Pfaffenhofen
Vom Testballon zur Amtszeitverkürzung

Martin Wolf erhält nach seinem Rückzugsantrag vor allem von der Opposition lobende Worte

18.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:27 Uhr
Martin Wolf räumt seinen Stuhl. Nach der Kommunalwahl 2020 wird er als Landrat abtreten. −Foto: Wenisch

Pfaffenhofen (PK) Martin Wolf (CSU) hat es spannend gemacht. Wann würde er endlich seine Amtszeitverkürzung einreichen? Diese Frage haben sich in den vergangenen Wochen viele Kreispolitiker und auch Mitarbeiter des Landratsamts gestellt, schließlich gilt es Fristen zu wahren. Wenn Wolfs Antrag nicht spätestens in der letzten Sitzung der Sommerpause behandelt wird, wäre eine Sondersitzung des Gremiums notwendig, um die Amtszeiten von Landrat und Kreistag wieder in Einklang zu bringen.

Am 13. Juni veröffentliche das Landratsamt schließlich die Tagesordnung für die letzte Sitzung des Kreisausschusses vor der Sommerpause, in dem die wichtigsten Kreisthemen vorberaten werden - und von Amtszeitverkürzung war darauf keine Spur. Am Montag dann aber gab es Entwarnung für alle Kreisräte, die um ihren Sommerurlaub fürchteten: "Sitzung des Kreisausschusses - Ergänzung der Tagesordnung" hieß es in einer Mail. Unter Tagesordnungspunkt 7 soll demnach am kommenden Montag über "Vorzeitige Beendigung der Amtszeit des Landrats" beraten werden. Am 8. Juli soll dann der Kreistag zustimmen.

Er werde nach dem Ende seiner Amtszeit zurück ins Landwirtschaftsministerium wechseln, sagte Wolf. Das sei für ihn persönlich schon deswegen wichtig, weil er nach seiner verkürzten Amtszeit seine Pensionsansprüche sichern müsse, sagte Wolf. Aber er wolle im Ministerium nicht nur auf den Ruhestand warten: "Ich will noch was bewegen", sagte er und fügte mit einem Lachen hinzu: Das wüssten auch die Kollegen im Ministerium schon.

Langweilig dürfte es Wolf in den kommenden Monaten und Jahren aber ohnehin nicht werden. In der vergangenen Woche wurde er erstmals Opa - und dann gleich im Doppelpack. Seine Schwiegertochter brachte Zwillinge zur Welt. Der scheidende Landrat legt aber auch wert darauf, dass er jetzt nicht auf Abschiedstour geht, sondern sein Amt bis zum letzten Tag voll ausüben will. Er werde daher bei Terminen bewusst keine Abschiedserklärungen abgeben.

Dass an Wolfs Zusage zur Amtszeitverkürzung unter der Hand zuletzt leise Zweifel aufgekommen waren, dürfte auch mit der Vorgeschichte zusammenhängen. Denn Wolf hatte schon einmal einen Rückzieher angedeutet. Nachdem andere Parteien bei Wolfs Wiederwahl 2017 wegen dessen Zusicherung zur Verkürzung auf einen Gegenkandidaten verzichtet hatten, erklärte der Landrat im August 2018 im PK-Interview, dass er doch über eine volle Amtszeit nachdenke. Sein Umdenken hatte er mit seinem persönlichen Schicksal begründet, nachdem Wolf im April 2017 bei einem Motorradunfall schwer verletzt worden war und die Amtsgeschäfte lange Zeit ruhen lassen musste. Nach teils heftigen Reaktionen ruderte Wolf zurück und bezeichnete die Äußerungen als "Testballon". Nun also macht Wolf seine Ankündigung amtlich.

Die Reaktionen auf Wolfs Rückzugsschreiben waren von Respekt geprägt. Der CSU-Landtagsabgeordnete und Kreischef Karl Straub zollte dem scheidenden Landrat für seinen Schritt noch einmal Anerkennung. Wolf habe zwar angekündigt, die Amtszeiten von Kreistag und Landrat wieder zusammenzuführen, durch seinen Motorradunfall und seinen monatelangen Ausfall habe es in Wolfs Leben aber einen tiefen Einschnitt gegeben. Daher sei die vorzeitige Amtsaufgabe sehr respektabel, sagte Staub.

SPD-Kreischef Markus Käser erklärte, bei verschiedenen Themen wie dem Klimaschutz oder der Bildung sei Wolf der Opposition inzwischen näher als der eigenen Partei. "Er hat als schwärzester Landrat in der Geschichte des Landkreises begonnen und hat als Grün-Roter aufgehört. Das ist eine gute Entwicklung", sagte er. Bei diesem Kurs könne Wolf auch bis zum Ende seiner Amtszeit mit der Unterstützung der SPD rechnen. Nun stelle sich nach vielen Jahren im Landkreis wieder ein politischer Normalzustand ein. Dass die Wahlen von Landrat und Kreistag nicht gemeinsam stattgefunden hätten, habe sicher auch zur Entfremdung zwischen Wolf und seiner Partei beigetragen.

So weit, den Landrat als einen der ihren zu sehen, will Grünen-Fraktionschefin Kerstin Schnapp nicht gehen. Wolf sei immer noch ein CSUler, aber "einer der vernünftigen Schwarzen", sagte sie. Gerade bei den Themen Asyl, Windkraft und Klima habe sich Wolf gegen einen Großteil seiner Partei gestellt. Das Thema Verkehr sei Wolf dagegen nicht beherzt genug angegangen. Er setze zu viel auf Umgehungsstraßen und zu wenig auf den ÖPNV.

Ähnlich äußerte sich ÖDP-Fraktionschef Reinhard Haiplik. "Es überwiegt Licht über Schatten", erklärte er zu Wolfs Amtszeit. Er begrüßte Wolfs "spontante Konversion zum Klimaschutz", hätte sich aber zugleich gewünscht, dass sich Wolf noch mehr von der CSU abgesetzt hätte, sagte Haiplik.

Für FW-Kreisfraktionschef Max Hechinger war die Schwerpunktsetzung Wolfs zum Ende seiner Amtszeit zu einseitig. Dass er Klima und Umwelt auf die Agenda gesetzt habe, sei sei sicher richtig, aber "man muss das in Einklang bringen mit der wirtschaftlichen Entwicklung". Dieses Thema sei zuletzt vernachlässigt worden, obwohl es bereits Anzeichen für einen Abschwung gebe.

Die FDP kritisierte vor allem den Umgang der CSU mit Wolf. Wie ihm die eigene Partei zuletzt das Vertrauen entzogen habe, "das fand ich nicht schön", sagte der Fraktionsvorsitzende, Thomas Stockmaier. Wolf habe das Landratsamt im großen und ganzen solide geführt, auch wenn er manche Entscheidungen wie den Beschluss gegen einen Klinikneubau bedauere.

 

WOLFS ANTRAG IM WORTLAUT

„Am 7. Mai 2017 wurde Herr Landrat Martin Wolf im Amt des Landrats des Landkreises Pfaffenhofen a.d.Ilm. bestätigt. Damit ist er gem. Art. 42 Abs. 1 S. 1 GLKrWG für eine Amtszeit von sechs Jahren gewählt. Die nächste allgemeine Gemeinde- und Landkreiswahl in Bayern findet jedoch am Sonntag, 15. März 2020, statt. Um dem Wunsch nach einer Angleichung der Amts-zeit des Landrats an die Amtszeit des Kreistags, die auch dem gesetzlichen Leitbild entspricht, Rechnung zu tragen, stellt Herr Landrat Martin Wolf den Antrag, der Kreistag des Landkreises Pfaffenhofen a.d.Ilm. möge beschließen, dass seine Amtszeit vorzeitig mit dem Ablauf der Amtszeit des Kreistages endet.“

Daniel Wenisch