Pfaffenhofen
Grünes Gas für Pfaffenhofen

Wie die fertig geplante Power-to-Gas-Anlage an der Kläranlage funktionieren würde

10.12.2019 | Stand 23.09.2023, 9:48 Uhr
Darin könnte man grünes Gas speichern: Aktuell entsteht in den grauen Behältern jetzt schon ein Gemisch aus rund 60 Prozent CH4, der Rest ist CO2. Das CO2 daraus würden die Stadtwerke gern verwenden, um in einem anderen Prozess, für den man die überschüssige Windkraft benötigt, reines CH4 zu erzeugen. Dieses grüne Gas kann gespeichert und zum Beispiel für den Betrieb von Blockheizkraftwerken verwendet werden. SPD-Kreisvorsitzender Markus Käser (von links), Sebastian Brandmayr, technischer Leiter der Stadtwerke, SPD-Landratskandidat Andreas Herschmann und SPD-Landtagsabgeordneter Florian von Brunn wollen das vorantreiben. −Foto: Brenner

Pfaffenhofen - Ein System, mit dem man erneuerbare Energien speichern kann und das außerdem hoch effektiv arbeitet - was traumhaft klingt, könnte an der Pfaffenhofener Kläranlage tatsächlich sofort zum Einsatz kommen, sagt die Stadt Pfaffenhofen. Mithilfe von 3,5 Milliarden Jahre alten Organismen könnte überschüssiger Strom aus Windkraftanlagen in grünes Gas umgewandelt und so langfristig gespeichert werden. Ein Weg, mit der die Stadt ihr Ziel erreichen will, den Strombedarf zu 100 Prozent aus Öko-Energie zu beziehen.

 


"Wir haben bei der erneuerbaren Energie schon jetzt zehn Prozent Überschuss", erklärt Andreas Herschmann, Vorsitzender der Bürgerenergiegenossenschaft Landkreis Pfaffenhofen und designierter Landratskandidat der SPD. Statt diesen Überschuss aus Pfaffenhofen herauszuschaffen, könne man ihn künftig selbst nutzen. Der Windkraftstrom würde nämlich in der geplanten Power-to-Gas-Anlage in grünes Gas umgewandelt, das man dann wiederum für Zeiten speichern könne, in denen in der Kreisstadt nicht genug erneuerbare Energie produziert wird.

Entstehen soll die Anlage an der Kläranlage, weil deren Prozesse ein perfektes Zusammenspiel ermöglichen, so Herschmann. "Hier können wir einen großen Kreislauf schaffen, in dem alle Stoffe genutzt werden."

Schon jetzt gibt es in den Faulbehältern des Klärwerks die Verbindungen CH4 und CO2. Das wertvolle grüne Gas besteht allerdings zu 100 Prozent aus CH4. Und das wiederum bekommt man, wenn man Wasserstoff aus der Windkraft mit dem CO2 aus den Faulbehältern des Klärwerks zusammenbringt - und dann noch 3,5 Milliarden Jahre alte Mikroorganismen hinzufügt. Hier kommt das Start-up Electrochaea aus Planegg bei München ins Spiel, mit dem die Stadtwerke zusammenarbeiten. Die Firma hat einen weltweit geltenden Patentschutz auf die sogenannten Archaeen. Mithilfe dieser Mikroorganismen betreibt sie bereits zwei industrielle Pilotanlagen in Dänemark und der Schweiz.

"Damit kann man die vor Ort produzierte Energie auch vor Ort nutzen", sagt Markus Käser, Vorsitzender der Landesvereinigung der bayerischen Bürgerenergiegesellschaften und SPD-Kreisvorsitzender. "Und die Energiegewinnung ist viel effektiver, da ja kein Gas mehr verloren geht auf dem Weg von Russland hierher."

Mit dem gewonnenen grünen Gas will die Stadt im ersten Schritt im Blockheizkraftwerk grünen Strom produzieren und auch die Stadtbusse könnten so mit klimaneutralem Treibstoff versorgt werden. Im zweiten Schritt "können wir es überall einsetzen, wo es gebraucht wird", so Käser. Und es könnte letztlich alle Haushalte mit Gasanschluss mit klimaneutralem Gas statt Erdgas versorgen. Wenn es gut laufe, sei das eine Methode, die auch andere Kommunen einsetzen könnten.

Laut Herschmann würde das Unternehmen die Anlage in Pfaffenhofen bauen und dabei auch finanziell in Vorleistung gehen. "Wir stellen die Infrastruktur." Das Start-up könne dann von Pfaffenhofen aus ihre Methode weltweit bewerben. "Wir wären die erste Anlage im Dauerbetrieb und in dieser Effektivität." Betreiber wären die Stadtwerke.

Doch jetzt geht es in Pfaffenhofen erst einmal gar nicht weiter. "Eigentlich könnten die Bagger schon morgen rollen", sagt Herschmann. Bisher blockiert die EEG-Umlage, die ja eigentlich für erneuerbare Energien geschaffen wurde, das Projekt, so Käser. Denn die Stadtwerke wollen ja den überschüssigen Strom für das Verfahren, mit dem das grüne Gas entsteht, nutzen. Für diesen Windkraftstrom müssten sie aber alle Abgaben und Steuern zahlen, erklärt Herschmann. Das wären dann jedes Jahr 270000 Euro Verlust. Alle Anträge auf Steuerbefreiung, Förderung oder Zuschüsse haben Bund und Land bisher abgelehnt, so Käser. "Wir warten jetzt darauf, dass Land und Bund das fördern, was sie immer fordern."

Auch der Landtagsabgeordnete Florian von Brunn (SPD), der Mitglied des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz ist, sagte kürzlich bei einem Besuch, die Politik müsse nun dafür sorgen, "dass solche absurden Dinge abgeschafft werden". Bürgermeister Thomas Herker (SPD) hat wie berichtet zu diesem Zweck bereits einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CSU) geschrieben und sie nach Pfaffenhofen eingeladen.

 

 

Desirée Brenner