Pfaffenhofen
Freie Wähler wollen Rechtspopulisten ausstechen

Albert Gürtner kämpft um einen Landtagssitz - und lässt sich beim Watten ein wenig in die Karten schauen

21.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:09 Uhr
Schon vor dem Beginn des eigentlichen Watt-Turniers zusammen mit den Bürgern hielten die FW-Politiker die Trümpfe in der Hand. Roland Weigert (von links), Rudolf Koppold, Albert Gürtner und Ludwig Bayer. −Foto: Steininger

Scheyern (PK) Gleich vier anstelle der üblichen "drei Kritischen" haben sich vor Kurzem im Scheyerer Bräustüberl getroffen, um bei einem Watt-Turnier die Positionen der Freien Wähler (FW) zu verdeutlichen. Denn auch bei den kommenden Landtagswahlen werden die Karten neu gemischt.

So traten denn auch je zwei Landtagskandidaten sowie zwei Bezirkstagskandidaten an, um mit den Bürgern ein gemütliches Watt-Turnier zu veranstalten, bei dem Geselligkeit und Miteinander den Vorrang vor politischer Kraftmeierei hatten. Die Vier griffen schon vor dem offiziellen Beginn des Watt-Turniers zu den Karten, da spielten die Landtagskandidaten Albert Gürtner, Stimmkreis Pfaffenhofen, sowie Roland Weigert für den Stimmkreis Neuburg/Schrobenhausen gegen die Bezirkstagskandidaten Rudolf Koppold (Pfaffenhofen) und Ludwig Bayer (Neuburg/ Schrobenhausen). Ähnlichkeiten zwischen den typischen Merkmalen des Wattens und dem Verhalten mancher Bundespolitiker sind nicht ganz abzustreiten. Dazu gehören nämlich das Bluffen, andere ins Aus schaffen oder das "Deuten" in Form von Zwinkern auf dem rechten oder linken Auge, das mit den Schultern zucken und andere, nonverbale Signale mehr.

Natürlich beherrscht auch Albert Gürtner, Kreisvorsitzender der Freien Wähler (FW), Stadtrat und Zweiter Bürgermeister Pfaffenhofens, das Watten. Gürtner sitzt auch im Aufsichtsrat der Städtischen Wohnraumbeschaffungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft (WBG), sowie im Aufsichtsrat der Wirtschafts- und Servicegesellschaft Pfaffenhofen (WSP). Seit dem Jahr 2014 ist er Mitglied im Kultur-, Sport-, Jugend- und Sozialausschuss der Stadt.

Laut aktuellem Stand der Wahlprognosen bevorzugen die Wähler Umfragen nach eine Koalition von CSU/FW mit geringem Vorsprung vor CSU/Grüne. "Die Grünen", kommentiert Gürtner diese Prognose, "tendieren vergleichsweise eher nach links, während wir Freien Wähler eher als konservativ gesehen werden. Die Bevölkerung will eine Politik der Mitte mit konservativen Kräften, dazu gehört auch die FDP, falls sie die Fünf-Prozent-Hürde schafft". Mit den Grünen hätte die CSU "viel Konfliktpotenzial, siehe Flughafen, Umweltschutz, Massentierhaltung, Flüchtlingspolitik" zählt Gürtner auf. Problemfelder, die die FW lösen wollen, gebe es auch im Landkreis, dessen Interessen ein Landtagsabgeordneter in München zu vertreten hat. "Wohneigentum ist für einen Normalverdiener kaum noch erschwinglich, die Konsequenzen daraus heißen mehr Baulandausweisung, mehr Verdichtung vorhandener Flächen und vor allem keine überzogenen Bauvorschriften beispielsweise bei Wärmedämmung oder Brandschutz, die alles verteuern", sagt er. Deshalb tritt er mit Nachdruck ein für ein Einheimischenmodell mit niedrigeren Baulandpreisen, um den abgestammten Bürgern Wohneigentum in ihrer Heimat zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang verweist Gürtner auf die Abschaffung der Straßenausbau-Beitragssatzung, die die FW mit Hilfe eines Volksbegehrens initiiert haben - "das ist wahre Politik für den Bürger".

Nach Abschaffung der Studiengebühren dank Initiative der FW ist deren nächstes Ziel, die Eltern von Kita-Gebühren zu entlasten. "Denn schon in den Kitas wird Bildung vermittelt und die darf nicht abhängig sein vom Einkommen der Eltern, wir brauchen gleiche Chancen für alle", so Gürtner.

Kritisch sieht er auch die Entwicklung zu landwirtschaftlichen Großbetrieben am Beispiel der Hähnchen-Mastanlage in Eschelbach. "Da wird die bäuerliche Privilegierung ad absurdum geführt und das Landratsamt hat bei der Genehmigung wenig Fingerspitzengefühl bewiesen. Besser einen normalen Landwirt so unterstützen, dass er von seiner Arbeit leben kann, Tierfabriken und landwirtschaftliche Industriebetriebe dagegen machen unsere Kulturlandschaft kaputt". Das Ehrenamt und seine Bedeutung für das Allgemeinwohl liegt Gürtner besonders am Herzen. "Ein Ort ohne Wirtshaus, Feuerwehr, Vereine oder Pfarrheim lebt nicht mehr", sieht er mit Sorge. Hier nimmt er das Land in die Pflicht, Unterstützung zu leisten, für Vereins- oder Pfarrheime zum Beispiel. Er selbst habe vom Klassensprecher bis zum Koch im Kinder-Zeltlager, als Pfarrgemeinderat oder Organisator des Nikolaus-Dienstes viele Jahre Ehrenämter ausgeübt, fast 30 Jahre war Gürtner als Erster oder Zweiter Vorstand für den MTV Pfaffenhofen mit seinen mehr als 3000 Mitgliedern tätig.

Überhaupt müsse mehr kulturelle Ausgewogenheit zwischen Stadt und Land erreicht werden. "Gleichwertige Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land sind ein wichtiges Thema für uns Freie Wähler". Auf den Landkreis bezogen sieht er die FW in einer starken Position. "Die FW sind in einzelnen Kommunalparlamenten stark vertreten, stellen zwei Bürgermeister, mehrere Vize- und Dritte Bürgermeister und haben gute, erfolgreiche Arbeit geleistet". Dass Scheyern, Hohenwart und Gerolsbach nicht mehr zum Stimmkreis Pfaffenhofen gehören, ist laut Gürtner sehr nachteilig. "Früher hatte die Region 10 drei Wahlkreise mit rund 120000 Wahlberechtigten, durch die Stimmkreisreform, die Horst Seehofer (CSU) initiiert hatte, sind daraus vier Wahlkreise geworden. Für Pfaffenhofen bedeute das einen Rückgang der Stimmberechtigten um rund 30 Prozent und für die FW somit auch weniger Landtags- und Bezirkstagsabgeordnete.

Zu seiner persönlichen Erfolgsbilanz zählt Gürtner seinen maßgeblichen Einsatz bei der Gründung der Stadtwerke, dem Kauf der Herionhalle als Heimat für Kunst und Skater, der Gartenschau, beim Bau des Beachvolleyballplatzes beim Freibad, bei der Gründung der Altenpflegeschule und anderes mehr.

Albert Gürtner ist "gebürtiger Pfaffenhofener, genau genommen Mitterscheyerer", und hat nach seiner Schulzeit an Realschule sowie Fachoberschule an der Fachhochschule in München Wirtschaftsingenieurwesen mit Abschluss Diplom-Wirtschaftsingenieur studiert. Beruflich arbeitet Gürtner seit 34 Jahren bei einem heimischen Nahrungsmittelhersteller. Er hat zusammen mit Ehefrau Rosemarie Tochter Sheila (27) sowie Sohn Tim (17). In seiner Freizeit fährt er Rad, joggt oder geht mit seiner Frau spazieren oder er kümmert sich um seine rund 75 Kakteen, von ganz kleinen bis hin zum "Schwiegermutterstuhl". Seine persönlichen Stärken bezeichnet er auf Nachfrage als "teamfähig, ohne Starrsinn und kompromissbereit, was andere Meinungen anbelangt." Als seine Schwächen empfindet er, "dass ich manchmal zu ruhig bin, nicht der große Wortführer und ohne Drang zum Selbstdarsteller". In der Kommunalpolitik fokussieren sich aber alle auf den Ersten Bürgermeister als "Macher, der alles umsetzt", dabei sei der auch nur Teil eines Teams, das Entscheidungen gemeinsam erarbeite und umsetze.
 

Hans Steininger