Jetzendorf
2200 Menschen feiern in der Einöde

Beim Open Air Puch in der Gemeinde Jetzendorf stimmt am Samstag nicht nur das Wetter

15.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:04 Uhr
"Die Nerven" heizten kräftig ein. −Foto: ost

Lueg/Jetzendorf (ost) Mehr als 2200 Gäste aus ganz Süddeutschland sind am Samstag zum Open Air Puch in der Einöde Lueg gekommen. Lueg gehört zwar zur Gemeinde Jetzendorf, ist aber nur wenige Meter von der Gemeindegrenze zu Indersdorf entfernt, so dass ganz Eglersried zugeparkt war. Insider vermuten, dass es heuer sogar ein Rekordbesuch gewesen sein könnte.

Dass dieses Festival für die Freunde oberbayerischer Woodstock-Atmosphäre seit 29 Jahren an Zugkraft nicht verloren hat, liegt sicher an den sechs Indie-Bands, die bis aus Kanada kamen und sich im Saugarten des Luegbauern die Ehre gaben. Dort wo das Jahr über die Schweine des Bio-Bauern Hubert Lehmair weiden, schlugen die vielen Gäste ihre Decken auf und lauschten der alternativen Musik. Heuer passte für dieses Freiluft-Festival das Wetter optimal auch für junge Familien mit Kindern, die Zelte zum Übernachten dabei hatten.

Entstanden ist die große Party auf grünem Hügel ja einst auf eine Idee der Gebrüder Lenz und Hubert Lehmair hin. Lenz spielte schon damals in der Münchner Indie-Band "Animal Crakers", für die er zusammen mit Reiner Sladek auch viele Songs geschrieben hat und auch heuer das Open Air eröffnen durfte.

Im Lueg stellte man den Fans den neuen Arbeitstitel "Drei Sekunden" vor. Drei Sekunden sind der zeitliche Maßstab, den der menschliche Verstand als Gegenwart interpretiert. Insofern ist der neue Name Programm: Die Songs sind eine Liebeserklärung an die Gegenwart, wie flüchtig und zerbrechlich sie auch sein mag. Da durfte der vielumjubelte "Deutsche Frühling" nicht fehlen.

Aus Wien kam das Frauen-Duo "Ebow". Ihre Lieder erzählen Geschichten von bröckelnden oder gescheiterten Beziehungen und ihrer Kindheit und den Eltern. Auch das Leben von Asyl-Flüchtlingen in Deutschland wird besungen. Von Stunde zu Stunde steigerte sich die Stimmung vor der großen Bühne. "Die Nerven", ein Trio aus Stuttgart, wurde zwar als der Toscana-Fraktion zugehörig angekündigt, zeigte aber nach den ersten Klängen bereits: Ein drückender Bass, scheppernde Drums, verzerrte Gitarreneruptionen und atemloser Gesang sind die Kennzeichen dieser Band, die Indie-Deutschland jubeln lässt. Besonders gefeiert hat das Publikum vor der Bühne vier Kanadier der Gruppe "SUUNS", die heuer ihr viertes Album, nämlich "Felt" herausbrachten. Post-Punk-Elemente und elektronische Partikel konkurrieren bei diesen Songs um die Vorherrschaft und auch der gute alte Krautrock feiert eine Renaissance. Mit Spannung erwartete man in Lueg den Auftritt der Weilheimer Gruppe "The Notwist", die nicht nur im Münchner Raum viele Fans hat. Mit Wurzeln im Hardcore und Noise bis zu ihren Exkursionen in Jazz und Elektronik gehören "Notwist" zu den wandelbarsten und zugleich beständigsten Bands. "Notwist" endlich mal wieder live auf der Bühne zu sehen, war Balsam auf den Herzen der vielen Fans, die mit Zugabe-Rufen schnell erhört wurden. Ein besonderes Zuckerl für alle Gäste war der Auftritt des Überraschungs-Gastes, Juan Atkins um 1 Uhr früh. Er ist bekanntlich Mitbegründer der Detroit Techno und einer der wichtigsten Vertreter der Musikrichtung Techno. Dass da die Begeisterung vor der Bühne keine Grenzen kannte, ist leicht zu verstehen. "Elemental Wave Soundsystem" bildete den musikalischen Abschluss dieses phantastischen Konzerts bis 3 Uhr früh. Den endgültigen Abschied vom Puch Open Air gab es für viele aber erst nach einem Frühstück auf dem Luegbauern-Hof. Da fuhr dann letztmals auch der gut angenommene Pendelverkehr in Richtung S-Bahn Petershausen.