Pfaffenhofen
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HÄUSER ERZÄHLEN GESCHICHTEN: Das liebevoll restaurierte Weberhäusl

17.05.2020 | Stand 23.09.2023, 12:03 Uhr
Ursula Beyer
Klein, aber oho: Das Weberhäusl am Draht 8. −Foto: privat

Pfaffenhofen - Das eher unscheinbare Weberhäusl am Draht in Pfaffenhofen hat sogar einen eigenen Eintrag bei der Internet-Enzyklopädie Wikipedia - unvorstellbar in der Zeit, in der das schlichte Haus entstand.

 

Der Straßenname hat übrigens nichts mit dem Metalldraht zu tun, sondern kommt von "treten". Die "Trat" war Weideland, auf dem die Kühe sich die Füße vertraten.

Schon zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges stand hier eine Behausung, die wohl 1704 abbrannte, als in den Wirren des spanischen Erbfolgekriegs die Vorstadt angezündet wurde, weil die Stadt die Tore nicht öffnete. Bei Ausgrabungen wurden am Fundament die Brandspuren gefunden, und dendrochronologische Untersuchungen an den Dachbalken haben ergeben, dass das Holz im Winter 1704/1705 geschlagen und frisch verarbeitet wurde. Das Weberhäusl ist also über 300 Jahre alt. Es ist eines der letzten erhaltenen Greddachhäuser, das sind typisch nordbayerische Kleinbauernhäuser.

Greddachhäuser sind gekennzeichnet von einem überstehenden Dach über der "Gred". Diese Gred ist die gepflasterte, breite Stufe entlang der Eingangsseite des Hauses. Hier konnte man zum Beispiel seine schmutzigen Schuhe und Stiefel ausziehen, wenn man von der Stall- oder Feldarbeit kam, und sie im Schutz des Vordachs stehen lassen. Der typische kleine Anbau diente ursprünglich als Austragshäusl, in dem die Alten ihren Lebensabend verbringen konnten, wenn die nächste Generation übernommen hatte.

Das Weberhäusl haben in der Vergangenheit immer einfache Leute bewohnt: sogenannte Tagwerker, die bei fremden Bauern für Lohn arbeiteten, auch ein Webergeselle, ein Spenglergehilfe und zuletzt eine Schneiderin. Danach nutzte die Stadt es als Archiv, und als sie es 2008 verkaufen wollte, fand sich eine Liebhaberin, die mit alten Dingen Erfahrung hat: die Restauratorin Maria Cetinbas. Sie hat das Haus mit viel Geduld vorbildlich restauriert und wurde dafür zweimal mit renommierten Preisen ausgezeichnet: mit dem Denkmalpreis der Hypo-Kulturstiftung und dem Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege. Schon dreimal hat sie am Tag des offenen Denkmals ihr Haus für Besucher geöffnet. Die konnten endlich ihre Neugier stillen uns waren sehr angetan von der liebevollen Restaurierung und der freundlichen Atmosphäre.

Zur Autorin: Ursula Beyer (71) ist Gymnasiallehrerin im Ruhestand und als Vorsitzende des Heimat- und Kulturkreises engagiert sie sich ehrenamtlich für den Denkmal- und Ensembleschutz in der Stadt Pfaffenhofen. In dieser Serie erzählt sie die Geschichten markanter Gebäude und Baudenkmäler in Pfaffenhofen.

PK

Ursula Beyer