Pfaffenhofen
Gemeinsam zurück ins Leben

Seit 15 Jahren gibt es die Selbsthilfegruppe für Betroffene nach Schlaganfall und Hirnschädigungen

08.10.2019 | Stand 23.09.2023, 8:53 Uhr
Mit Infoständen und anderen Aktionen macht die Selbsthilfegruppe für Betroffene nach Schlaganfall und Hirnschädigung und Angehörige auf sich aufmerksam. Außerdem unternehmen die Mitglieder immer wieder Ausflüge und stellen andere Termine auf die Beine. Die Gruppe gibt es inzwischen seit 15 Jahren. −Foto: Selbsthilfegruppe

Pfaffenhofen (PK) Am 23. Juli 2004 wurde die Selbsthilfegruppe für Betroffene nach Schlaganfall und Hirnschädigung und Angehörige im Landkreis Pfaffenhofen gegründet. Eine Gruppe, die sich heute als offene Gemeinschaft versteht, die einen persönlichen Erfahrungsschatz aufweist - und diesen gerne an jeden weitergibt, der ihn benötigt.

 


Damals im Juli trafen sich Sozialpädagogin Hiltrud Leber, Fachhauswirtschafterin für ältere Menschen Brigitte Ehrmayr und Kraftfahrer Albert Schmeller in den Räumen des Seniorenbüros Pfaffenhofen und hoben die Selbsthilfegruppe aus der Taufe und bis heute sind sie alle noch engagiert dabei. "Wir verstehen, helfen und stärken uns gegenseitig und werden zusammen aktiv", das ist ihre Devise schon immer gewesen.

"Das Zehnjährige haben wir nicht groß gefeiert, nur im engsten Kreise. Aber das 15-jährige Bestehen soll größer begangen werden." Darauf freut sich Hiltrud Leber schon, obwohl sie als Ansprechpartnerin dieser Selbsthilfegruppe mitten im Vorbereitungsstress steckt, bei dem sie aber von einer sechsköpfigen Arbeitsgruppe unterstützt wird.

Am Mittwoch, 16. Oktober, um 18 Uhr ist es so weit. "Es wird im Großen Sitzungssaal im Landratsamt Pfaffenhofen gefeiert, mit Vertretern aus all den Berufsgruppen, die mit der Erstversorgung, der Behandlung und der Nachsorge zu tun haben", berichtet Leber von den Planungen. Vertreter des Seniorenbüros feiern natürlich auch mit, denn das Seniorenbüro ist von Anfang an die Heimstätte der Selbsthilfegruppe und dort finden auch die monatlichen Gruppentreffen statt. 167-mal hat man sich seit der Gründung getroffen, eine stattliche Zahl, auf die man mit Stolz zurückblickt.

"Diese Selbsthilfegruppe ist mein Kind", sagt Hiltrud Leber und man merkt, wie viel Herzblut von ihr in dieser Selbsthilfegruppe steckt. Angefangen hat alles bereits im Jahr 2001, als sie bei Zamor Ingolstadt, einer Beratungstelle nach Schlaganfall und Hirnschädigung, als Sozialpädagogin anfing zu arbeiten. Zamor berät im nördlichen Oberbayern, in der Stadt Ingolstadt und in den Landkreisen Neuburg-Schrobenhausen, Eichstätt, Freising, Dachau und ist auch in Pfaffenhofen vertreten - und so kam Hiltrud Leber, die in Rohrbach mit ihrer Familie lebt, alle zwei Wochen zu einer Sprechstunde ins Seniorenbüro Pfaffenhofen.

"Und da haben mich dann zwei Betroffene angesprochen und den Wunsch nach einer Selbsthilfegruppe geäußert, was ich dann in die Wege leitete. So war die Selbstgruppe geboren." Diese Gruppe, die für jeden offen ist, wuchs im Laufe der Jahre auf 44 Mitglieder an, die im Alter von 18 bis 80 Jahren sind: 30 Betroffene, deren Erkrankung auf Schlagfall, Hirnblutung, Gehirntumor oder Schädel-Hirn-Trauma zurückzuführen ist, 13 Angehörige und eine fachliche Ansprechpartnerin. "Die Gruppe ist offen, man ist da zu nichts verpflichtet. Wer einen schlechten Tag hat, der kommt halt dann nicht."

 

Die Treffen dienen zur Aufklärung rund um die Hirnschädigung, dem Austausch über soziale, rechtliche und therapeutische Hilfen, der gegenseitigen Unterstützung und Motivation, der praktischen Lebenshilfe und somit der Wiedereingliederung in den Alltag.

"Ein Schlaganfall bringt meistens physische, psychische und soziale Veränderungen mit sich. Nicht nur bei den Betroffenen, auch bei den Angehörigen", erklärt Hiltrud Leber. "Unser Ziel nach der Entlassung aus der Rehabilitations-Klinik ist, dass wir sowohl die Betroffenen als auch die Angehörigen durch die Einbeziehung in das Gruppenleben aus der Isolation herausholen, ihnen Möglichkeiten zu mehr Lebensqualität aufzeigen, die sie dann selbst mitgestalten können."

Man bietet Ausflüge, Vorträge, Teilnahme an Info-Ständen, Theater- und Kinobesuche, Gesprächsrunden, Schafkopfrunden oder die Teilnahme am Malkurs für neurologisch erkrankte Menschen bei der Volkshochschule an. "Alleine würden sich viele diesen Herausforderungen nicht stellen. Aber in der Gruppe ist alles leichter und man gewinnt dadurch wieder neuen Schwung und Mut, was sehr wichtig ist", verrät Hiltrud Leber. "Wir bekommen in der Gruppe viele Schicksalsschläge mit, aber wir erfahren und erleben auch die Hoffnung und Zuversicht, dass es ein zweites lebenswertes Leben gibt, für das sich alle Mühen lohnen. Die Betroffenen in der Selbsthilfegruppe sehen das genauso und auch die Angehörigen, die auf ihre Weise ja auch betroffen sind."

Aufgrund ihrer täglichen beruflichen Erfahrung in der Beratungsstelle nach Schlaganfall und Hirnschädigung kann sich Hiltrud Leber, die in der Selbsthilfegruppe ehrenamtlich tätig ist, heute gut in die Lebenswelt nach so einem Schicksalsschlag einfühlen. Die Menschen in der Selbsthilfegruppe sind ihr in dieser Zeit sehr ans Herz gewachsen.

Zuvor hat sie ganz was anderes auf die Füße gestellt. Sie hat an ihrem Wohnort in Rohrbach den Jugendtreff "Let's fetz" aufgebaut, hat das Konzept dafür geschrieben und den Jugendtreff drei Jahre lang geleitet.

Der berufliche Wiedereinstieg nach der Elternzeit erfolgte im Gesundheits- und Behindertenbereich. Die hier erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen werden in der Selbsthilfegruppe vermittelt. Wie sich diese entwickelt hat, werden Betroffene und Angehörige beim Festakt berichten.

Anna Ermert