Pfaffenhofen
Import aus den USA: Pilotprojekt im Hopfenland

Versetzt Spuren: Bei Sanierung der A9 kommt deutschlandweit erstmals ein Roadzipper zum Einsatz

17.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:37 Uhr
Wie ein Reissverschluss: Der Roadzipper versetzt mit seinen Laufrädern die Elemente der Betonschutzwand. Die Maschine kommt aus den USA und ermöglicht ein modernes Baustellenmanagement, das beim Pilotprojekt im Kreis Pfaffenhofen in den kommenden zwei Jahren zum Einsatz kommt. −Foto: Ermert

Pfaffenhofen (PK) In Schrittgeschwindigkeit rollt das gelbe Monstrum über den Asphalt. Seine Laufräder greifen links die ersten Elemente der Betonschutzwand, führen sie unter dem Gefährt durch nach rechts - und stellen die Trennwand dort wieder ab. "Das Fahrzeug ist simpel, hat keine Elektronik an Bord - daher drohen so gut wie keine Pannen", verrät Gilbert Locher, Geschäftsführer von Sitec Verkehrstechnik. Auch daher ist der bayerische Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU) vom Roadzipper bei der Präsentation auf dem Autobahnparkplatz Rohrbach-Ottersried begeistert.

In den kommenden beiden Jahren werden Autofahrer zwischen Ingolstadt und München das gelbe Gefährt häufig zu Gesicht bekommen. Täglich versetzt der Roadzipper die Schutzplanke zweimal von links nach rechts, um entweder Richtung Ingolstadt (vormittags) oder Richtung München (abends) das Fahren auf drei Spuren zu ermöglichen. Denn die A9 zwischen dem Dreieck Holledau und der Anschlussstelle Langenbruck wird ab Mitte Dezember bis Ende 2021 in beide Richtungen generalsaniert (siehe Kasten). Erhebliche Verkehrsbehinderungen stehen dann auf der Tagesordnung. Staus werden nicht ausbleiben. "Aber der Roadzipper ermöglicht uns ein hochmodernes Baustellenmanagement", sagt Reichhart. Auf einem Video hat der Verkehrsminister die in den USA entwickelte Maschine erstmals im Einsatz gesehen. "Jetzt können wir diese tolle Technik endlich auch in Deutschland einsetzen", fährt er fort. "Denn gerade auf unseren Autobahnen brauchen wir eine intelligente Raumnutzung." So steigt Reichhart begeistert ins Führerhaus, setzt sich ans Steuer, lässt sich die Technik erklären - und steigt schließlich an der Seite von Michael Kordon, dem Präsidenten der Autobahndirektion Südbayern, dem Roadzipper aufs Dach, um von oben den Probelauf zu verfolgen.

In einem ersten Schritt kommt der Roadzipper vom Typ RTS 200 ab Dezember auf einer Länge von 3,1 Kilometern zum Einsatz. Im Februar kommen weitere 6,3 Kilometer hinzu. Ab dann wird die A9 auf der 9,4 Kilometer lange Strecke, die quer durch den Landkreis Pfaffenhofen führt, vollständig überholt. Das Gefährt bringt dann internationales Flair in die Holledau. "So eine Maschine ist zum Beispiel auf der Golden Gate Bridge im Dauereinsatz", berichtet Gilbert Locher. "Damit in der Früh die Pendler auf vielen Spuren nach San Francisco hineinkommen, und am Abend schnell wieder hinaus." Die Verkehrsführung auf der weltberühmten Brücke war also irgendwie sogar Vorbild für dieses deutschlandweite Pilotprojekt im Hopfenland. "Denn wir sind hier gerade wegen der Holledaubrücke ebenfalls in arger Platznot", sagt Josef Seebacher, der Sprecher der Autobahndirektion Südbayern.

Dieses moderne Management der Baustelle, das bei Weitem fortschrittlicher sei als etwa das Vorgehen an der Baustelle bei Allersberg, wo Bauarbeiter die Absperrungen noch per Hand versetzen müssen, eröffne zahlreiche Vorteile. Locher fasst sie zusammen: "Da geht es um Mitarbeiterschutz, das Vermeiden von Staus und um das Verkürzen der Bauzeit - und somit auch das Reduzieren von Kosten." Technisch sei das spannend, ergänzt Reichhart. "Endlich können wir diese positive Technik ausprobieren. Ich freue mich auf den Tag, wenn's losgeht."

Die Kosten sind derweil erheblich. Etwa acht Millionen Euro bezahlt die Autobahndirektion für den Roadzipper, seine Fahrer und die speziellen Schutzplanken. Damit das Pilotprojekt eine Erfolgsgeschichte werden könne, so Kordon, sei aber auch Rücksicht der Autofahrer gefragt. "Schneller als 80 darf durch die Baustelle keiner fahren", sagt er und kündigt notfalls viele Blitzer an. Und dann wäre es auch vorteilhaft, wenn Pendler und Reisende den Roadzipper beim Vorbeifahren nicht fotografieren und filmen, sondern sich auf den Verkehr konzentrieren würden. "Am Anfang wird das nicht ausbleiben, weil er ein Hingucker ist", schätzt Locher. In Wien, beim ersten Einsatz des Geräts, sei es nicht anders gewesen. "Aber das spielt sich ein - und dann ist der Zipper eine Normalität."

DIE SANIERUNG DER A9

Die Vorarbeiten für die Sanierung der A9 zwischen dem Dreieck Holledau und der Ausfahrt Langenbruck laufen seit Mitte Juni - allerdings bisher nur entlang der Autobahn (Behelfsausfahrten, Bankettbefestigungen, Schutz von Ökoflächen). Die Einrichtung der Baustelle beginnt Mitte November, die Fahrbahnsanierung startet am 1. Dezember.

Im ersten Jahr der "Erhaltungsmaßnahme", wie die rund 130 Millionen Euro teure Generalsanierung offiziell heißt, wird die Fahrtrichtung Nürnberg angepackt; 2021 folgt die Spur nach München. Der Verkehr läuft dabei auf einer Länge von 9,4 Kilometern jeweils auf dem anderen Autobahnstreifen, der dazu in fünf schmale Spuren unterteilt wird. Die Lkw-Spuren sind jeweils 3,17 Meter breit, die Überholspuren 2,70 Meter. Die 2,90 Meter breite Mittelspur ist von der Fahrtrichtung her variabel. Vormittags führen somit drei Spuren nach Ingolstadt, abends drei Spuren nach München. Die Abtrennung versetzt der Roadzipper täglich zwischen 11 und 13 Uhr sowie zwischen 21 und 23 Uhr - und die Geschwindigkeit wird auf 80 Kilometer pro Stunde beschränkt.

Parallel werden zwölf Autobahnbrücken erneuert. Deren Abriss startet im Januar. Welche Brücken in welchen Zeiträumen gesperrt und wo die Umleitungen eingerichtet werden, erläutert die Autobahndirektion auf www.a9-erhaltung.de. Die Inhalte werden wöchentlich aktualisiert.

Patrick Ermert