Paunzhausen
Flachdach-Verbot gekippt

Die Gemeinde Paunzhausen will ein möglichst homogenes Ortsbild, scheitert aber vor Gericht

12.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:22 Uhr
Der Rohbau steht schon, nur welches Dach auf das Haus der Familie Huber kommt, war bislang unklar. −Foto: Huber

Paunzhausen/München (PK) Das Flachdachverbot in Paunzhausen ist gescheitert. Das Verwaltungsgericht München hob gestern eine entsprechende Satzung der Gemeinde auf. Geklagt hatte eine Familie aus dem Ortsteil Walterskirchen, die nun ihr Wohnhaus in modernem Design bauen dürfe, wie Gemeindegeschäftsführer Johann Vachal erklärte.

Bereits während der Verhandlung am Dienstag hatte das Gericht erhebliche Zweifel am rechtmäßigen Zustandekommen der Gestaltungssatzung, die unter anderem Flachdächer und Zeltdächer auf Wohn- und Gewerbebauten verbietet und bestimmte Farben für die Dachgestaltung in der gesamten Gemeinde Paunzhausen vorschreibt, durchblicken lassen. Dem Paunzhausener Bürgermeister Hans Daniel (Freie Wähler) warf Richterin Andrea Breit vor, sich nur "nebulös" zu äußern, wenn es darum gehe, wie er bei einer Bestandsaufnahme der Bauten in der Gemeinde vorgegangen sei. Eine solche Ortsbildanalyse aber sei Voraussetzung für eine Gestaltungssatzung.

Daniel hatte zuvor angegeben, dass er "mit der Fraktion herumgefahren" sei und "alles angeschaut" habe. "Wir haben im ganzen Gemeindegebiet kein einziges Flachdachhaus", so sein Resümee. Vachal dagegen sprach davon, dass Paunzhausen eine überschaubare Gemeinde sei und die Gemeinderäte die Häuser dort ohnehin kennen würden.

Mithilfe der Satzung wollte der Gemeinderat das "dörflich-bayerische Gestaltungsbild" Paunzhausens erhalten, erklärte Daniel. Als Negativbeispiel für ein Flachdachhaus legte er ein Foto eines Gebäudes aus der Gemeinde Allershausen vor. Paunzhausen habe sich die Frage gestellt: "Wie kann man so etwas bei uns verhindern, so dass wir das bei uns nicht ertragen müssen?" Dieses Haus sei auch der Auslöser für die Satzung gewesen, sagte Daniel.

Genau das aber zogen die Kläger, die Familie Huber aus Walterskirchen, in Zweifel. Denn für Streit sorgte vor allem der Zeitablauf beim Aufstellen der Satzung. Diese wurde wenige Tage, nachdem Wilhelm Huber im Mai 2017 seinen Bauantrag eingereicht hatte, erstmals im Gemeinderat behandelt und innerhalb weniger Wochen von dem Gremium verabschiedet.

Das aber ist nach Daniels Angaben Zufall. "Das Thema war schon lange da", sagte er. Und die Ladung und die Tagesordnung für die Gemeinderatssitzung seien schon eine Woche zuvor versendet worden. Zu diesem Zeitpunkt habe er von den Flachdachplänen noch gar keine Kenntnis gehabt. Zwar habe es mindestens zwei Telefonate mit dem Kläger gegeben, aber: "Er hat nie das Wort Flachdach in den Mund genommen."

Wilhelm Huber, der die Pläne als Bauingenieur selbst angefertigt hat, berichtete dagegen, dass er den Bürgermeister über seine Pläne informiert habe. Dieser sei aber sofort ablehnend gewesen, weil er keine zeitgemäße Architektur möge. Dass sein Bau durchaus ungewöhnlich ist, räumt der 38-Jährige ein. Nicht nur wegen der Dachform, sondern auch weil es sich um ein einstöckiges und relativ langgezogenes Gebäude mit Holzfassade handelt. 8,5 mal 26 Meter misst das Gebäude, das im Rohbau bereits steht und nun auf sein Dach wartet. Er hoffe, dass das "Kasperltheater" nun endlich vorbei sei, sagte Huber mit Blick auf die Entscheidung des Gerichts. Denn aus der Gemeinde habe er auch viele positive Rückmeldungen zu seinem Entwurf bekommen. "Viele sagen: ,Endlich mal was anderes!'", betonte Huber. Mit Blick auf die negative Darstellung von Flachdachbauten durch die Gemeinde und das Landratsamt sprach er von Rufmord.

Einen vom Gericht vorgeschlagenen Kompromiss hatten Daniel und Vertreter des Landratsamts abgelehnt. Man müsse auch verstehen, wenn Menschen bei der Gestaltung ihres Wohnhauses andere Vorstellungen als ganz traditionelle Bauweisen hätten, sagte Richterin Breit. Zudem müssten die Planungskosten des Klägers und der Eingriff in die Eigentumsgarantie ebenfalls in Betracht gezogen werden. Sie schlug deshalb vor, der Familie Huber das Flachdach als Ausnahmefall zu genehmigen, weil der Bauantrag zur Zeit der Verabschiedung der Satzung schon vorlag. Im Gegenzug sollte die Klage zurückgezogen und die künftige Gültigkeit der Satzung damit nicht angetastet werden.

Das aber lehnten die Behörden ab. Es stehe einer Gemeinde schließlich frei, auch auf ein bereits geplantes Bauvorhaben mit einer solchen Satzung zu reagieren, um die Erhaltung der Einheitlichkeit des Gemeindebildes zu wahren, erklärte Baujurist Alexander Gallus vom Landratsamt Freising. Als die Satzung verabschiedet wurde, habe Huber schließlich noch kein Baurecht gehabt.

Bürgermeister Daniel zeigte sich von der Entscheidung des Gerichts enttäuscht. Wofür sei der Gemeinderat überhaupt noch da, wenn er keine Gestaltungskompetenz habe, fragte er. Wie die Gemeinde nun reagiert, will er nach der Zustellung der schriftlichen Begründung in einigen Wochen entscheiden. Möglich wäre etwa eine neue Satzung unter Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben oder das Einlegen weiterer Rechtsmittel. Für Gemeindegeschäftsführer Vachal steht aber fest: "Einen Sündenfall haben wir dann schon." Huber dagegen wehrt sich gegen solche Angriffe. Worte wie Sündenfall seien eine Frechheit, sagte er.

Daniel Wenisch