Pfaffenhofen
130 Millionen liegen auf der Straße

SPD-Chef Käser will ein Regionalwerk zur Öko-Stromversorgung gründen

15.10.2019 | Stand 25.10.2023, 10:26 Uhr
Für Öko-Strom aus der Region: Andreas Herschmann (von links), Regionalwerk-Geschäftsführer Andreas Engl und Markus Käser bei Auftakt der Energie-für-alle-Woche. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (PK) 130 Millionen Euro liegen auf der Straße - und keiner hebt sie auf. Diese Wertschöpfung wäre aus Sicht von SPD-Kreischef Markus Käser mit einem Landkreis-Regionalwerk zur Stromversorgung ausschließlich aus erneuerbaren Energien möglich. Der Plan dazu wurde bei der Auftaktveranstaltung zur Energie-für-alle-Woche (EFA) vorgestellt. Aber von denen, die es anging, nämlich die 19 Bürgermeister der Landkreisgemeinden, war einzig Pfaffenhofens Stadtoberhaupt Thomas Herker (SPD) dabei.

 


Zum neunten Mal hatte der Energie- und Solarverein zur EFA eingeladen. Traditionell stand die Auftaktveranstaltung im Stockerhof unter der Überschrift "Kommunales": An diesem Abend sollten die Bürgermeister und Gemeinderäte des Landkreises informiert werden und sich austauschen. Tatsächlich saßen gerade mal 20 Interessenten vor der Bühne - und da sind die Veranstalter schon mitgezählt

Das Thema hätte tatsächlich ein großes Publikum vor allem bei den Entscheidungsträgern verdient. Und deshalb war Markus Käser, zweiter Vorsitzender des Energie- und Solarvereins sowie SPD-Stadt- und Kreisrat, ziemlich angefasst, dass sich bis auf zwei Pfaffenhofener keine Mandatsträger blicken ließen. Erst am Nachmittag habe er im Kreisausschuss noch einmal für die Veranstaltung geworben, aber bei Vereinsveranstaltungen am selben Abend Präsenz zu zeigen, habe bei den Lokalpolitikern Vorrang gehabt. So blieb bei den Besuchern der Eindruck hängen, den dann auch einzelne Wortmeldungen bestätigten: Jeder wurschtelt am liebsten alleine vor sich hin.

Worum es geht - und was es in sehr vielen bayerischen Landkreisen schon gibt, stellte der Geschäftsführer des Landshuter Regionalwerks, Andreas Engl, vor. Ihm ist es gelungen, alle 35 Gemeinden dieses Landkreises unter einen Hut zu bekommen und ein interkommunales Energie-Unternehmen zu gründen; gleichsam eine Genossenschaft, an der jeder beteiligt ist und die Spielregeln mitbestimmt. Die lauten: Strom ausschließlich aus der Region, aus erneuerbaren Energien, aus Wind- und Wasserkraft, von Photovoltaik-Anlagen und aus Biomasse. Und natürlich beziehen die Kommunen dann ihren Strom von ihrem eigenen Werk.
Die Realität im Landkreis Pfaffenhofen sieht anders aus, wie Käser erklärte. Statistisch entfallen auf jeden Landkreisbürger 1000 Euro jährlich, die seine Gemeinde für Strom ausgibt. Macht in Summe für den Landkreis Pfaffenhofen 130 Millionen Euro. Dieses Geld lande aber zumeist bei Platzhirschen wie Eon oder RWE. Anstatt also die Renditen und die Wertschöpfung durch eigenen Energieanlagen im Landkreis zu belassen, würden internationale Aktionäre bedient, "zum Beispiel Pensionsfonds in den USA". Und Käser weiter: "Die großen Konzerne stopfen sich de Taschen voll." Ob das im Interesse einer Pfaffenhofener Landkreisgemeinde sein könne, dürfe hinterfragt werden.

Der SPD-Kreischef gab sich gewohnt angriffslustig: "Bürgermeister und Räte, die Eon-Verträge unterschreiben, verraten und verkaufen ihre Bürger und ihre Infrastruktur." Wie man denn die Bürgermeister dazu bringen könnte, sich zu einem Regionalwerk zusammenzuschließen, wollte ein Besucher im Saal wissen. Käser, der einräumte, dass es durchaus kooperationswillige Gemeindeoberhäupter gebe: "Wenn das nicht in die Köpfe reingeht, dann müssen die Köpfe ausgetauscht werden." Stichwort: Kommunalwahlen im nächsten Jahr.

Käser hat sich jedenfalls festgebissen: Mit dem ersten Vorsitzenden des Energie- und Solarvereins Andreas Herschmann, Klimareferent der Stadt, will er das Thema auf die kreispolitische Ebene heben und entscheidungsreif machen. Ein Besucher erinnerte an den Publizisten und Solarstrom-Verfechter Franz Alt, der als Festredner am Samstag im Rathaussaal bei der Verleihung des Klimaschutzpreises erklärt hatte: "Es fehlt uns nicht Wissen, es fehlt an der Umsetzung."

Die bemängelte auch Otmar Schaal vom Bund Naturschutz. Warum denn die Pfaffenhofener Buslinien nicht auch durch seine Gemeinde Scheyern fahren. Das würde den Autoverkehr und damit den Ausstoß von Treibhausgas reduzieren. Wurde seinerzeit vom dortigen Gemeinderat abgelehnt, erklärte ein informierter Besucher. Ins selbe Horn stieß Realschul-Rektor Reno Wohlschläger, zu dessen Schule jeden Morgen Schüler in Hunderten Autos transportiert werden: "Unser Stundenplan", kritisierte der Schulleiter, "richtet sich nach dem Busfahrplan."

Was Klimaschutz anbelangt, sind Pfaffenhofen und der Landkreis vorbildlich, wie die drei Klimaschutz-Manager Doris Rottler vom Landratsamt sowie Peter Stapel und Raimund Gürtner von der Stadtverwaltung in ihren Vorträgen zeigten. Woran es offensichtlich fehlt: Zusammenarbeit. Käser zitierte aus einem Brief des Landratsamts. Er hatte um eine vergleichende Darstellung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in den Landkreisgemeinden gebeten. Das habe der Landrat abgelehnt mit der Begründung, dass er nicht möchte, dass die "kreisangehörigen Gemeinden gegeneinander ausgespielt werden". Das passte denn zum Thema dieses Abends: "Der Klimawandel kennt keine Gemeindegrenzen."

 

Albert Herchenbach