Reichertshausen
Engagement zugunsten der Kinder

Reichertshausener Heilpädagogin Stephanie Jofer-Ernstberger erhält internationale Auszeichnung

30.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:21 Uhr
Stephanie Jofer-Ernstberger nutzt Spiele zur Therapie. Hier ist sie mit ihrer Nichte Charlotte zu sehen - allerdings zum Spaß. −Foto: Gert Ernstberger

Reichertshausen (hsg) Mit dem Virginia-Axline-Nachwuchspreis ausgezeichnet wurde die Reichertshausener Kinder-Heilpädagogin Stephanie Jofer-Ernstberger. Damit wurde die 45-Jährige für ihr herausragendes Engagement in der personenzentrierten Kinder- und Jugendtherapie prämiert.

Seit 2006 ist Stephanie Jofer-Ernstberger in freier Praxis als staatlich anerkannte Heilpädagogin mit Schwerpunkt "Personzentrierte Kindertherapie" tätig. Die bedeutet einen quasi umgekehrten Lösungsansatz als allgemein üblich. Denn nicht das Problem eines Kindes steht im Mittelpunkt, sondern seine Stärken, sein Erleben und sein Potential. Es gibt Kinder, die einfach ein Mehr an Begleitung benötigen. Sowohl qualitativ - zum Beispiel ein Mehr an Beziehung oder Verstehen - als auch quantitativ - zum Beispiel ein Mehr an Zeit oder Raum. Im personenzentrierten Ansatz stehen die Beziehung zum Kind, die Hinwendung und das Spiel des Kindes im Mittelpunkt und nicht die Verhaltensauffälligkeit oder drohende Behinderung.

Ihr berufliches Rüstzeug erwarb sich die "Steffi", wie sie lieber genannt werden will, zunächst als gelernte Erzieherin, darauf folgte eine Ausbildung sowie Studiengänge für Heilpädagogik, unter anderem zum Master of Arts an der Technischen Universität Erwachsenenbildung in Kaiserslautern. Nebenbei bildete sie sich weiter zur Personzentrierten Spieltherapeutin und ist auf diesem Gebiet auch Ausbilderin in der Akademie Schönbrunn auf Gut Häusern. Letzteres Fachgebiet ist ihr eine "Herzensangelegenheit", die sie in Reichertshausen in enger Zusammenarbeit mit der gemeindlichen Kinderkrippe ausübt. Überdies ist sie Autorin eines in Fachkreisen viel beachteten wissenschaftlichen Werks über die Zugänge zu einer spieltherapeutischen Lehrkunst.

Jofer-Ernstberger stammt ursprünglich aus, ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und lebt seit 22 Jahren in Reichertshausen. Ihre Praxis hat sie Tür an Tür mit Susanne Zaisch, deren Schwerpunkt in den Bereichen Entwicklungsförderung und Inklusionsfachdienste liegt. "Wir sind jeder für sich, aber trotzdem auch zusammen", betont Jofer-Ernstberger und meint damit beider Einstellung zum Umgang mit Kindern. "Susanne hat ihren Arbeitsbereich bei Kindern mit Beeinträchtigungen in der Adolf-Rebl-Schule in Pfaffenhofen. Ich kümmere mich um Kinder mit Leid-Erfahrungen", erklärt sie und zählt als Beispiele auf: Kinder in Pflegefamilien, adoptierte Kinder, mit Traumata aufgrund eines verstorbenen Elternteils, in sozial und emotional schwierigen Phasen, oder Kinder, die sich über die Maßen extro- oder introvertiert verhalten.

Kinder aber können sich nicht so wie Erwachsene ausdrücken oder mitteilen und haben auch keine Vertrauten, mit denen sie sich austauschen. Kinder drücken sich aber im Spiel aus. "Wir als Heilpädagogen verstehen das Spiel und wir klinken uns ein - wobei das Kind das Spiel in allen Facetten bestimmt." Und dabei lädt es sehr viel Irritationen und Gefühlsballast ab und geht befreit nach Hause. "Eine wunderschöne Arbeit, bei der man dem Kind emotional sehr nahe kommt", betont Jofer-Ernstberger.

Man merkt ihr an, dass sie mit jeder Faser ihres Herzens ihrem Beruf nachgeht. Im Gegensatz zur emotionalen Distanz, die ein Arzt als Selbstschutz seinen Patienten gegenüber wahren muss, will sie "das Schicksal der Kinder bewusst an mich heranlassen, ich nehme gefühlt jedes Kind mit nach Hause" betont sie. "Die Kinder vertrauen sich derart mir an, dass ich zum Wegbegleiter für sie werde, nicht selten ein bis zu drei Jahre lang". Ihre Kinder bekommt Jofer-Ernstberger vorgestellt von Eltern aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten zu Hause, aus der Kinderkrippe oder dem Kindergarten, von Erzieherinnen oder auch von Kinderärzten, um im Verbund nach einer optimalen Lösung zu suchen. Natürlich werden die Eltern mit ins Boot geholt. "Sollten wir aber feststellen, dass das Kindeswohl gefährdet ist, treten wir auch mit dem Jugendamt in Verbindung", daran lässt Jofer-Ernstberger keinerlei Zweifel. Die Kosten für die heilpädagogische Unterstützung trägt in der Regel der regionale Bezirkstag - "ein großer Schatz, den wir hier in Oberbayern haben", zeigt sich die Steffi dankbar.