Wolnzach
Die Entscheidung fällt im Juli

Heuer wäre es die 60. Hallertauer Fußwallfahrt nach Altötting - Ob sie stattfinden kann, ist noch ungewiss

08.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:13 Uhr
Sogar auf den Stufen sitzen normalerweise die Pilger bei der Schlussandacht der Wallfahrt; aktuell jedoch sind gerade einmal 200 Besucher in der Basilika zugelassen. −Foto: WZ-Archiv/Roswitha Dorfner

Wolnzach - Normalerweise ist es jetzt an der Zeit, mit den Quartiergebern zu telefonieren, um alles klar zu machen für das erste Wochenende im Oktober. Heuer aber ist wegen Corona nichts normal, ob die Hallertauer Fußwallfahrt, eine der größten Walfahrten der Umgebung, stattfinden wird, ist ungewiss. "Wir werden das im Juli endgültig entscheiden", sagt Pilgerführer Klaus Nöscher - und hofft, denn heuer wäre es eine ganz besondere Wallfahrt: die 60., bei der sogar der Regensburger Bischof Rudolf Voder-holzer mitpilgern wollte.

 

Regen, Sturm, Hagel, drückende Hitze, große Kälte; wegen Baustellen gesperrte Straßen, verschlossene Kirchen, nicht buchbare Gasthäuser, abgemähte Maisfelder, die den Pilgern auf ihrem Marsch ansonsten für gewisse Zwecke wichtige Dienste leisten, dazu schmerzende Gelenke, Kreislaufprobleme, offene Füße. Alles schon da gewesen - und nichts davon konnte sie aufhalten, die Pilger der Hallertauer Fußwallfahrt auf ihrem Weg nach Altötting. Seit 1961 gibt es diese Wallfahrt, die auf ein Versprechen des damaligen Dekanatsjugendführers Jakob Sellmair aus Burgstall zurückgeht: Sollte es zum Jugendtreffen in Lohwinden im Mai 1961 nicht regnen, dann würde er zu Fuß nach Altötting gehen, hatte er damals versprochen. Es regnete nicht, Sellmair ging, zusammen mit der damaligen Dekanatsjugendleiterin Zenta Neuhauser (heute Strohhofer) und einer Handvoll weiterer Begleiter. Mittlerweile sind es Jahr für Jahr rund 1500 Pilger, die sich von Wolnzach auf den Weg zur Gnadenmutter von Altötting machen, viele davon gehen schon seit Jahrzehnten mit.

"Dass die Wallfahrt nicht stattgefunden hat, das gab es wirklich noch nie", sagt Klaus Nöscher. Er ist der Pilgerführer, bei ihm laufen alle Fäden des beeindruckenden Organisationsapparates zusammen, er weiß, was schon alles aus- und durchgestanden wurde - und dass "Gott sei Dank" immer alles ohne größere Zwischenfälle abging. Er kennt die vielen Probleme und Schwierigkeiten, die dieser Pilgerweg immer wieder mit sich bringt, und die nur dank landkreisübergreifender Organisation immer wieder bewältigt werden können.

Bis jetzt. Mit einem Virus und dessen Auswirkungen hatte niemand gerechnet, auch nicht die Organisatoren der Hallertauer Fußwallfahrt. Als Veranstaltung mit rund 1500 Teilnehmern fällt sie unweigerlich unter die Großveranstaltungen, die aktuell bis 31. August ohnehin nicht zugelassen sind, eine Regelung, die bereits Auswirkungen auch auf später geplante Termine - Stichwort Oktoberfest - zeigte. Im Gegensatz dazu ist die Hallertauer Fußwallfahrt - terminiert ist sie für das erste Wochenende im Oktober - noch nicht abgesagt.

 

"Wir haben uns vor ein paar Tagen getroffen und das alles besprochen", so Pilgerführer Klaus Nöscher. Tenor dieses Treffens: Man wolle natürlich alles tun, um die Fußwallfahrt auch heuer stattfinden lassen zu können, allerdings gelte dafür wie schon seit Beginn der Grundsatz "Sicherheit geht vor". "Wobei das Wort Sicherheit aktuell natürlich eine weitreichendere Bedeutung hat", so Nöscher. Verstand man bislang darunter vor allem verkehrsrechtliche Regelungen zum Schutz der Pilger, so rede man jetzt von einer möglichen Infektionsgefahr. Ein Thema, das viele Fragen aufwerfe, auf die es noch keine Antworten gibt, so Nöscher. Ein paar Beispiele: die Einkehr in Gasthäuser, das Übernachten in Privatquartieren und natürlich auch das Feiern der Gottesdienste auf dem Weg und der feierliche Abschluss in der Basilika zu Altötting. "Dort darf man nach den momentan geltenden Vorgaben gerade einmal 200 Gläubige einlassen", so der Pilgerführer. Das würde also bedeuten, dass ein Großteil der Pilger das, wofür er die vielen Kilometer gegangen ist, gar nicht miterleben dürfte: den feierlichen Schlussgottesdienst.

"Wir wollen wallfahrten, das ist gar keine Frage", sagt der Pilgerführer. "Aber es muss so sein, dass eine vernünftige Wallfahrt auch wirklich möglich ist." Dazu müsse man nun abwarten, wie sich die Dinge entwickeln - und im Juli dann entscheiden. "Wenn wir wallfahrten können, dann werden das bestimmt heiße zwei Monate", wagt er eine Vorausschau. Denn diese Zeit brauche es mindestens, um die notwendigen Vorbereitungen zu treffen, Vorbereitungen, die auch nach einer Entscheidung mit vielen Fragezeichen begleitet sind. Beispiel: die Teilnehmerzahl. Normalerweise könne man da immer ganz gut von rund 1500 Pilgern ausgehen, heuer sei eine solche Schätzung nicht möglich. Die Gründe beschreibt der Pilgerführer so: Einerseits sei ihm jetzt schon bekannt, dass einige - vor allem der bereits älteren Stammpilger heuer - auf die Wallfahrt verzichten wollen und sich die Teilnehmerzahl dadurch reduzieren könnte; andererseits seien für heuer bereits alle früher stattfindenden Wallfahrten abgesagt. Die Hallertauer Fußwallfahrt im Oktober sei die letzte große Wallfahrt des Jahres, und es könnte gut sein, dass sich manche Pilger abgesagter Wallfahrten deshalb ihr anschließen könnten. Lauter Fragezeichen, viel Unsicherheit. Und das in einem Jahr, in dem das Organisationsteam um den Pilgerführer eigentlich ganz Besonderes planen wollte, schließlich hatte sich zur 60. Jubiläumswallfahrt sogar der Regensburger Bischof angesagt. Auch das ist ein Grund, warum die Organistion spätestens im Juli beginnen muss, so die Wallfahrt denn tatsächlich stattfinden kann.

Dass sie vielleicht abgesagt werden muss, daran mag im Moment freilich keiner denken, auch der Pilgerführer nicht: "Es wäre natürlich schon sehr schade, aber dann wäre das halt leider so." Allen, die gerne dabei wären, rät das Organisationsteam: Aufgrund der vielen Fragezeichen sollte sich aktuell noch niemand anmelden und auch keinesfalls die Gebühr überweisen, weil das im Falle einer Absage viel Arbeit mit sich brächte; auch sollte man im Moment noch keine Quartiere buchen, sondern den Juli noch abwarten. "Wir werden informieren, so bald wir etwas Konkretes wissen", so der Pilgerführer.

WZ