgermeister Meyer geht mit der Schließung der Extraktionsanlagen auch ein Stück Tradition in Münchsmünster verloren. Seit Jahrzehnten - unter wechselnden Namen - wurde dort gearbeitet und bei ihrem Aufbau war es laut Meyer weltweit eine der ersten Einrichtungen mit dieser Technik.

Doch der Rathauschef will sich gar nicht lange mit dem Blick in die Vergangenheit aufhalten. Er denkt jetzt vor allem an die 49 Mitarbeiter, die von der Schließung betroffen sind. Nach seinen Informationen ist es am 30. Juni soweit. Bis dahin wird er das Gespräch mit den Verantwortlichen suchen. "Es geht darum Lösungen zu finden, um die Menschen möglichst schnell wieder in Beschäftigung zu bringen", sagt er. Meyer zeigt sich zuversichtlich, dass die Gespräche über einen Sozialplan zu einem guten Ergebnis kommen werden. Seinen Optimismus zieht er aus den Erfahrungen aus dem Jahr 2009, als Evonik die Chemieproduktion im Industriepark Münchsmünster geschlossen hat. Damals habe sich das Unternehmen in den Gesprächen absolut fair gezeigt, sagt er.

"Alle sollten nun versuchen, das Beste daraus zu machen", betonte Meyer. Das gilt auch für den Umgang mit der mehrere Hektar großen Fläche im Industriepark. Als 2009 die Chemieproduktion schloss, wurden die Anlagen rückgebaut. Einen Teil dieser Fläche hat damals Audi erworben. Noch sei es freilich zu früh für Spekulationen, aber der Rathauschef zeigte sich zumindest zuversichtlich, dass das Areal nicht brach liegen werde.