Reichertshofen
Das Wahrzeichen verfällt

Keine Renovierungspläne von Seiten der Dolphin Trust GmbH für die Stockau-Mühle in Reichertshofen

26.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:23 Uhr
Seit Jahrzehnten in einer Art Dornröschenschlaf: die Stockau-Mühle, weithin und aus allen Richtungen sichtbares Wahrzeichen des Marktes Reichertshofen. Von allen Seiten ist der zunehmende Verfall der Gebäude deutlich erkennbar. Fenstergläser sind eingeschlagen, innen liegt Müll, das Areal ist ungepflegt und wenig ansehnlich, auf einem Dach wächst sogar ein Baum. −Foto: Vogl

Reichertshofen (PK) Die Stockau-Mühle, das 600 Jahre alte Wahrzeichen von Reichertshofen, ist seit Jahren dem Verfall preisgegeben. Seit 2013 ist die Dolphin Trust GmbH aus Hannover-Langenhagen Eigentümer der alten Mühle. Unsere Zeitung hat sich dort erneut nach Plänen für die Renovierung der alten Mühle erkundigt.

Die an der Bahnlinie gelegenen, weithin sichtbaren Mühlenbauwerke dominieren seit jeher das Ortsbild. Schaut man näher hin, sieht es allerdings düster aus: Die Fenstergläser sind zerbrochen, im Inneren sind Müllablagerungen. Auf dem Dach des Silogebäudes wächst hoch droben ein kleiner Baum. Seitdem die alte Stockau-Mühle mit den markanten Gebäuden im Jahr 1996 stillgelegt wurde, ist sie mehr und mehr dem Verfall preisgegeben.

Schon lange sorgen sich die Reichertshofener Bürger um ihr Wahrzeichen. Was mit der alten Mühle geschehen soll, und ob überhaupt einmal etwas geschieht, kommt bei Bürgerversammlungen oder auch Gemeinderatssitzungen immer wieder zur Sprache. Wir haben uns beim Eigentümer, der Dolphin Trust GmbH aus Hannover-Langenhagen nach den aktuellen Plänen erkundigt.

Dort hat seit dem vorerst letzten Zeitungsartikel im Jahr 2016 mittlerweile der Ansprechpartner gewechselt. Am Telefon erreichbar ist die Firma Creative Clou aus Hannover. Sie betreut Projekte für mehrere Bauträger, unter anderem auch für die Dolphin Trust. Sprecherin Monika Schröder ist für die Stockau-Mühle zuständig. Es stellt sich unter anderem die Frage, ob und wann eine Renovierung geplant ist, ob es mittlerweile überhaupt einen Bebauungsplan gibt, warum bisher noch nichts passiert ist und ob ein Verkauf der alten Mühle zur Option steht.

Schröder ist am Telefon sehr freundlich. Eine richtige Antwort auf die Fragen gibt es allerdings nicht. "Aktuell befinden wir uns in der Klärung, wie es mit der Entwicklung der Stockau-Mühle weitergeht. Wir bitten um Verständnis, dass wir deshalb zum jetzigen Zeitpunkt keine genaueren Angaben machen können." So lautet die offizielle Aussage.

Auch Bürgermeister Michael Franken (JWU) hatte sich vom Eigentümer mehr erhofft: "Als im Jahr 2013 die Stockau-Mühle einen neuen Eigentümer bekam, war ich guter Dinge, dass eine Sanierung und Neunutzung zügig vorankäme und sagte den Käufern die volle Unterstützung durch die Gemeinde zu. Leider wurde bis heute noch kein realisierbares Konzept entwickelt."

Ein Ankauf und eine Renovierung durch die Gemeinde steht für ihn im Moment aber nicht zur Debatte: "Sollte die Stockau-Mühle wieder zum Verkauf stehen, dann hoffe ich auf einen erfahrenen Investor, der dieses Industriedenkmal wirtschaftlich und städtebaulich sinnvoll in enger Zusammenarbeit mit dem Markt entwickelt. Eine Sanierung, Entwicklung und Vermarktung der Stockau-Mühle durch die Gemeinde würde aus meiner Sicht die Leistungsfähigkeit des Marktes und der Steuerzahler überfordern."

Das Gebäude hat eine lange Geschichte: Die alte Hofmark Stockau wurde 1402 erstmals urkundlich erwähnt. Ihr Eigentümer war zu dieser Zeit Thomas von Preysing, der Inhaber der Herrschaft Reichertshofen. Vermutlich gehörte die Mühle ursprünglich zur Burg Reichertshofen. Bis ins 16. Jahrhundert hinein war die Stockau-Mühle herzogliches oder pfalzgräfliches Erbrechtsgut. Ihre Blütezeit erlebte die Stockau im Besitz des deutschen Barockmalers Joachim von Sandrart. Nachdem die Stockau zu Beginn des Jahrhunderts vor allem als Mühlenbetrieb genutzt wurde, ist die alte Mühle seit 1996 stillgelegt. Direkt angeschlossen an den Mühlenbetrieb war auch die alte "Stockau-Wirtschaft" mit Biergarten und Kastanien, die noch weit bis ins 20. Jahrhundert betrieben wurde.

Besitzer der Mühle vor Dolphin Trust war Reinhard Suhl aus Mannheim, der 1998 das Gelände kaufte. Einem Brand im Jahr 2010 fiel ein großer Teil des Dachstuhls des ehemaligen Verwaltungsgebäudes zum Opfer. In dem maroden Zustand blieben bis heute die teilweise als Industriedenkmäler eingestuften Gebäude.

Auch die Tatsache, dass der Markt Reichertshofen 2010 eine Sanierungssatzung schuf, um Anreiz für eine wirtschaftliche Sanierung des Areals zu schaffen, holte die Stockau nicht aus ihrem jahrzehntelangen Dornröschenschlaf. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Stockau-Mühle nicht wie Dornröschen erst nach einem hundertjährigen Schlaf wieder zum Leben erwacht.

Verena Vogl