Geisenhausen
"Erbe, Geschenk und Bürde"

Nach mehr als einem Jahrzehnt Fragen, Forschen und Schreiben ist die Geisenhauser Dorfchronik fertig

29.07.2020 | Stand 02.12.2020, 10:52 Uhr
Haben nicht aufgegeben: Gabi Obermeier (von links), Franziska Bergmaier, Peter Renger und Ulla Kohlhuber arbeiteten mehr als ein Jahrzehnt an der Dorfchronik Geisenhausen. Jetzt kann sie für 39 Euro gekauft werden. −Foto: Renger

Geisenhausen - Mehr als ein Jahrzehnt hat der Geisenhauser Arbeitskreis an einer Dorfchronik der früheren Gemeinde Geisenhausen mit all seinen Ortsteilen gearbeitet.

Jetzt wird sie im Galli-Verlag veröffentlicht. Diesen Freitag wird das erste Exemplar an den früheren Bürgermeister Albert Vogler (CSU) überreicht. Die Gemeinde ist nämlich Herausgeber und hat für 500 Exemplare 24700 Euro netto gezahlt, so Geschäftsleiter Martin Reichart. Für 39 Euro kann man es nun kaufen.

"Die Vergangenheit ist ein Erbe, ein Geschenk und eine Bürde", sagt Peter Renger vom Arbeitskreis Dorfchronik, der wie seine Mitstreiter jahrelang über seinen Heimatort forschte. Der Anfang der Geisenhauser Geschichte könnte ein Wohnplatz von Sammlern und Jägern gewesen sein, so Renger. Oder eine Ansammlung von Häusern einer Großfamilie. Erst aus dem 8. Jahrhundert gibt es dann mehrere Nennungen Kysinhusir, so Renger. "Eine Urkunde wird zur Erstnennung unseres Dorfes erklärt. " Dass benachbarte Orte - angefangen mit dem Riedhof, dem Stelzenberg, Arreshausen und Preinerszell - ebenfalls bereits bestanden, werde manchen überraschen, so Renger.

In der Dorfchronik werde auch ausführlich das System der Grundherrschaft beschrieben. "Geisenhausen wird wohl von den Anfängen her ein christliches Dorf gewesen sein. " Zwar seien viele Unterlagen durch Kriege und Brände verloren gegangen, dennoch habe man genug gefunden, um die Pfarrei von 1508 bis zur heutigen Zeit beschreiben zu können. "Ein besonderes Anliegen war uns, die Auswirkungen von Herrschaft und Kriegen zu schildern", so Renger. "Die Zeiten des Friedens erscheinen kurz, immer wieder gab es Krieg, der nicht unbedingt Geisenhausen erreichte, aber Auswirkungen auf das Leben der Bevölkerung brachte. "

Der Kern der Dorfgeschichte ist die Beschreibung der 70 Höfe von Geisenhausen, Groß- und Kleinarreshausen, Neukaslehen, Preinerszell, Aign, Bettermacher, Hueb Peiglmühle, Stelzenberg, Westing, Feldhof und Birketbaur. Möglich machte das die unter König Max angeordnete Vermessung des Bayernlandes mit Höfelisten, die eine vollständige Beschreibung von Hof und Grund enthielten. "Diese Höfelisten wurden von etwa 1810 bis 1962 geführt und zeigen anschaulich die Veränderungen des Dorfes", so Renger. Aber auch die Schulbildung und der Kindergarten sowie die Vereine würden ausführlich thematisiert. Mit der Arbeit sei es aber nach mehr als einem Jahrzehnt nicht vorbei, so Renger: "Wir konnten nicht alle Lebensbereiche beschreiben, das soll in den nächsten Jahren ergänzt werden. "

Auch Franziska Bergmaier und Ulla Kohlhuber vom Arbeitskreis wollen weitermachen. "Den Herzenswunsch unseres Vaters, die Dorfchronik zu seinen Lebzeiten fertig zu stellen, konnten wir leider nicht erfüllen", sagen die beiden Frauen über die vergangenen Jahre. "Aber wir hoffen, dass vieles in seinem Sinne weitergegeben wurde. "

Das viele Forschen, Lesen und Schreiben sei manchmal natürlich auch anstrengend gewesen: "Wir haben sehr viel Zeit aufgewandt und zum Schluss lagen die Nerven von uns allen blank. " Gabi Obermeier, die zwölf Jahre lang an dem Werk mitarbeitete, berichtet über die Anfänge des Projekts: Etwa zehn Hobbyhistoriker hätten sich zu Beginn in die Arbeit gestürzt, "ohne zu wissen, wie man so ein Projekt überhaupt angeht". Eine erste Google-Recherche habe viele Treffer zum Thema Holledaubrücke angezeigt, also habe man damit begonnen. "Der Brückenbau war gerade einmal 70 Jahre her, Dokumente und Bilder leicht zu bekommen und in einer lesbaren Schrift geschrieben. " Weil das Thema weit über Geisenhausen hinaus groß sei, habe man eine "Hopfakirm" zum Thema Holledaubrücke geschrieben und eine erfolgreiche Ausstellung mit vielen historischen Fotos veranstaltet. "Danach wurde es schwieriger", so Obermeier. "Um ältere Dokumente zu bekommen mussten wir Archive in München oder Regensburg aufsuchen. "

Schwierig sei auch die Suche nach einem Verlag gewesen, so Renger. Auf der Pfaffenhofener Messe habe er mit vielen Verlagen gesprochen und immer dieselbe Fragen gestellt bekommen: Manuskript, Bildqualität, Zeitrahmen, Auflage. "Es war klar, dass für eine kleine Gruppe das Schreiben einer Dorfchronik schwierig werden würde", so Renger. Aber nach einiger Zeit habe es dann doch schon einige Texte gegeben und Konturen des Buches zeichneten sich ab.

Am Ende habe sich die Gemeinde als Herausgeber für den Galli-Verlag entschieden. "Jetzt saßen wir in einem Boot: Gemeinde, Verlag, Arbeitskreis", so Renger. Aber das Boot schwamm nicht. "Wegen der Renovierung des Kindergartens mussten wir unsere Arbeitsräume verlassen und umziehen. " Die Handwerker seien ihnen aber auch in die neuen Räume gefolgt. "Der Computer fiel aus, mit Mühe konnten die Daten gerettet werden. " Die Gemeinde überließ dem Arbeitskreis schließlich ein ausgemustertes Gerät.

Aufwendig sei auch die Recherche gewesen, etwa die Akten in den Archiven der früheren Gemeinde Geisenhausen und des Bischöflichen Zentralarchivs Regensburg.

Oft stiegen die Arbeitskreismitglieder ins Auto, fuhren zu den Bauernhöfen in der Umgebung und klingelten an vielen Türen, um Leute zu befragen, berichtet Obermeier. "Auch die Unterlagen der ehemaligen Gemeinde Geisenhausen, die nun im Archiv der Gemeinde Schweitenkirchen liegen, haben wir Blatt für Blatt durchgesehen und kopiert. " Alle Ergebnisse mussten natürlich immer gleich in den Computer getippt werden. Dazu kamen die monatlichen Treffen mit dem Arbeitskreis. "Und dann, als wir endlich auf der Zielgeraden waren, bremste uns auch noch Corona aus. " Schluss mit den wöchentlichen Treffen und den Besuchen beim Verlag, zudem kam es zu Lieferschwierigkeiten beim Papier. Am Ende aber klappte es endlich doch noch. "Ich hoffe, dass sich unsere jahrelange Arbeit gelohnt hat und alle Leser Freude haben an dem Buch", so Obermeier. Bergmaier und Kohlhuber drücken es noch ein bischen anders aus: "Gefällt euch das Buch, dann gebt's uns Tipps, ältere Fotos (leihweise) und vielleicht erzählt's uns auch außergewöhnliche, bemerkenswerte oder lustige Geschichten aus Geisenhausen, dann machen wir mit Freude weiter. "

PK