Geisenfeld
Lampen und Heizung im Dauereinsatz

Wegen langer Winterkälte ist der Energieverbrauch in Jämijärvi viel höher als in Geisenfeld - Teil sieben der GZ-Serie

28.11.2018 | Stand 23.09.2023, 5:14 Uhr
Bei der Torfgewinnung im Raum Jämijärvi tragen riesige Traktoren mit Spezialrechen die oberste Moorschicht ab. Der dabei auffliegende Torfstaub ist hochentzündlich. −Foto: Zurek

Geisenfeld/Jämijärvi (GZ) Wenn wir von der "dunklen und kalten Jahreszeit" sprechen, dann ist das für die Bewohner der Partnergemeinde Geisenfelds eher ein Grund zu schmunzeln.

Winterkälte von Oktober bis April und zum Jahresende nur wenige Sonnenstunden am Tag wirken sich vor allem auf die Energiebilanz in Jämijärvi negativ aus. Dem Thema Energie widmet sich deshalb der siebte und vorletzte Teil unserer Serie.

Von Allerheiligen bis nach Ostern herrschen in der Gemeinde in Südwestfinnland Durchschnittstemperaturen unter null Grad. Zwar beträgt meteorologisch betrachtet die Tageslänge im Dezember noch sechs Stunden. Tatsächliche Sonnenstunden zählt man im Februar und Oktober jedoch gerade mal drei, im November und Dezember sogar nur eine. Da sind Heizung und Lampen quasi im Dauerbetrieb. Kaum verwunderlich also, dass der durchschnittliche Energieverbrauch pro Kopf in Finnland bei 14300 Kilowattstunden im Jahr liegt - doppelt so hoch wie in Deutschland. Der Anteil erneuerbarer Energien am tatsächlichen Verbrauch liegt bei rund 43 Prozent.

Die meisten Haushalte in Jämijärvi beziehen ihre Elektrizität von einem Unternehmen im Nachbarort. Dessen Strom wird zu 23 Prozent aus erneuerbaren Quellen gewonnen, 39 Prozent stammen aus Atomkraftwerken und 38 Prozent aus fossilen Brennstoffen beziehungsweise Torf. Große Farmen haben meist auf Hackschnitzelheizungen umgestellt - in erster Linie deshalb, weil viele Landwirte auch über eigenen Waldbesitz verfügen. Privathaushalte hingegen kombinieren Holz oder Öl mit Strom. "Erdwärme-Systeme und Wärmepumpen werden ebenfalls immer beliebter", weiß Tuomo Leikkola. Die Gemeinde nutzt derzeit noch ausschließlich Öl zum Heizen der kommunalen Liegenschaften. Das soll sich aber bald ändern. "Zukünftig, so die Absicht, werden wir dann mit Hackschnitzeln, möglicherweise in Kombination mit Solarenergie und Erdwärme heizen", so der Partnerschaftsbeauftragte.

Zu den begehrten Energielieferanten der Region um Jämijärvi gehört der Torf. Der Unternehmer Kari Vähävihu hatte der Delegation aus Geisenfeld anlässlich ihres jüngsten Besuches Einblick in die Produktion gewährt. Die Arbeit im Torfmoor ist riskant, weil der beim Abtrag in der Luft liegende Torfstaub hochentzündlich ist. Daher herrscht absolutes Rauchverbot. Nicht von ungefähr ist am großen Traktor, den Vähävihu nutzt, ein 300 Liter fassender Löschwassertank angebracht. "Der kommt täglich zum Einsatz, weil es immer wieder zum Funkenschlag und damit zu kleinen Bränden kommt, die man halt sofort löschen muss", meint der Unternehmer lapidar. Landesweit gibt es zehn Millionen Hektar Torfmoore - zwei Prozent der Fläche stehen unter Schutz und ebenso viel werden zur Energiegewinnung in den 60 Torfkraftwerken genutzt. Während der Anteil an der Primärenergie lediglich rund sechs Prozent beträgt, liegt der Anteil von Torf am Treibhausgasausstoß bei zirka 20 Prozent. Ökologisch ist der Abbau von Torf daher nicht unumstritten. Befürworter argumentieren jedoch, es werde weniger abgebaut, als in Finnland unter den klimatisch günstigen Bedingungen jährlich nachwachse.

Auch die neun Windkraftanlagen von Ratiperä gehören zum Gemeindegebiet von Jämijärvi. Eine davon haben die Besucher aus Geisenfeld Ende Juni in Augenschein genommen. Projektleiter Karl Schultheis hatte jede Menge detaillierte Informationen zu den im vergangenen Jahr von der deutschen Firma Nordex fertiggestellten Windrädern des Typs N121 parat. Mit drei Megawatt produziere ein Rad allein "genügend Strom, um mit einem Tesla 225 Millionen Kilometer weit zu fahren" erklärte er und verwies darauf, dass mit dem jährlich hier gewonnenen Strom, der ins finnische Netz eingespeist wird, der Bedarf von 4500 Haushalten gedeckt werden könne.
 

Maggie Zurek