Pfaffenhofen
Friedhofschristus hängt wieder am Kreuz

Auf Initiative von Helmut Stadler: Bernd Holderried restauriert Jesusfigur aus dem Jahr 1849

31.08.2018 | Stand 23.09.2023, 3:57 Uhr
Das Leiden Christi: Heinrich Wimmer nagelt - unterstützt von Ferdinand Maltan ? die restaurierte Jesusfigur wieder ans Kreuz am Altenstadt-Friedhof. −Foto: Ermert

Pfaffenhofen (PK) Eine alte Freundschaft hat den Pfaffenhofener Friedhofsgängern eine besondere Freude beschert: Die zuletzt stark verwitterte Christusfigur hängt seit dieser Woche wieder an ihrem Kreuz auf dem Friedhof an der Altenstadt - in alter Frische, gereinigt, neu bemalt und hübsch vergoldet.

Helmut Stadler, der längjährige Stadtrat und Friedhofsreferent, hat sich das Elend schon seit längerer Zeit kaum noch anschauen können. "Die wundervolle Figur war ganz schwarz und total verkommen", erzählt er. Im vergangenen Jahr ist er daher bei den Stadtwerken vorstellig geworden, die für den Friedhof seit der Ausgliederung des Kommunalunternehmens aus der städtischen Verwaltung zuständig sind. "Ich bin da sogleich auf offene Ohren gestoßen - und wir haben zwei Angebote eingeholt, um die Figur wieder auf Vordermann zu bringen", so Stadler.

Eines der Angebote war unschlagbar. Bernd Holderried, der bekannte Pfaffenhofener Restaurator und Kirchenmaler, hat sich sofort berufen gefühlt. "Das ist mein Christus, sag ich immer", erzählt der 78-Jährige, der schon lange in Rente ist, und seither nur noch jene Aufträge annimmt, die ihm Spaß machen und die er einfach gerne übernimmt. "Ich bin in Pfaffenhofen groß geworden - und da ist es für mich selbstverständlich, dass ich so eine ehrenvolle Aufgabe kostenlos übernehme", fügt Holderried an.

Da war Helmut Stadler natürlioch baff. Die beiden Herren verbindet eine ganz besondere Männerfreundschaft. Sie sind zusammen am Riederweg aufgewachsen. "Wir haben schon als Kinder zusammen Schusser gespielt", erzählt Stadler aus der Erinnerung. Natürlich hat sie das Leben später getrennt, aber die Freundschaft ist geblieben. Und nach einiger Zeit kam dann sogar wieder die räumliche Verbundenheit. "Heute leben wir als Nachbarn direkt gegenüber an der Gritschstraße", führt Stadler weiter aus.

Holderried hat dort seine ganz persönliche Werkstatt. Und dahin ließ er den "Friedhofschristus", wie die Figur von vielen alten Pfaffenhofenern liebevoll genannt wird, nach einer intensiven Reinigung durch die Stadtwerke-Mitarbeiter schaffen. Die schwarze, unansehnliche Patina der Figur, die auch einer Frau aufgefallen war, die sich erst heuer bei Bürgermeister Thomas Herker darüber beklagt hatte, war da bereits Vergangenheit. "Der Christus war ganz weiß, nachdem er abgestrahlt wurde", erzählt Holderried. Herker sei laut Stadler natürlich hocherfreut gewesen, dass das ihm geschilderte Problem mit der Christusfigur bereits gelöst war. Und Holderried machte sich diesen Juni auch gleich mit Feuereifer an die Arbeit. Ganz einfach war das nicht. "Die Figur ist wahnsinnig schwer. Ich habe sie in der Werkstatt kaum bewegen können - aber irgendwie hat es dann schon geklappt", meint er.

Der Christus ist zwar innen hohl, aber besteht aus einem ausgesprochen dickwandigen Guss. Die Figur hängt seit 1849 am Friedhofskreuz an der Altenstadt - und angeschafft wurde sie laut Stadtarchivar Andreas Sauer nach einer Sammlung in der Bevölkerung, die Magistratsrat Prechter und Kirchenpflegschaftsrat Enzinger kurz zuvor gestartet hatten. Ursprünglich stand seit 1830 an dieser Stelle im 1792 eröffneten Friedhof nämlich ein Holzkreuz. Aber das war nur knapp zwei Jahrzehnte später schon komplett verwittert, sodass ein Austausch notwendig wurde. Exakt 85 Gulden und 14 Kreuzer sind bei der Sammlung zusammengekommen - und dann wurde ein Angebot bei der Gießerei des Königlichen Berg- und Hüttenamts Bodenwöhr (Oberpfalz) eingeholt. 181 Gulden kostete das 7,5 Meter hohe Kreuz. Sein Gewicht liegt bei 75 Zentnern. Der damalige Stadtrat entschied sich, das Angebot anzunehmen. Den Differenzbetrag entnahm er aus dem Fond der Heilig Geist- und Gritsch'schen Fundation, der sonntäglichen Almosenstiftung und der Stadtkasse, berichtet Sauer aus den Quellen. Die Kirchenverwaltung verweigerte damals sogar, die Frachtkosten von 19 Gulden zu übernehmen, sodass der Magistrat eine neuerliche Sammlung starten musste. Ein Fuhrmann brachte das Kreuz schließlich aus dem Bayerischen Wald nach Pfaffenhofen. Und als Johann Nepomuk Echerer das Schamtuch, das sich um die Lenden der Christusfigur schlingt, für 33 Gulden vergoldet hatte, konnte das Kreuz im Spätherbst endlich aufgestellt werden.

Dieser Vorgang hat sich diese Woche am Altenstadtfriedhof wiederholt. Das Kreuz stand zwar noch an Ort und Stelle. Aber die Christusfigur wurde von den Stadtwerke-Mitarbeitern Heinrich Wimmer und Ferdinand Maltan erneut ans Kreuz "genagelt". Zuvor hatte Kirchenmaler Bernd Holderried auf den "weißen Christus" eine Vielzahl von Farbschichten aufgebracht. Über Wochen hinweg bemalte er ihn zunächst ganz hautfarben, ehe die dunkleren Konturen - etwa an den Rippen - folgten. "In Bayern darf bei einem gekreuzigten Christus auch das Blut an den Wunden nicht fehlen, es gehört hier einfach dazu", erklärt Holderried dieses eher martialische Element. Und letzten Endes nahm er sich noch des Schamtuchs an - und vergoldete es neu. All diese Arbeiten wollte sich Holderried partout nicht bezahlen lassen. "Pfaffenhofen ist meine Heimat. Ich fühle mich hier seit 75 Jahren pudelwohl. Da mach ich das gerne - und da kostet so etwas auch nix."

Patrick Ermert