Scheyern
Mit einer gelben Blume gegen den Klimawandel

Aktivistin Camilla Kranzusch macht auf ihrem Marsch von Berlin nach Marokko auch Station auf einem Feld in Vieth

10.10.2019 | Stand 23.09.2023, 8:54 Uhr
Sich direkt vor Ort erkundigen: Camilla Kranzusch will im Zuge des Projekts "Go for Climate" Lösungen gegen den Klimawandel suchen. Auf ihrem Weg von Berlin nach Ouarzazate schaute sie daher auch auf einem Feld von Ludwig Scheininger vorbei. −Foto: Lodermeyerm

Vieth (PK) Der Scheyrer Ortsteil Vieth liegt zwar eigentlich nicht auf der Strecke - aber weil ein anderer Termin abgesagt wurde, ergriff Thomas Schwab vom Projekt "Mensch in Bewegung" die Gelegenheit und lotste Camilla Kranzusch kurzerhand in den Landkreis Pfaffenhofen. Die 24-jährige Mountainbike-Wettkämpferin aus dem Allgäu ist gerade für das Klima unterwegs: Von Berlin bis nach Ouarzazate in Marokko will sie es schaffen, zu Fuß, mit dem Zug und mit dem Boot. Unterwegs geht es ihr um Lösungen: Wie kann man den Klimawandel bremsen? Eine mögliche Antwort darauf wächst auf dem Feld von Ludwig Scheininger - die Durchwachsene Silphie.

6500 Kilometer will Kranzusch auf ihrem Weg zurück legen, seit Anfang September ist sie unterwegs. Im Rucksack trägt sie alles mit sich herum, was sie in den etwa drei Monaten an Kleidung und Equipment braucht.Bisher ist sie gut 700 Kilometer bereits zu Fuß gelaufen, hat im Zelt übernachtet oder auch einmal in Jugendherbergen oder andern Unterkünften. Am 22. November will sie zu einer Konferenz in Afrika sein. Am Mittwoch war es nur eine kleine Etappe - etwas außer der Reihe, da ein anderer Termin geplatzt war - im Landkreis Pfaffenhofen. Gemeinsam mit Thomas Schwab von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt ging es vom Bahnhof Pfaffenhofen nach Vieth und zurück. Unterwegs schlossen sich dem kleinen Marsch auch Unterstützer an, beispielsweise von der hiesigen Fridays-for-Future-Gruppe oder auch der Scheyrer Klimaschutzmanager Klaus Hecht sowie ein paar Schüler der Scheyrer FOS.

"Wir müssen nicht mehr auf die Klimakrise aufmerksam machen", erklärte Kranzusch die Motivation hinter ihrem Projekt. Das übernehmen bereits Aktionsgruppen wie Fridays for Future. "Wir haben die Aufmerksamkeit - aber viele Leute wissen nicht, was sie tun sollen." Auf der Suche nach Lösungen will sie sich mit Wissenschaftlern, Landwirten, Aktivisten und anderen treffen. "Wir wollen weg vom reinen Problem und hin zur Lösung." Kurz vor ihrem Besuch in Scheyern hatte Kranzusch sich beispielsweise mit dem Thema Solarthermie auseinandergesetzt: Wie können sich die Menschen die Energie aus der Wüste zu Nutze machen? "Wir müssen global denken und handeln", ist Kranzusch überzeugt.

In Vieth stand nun ein Acker von Ludwig Scheibinger im Fokus. Der Landwirt betreibt eine Biogasanlage und hatte auf dem Areal früher Mais angebaut. "Aber wir haben an dem Hang ein Problem mit der Erosion", erklärte er. Vor drei Jahren wagte er daher als erster Landwirt in der Region 10 den Schritt zur Durchwachsenen Silphie: Zwar ist der Nutzen dieser Pflanze in der Biogasanlage nicht so hoch wie beim Mais, aber die Pflanze wurzelt bis zu zwei Meter tief - wirkt somit gegen Erosion und fördert den Humusaufbau, wodurch immer mehr CO2 im Boden gespeichert werden kann. "Ich habe halt gesagt, wir probieren das jetzt." Sein Fazit nach drei Jahren im Vergleich zum sonstigen Maisanbau und auch mit Blick auf den nötigen Aufwand: "Wir haben das Feld schon länger und ich weiß, was sonst darauf wächst. Dafür passt das." Von der Biogasanlage als nachhaltige Energiegewinnung zeigte sich Scheibinger überzeugt: "Wenn der Wind geht, dreht sich das Rad. Wenn die Sonne scheint, funktioniert die PV-Anlage. Aber bei der Biogasanlage kann ich alles genau steuern, wie ich es brauche."

 

Susanne Jakschitz-Wild vom Fachverband Biogas erklärte noch Hintergründe zu der Pflanze, die eigentlich in Nordamerika beheimatet ist. "Seit zehn Jahren weiß man von der Durchwachsenen Silphie. Aber man muss erst schauen, was ist das und was kann das", erklärte sie das Handeln des Verbandes. "Und dann gibt es ein paar mutige Landwirte, die machen das." Das Saatgut für das Feld in Scheyern stammt von der Firma Metzler und Brodmann Saaten. "Die Durchwachsene Silphie ist eine mehrjährige Staude", erklärte Alexandra Kipp von diesem Unternehmen. "Es handelt sich um eine Becherpflanze, die verwandt mit der Sonnenblume ist."

Für Kranzusch gab es bei dem Besuch auf dem Scheyrer Feld vor allem Infos zu dieser Pflanze als Alternative zum Mais - aber auch Denkanstöße rund um die Düngeverordnung, gesetzliche Regulierungen und Erfahrungsberichte zur Biogasanlage. "Das war heute ein kleiner Einblick", lautete ihr Fazit. "Wir sollten uns tiefer damit beschäftigen."

HINTERGRUND

nWer den Weg von Camilla Kranzusch weiter verfolgen will, kann ihre Route auf www.goforclimate.de beobachten. Am Ziel in Marokko gibt es im November eine Konferenz mit jungen Menschen aus mehreren afrikanischen Ländern und Kollegen von Fridays for Future sowie Plant for the Planet. Ziel ist ein gemeinsames Papier, um Regierungen und Wirtschaft weltweit zu Lösungen aufzufordern.

nIn der Region 10 gibt es im November außerdem erstmals die Tage der Nachhaltigkeit. Insgesamt 22 Veranstaltungen hat Thomas Schwab dazu organisiert. Die Diskussion von diesem Besuch in Scheyern wird dabei mit einer Veranstaltung zur Energiegewinnung in der Landwirtschaft am 7. November um 19.30 Uhr im Haus im Moos bei Karlshuld fortgesetzt. Ein Termin im Landkreis Pfaffenhofen ist für den 3. November geplant: Um 10 Uhr gibt es eine Führung im Hortus Statera. Den Höhepunkt und Abschluss bildet das Zukunftsforum "Klima und Nachhaltigkeit" am 9. November in Eichstätt. Hierbei referiert unter anderem der frühere Umweltminister Klaus Töpfer. Weitere Infos unter mensch-in-bewegung.info/tdn2019.

PK

Claudia Lodermeyer