Ernsgaden
Schutz der Bevölkerung hat Vorrang

Ernsgaden sagt Laurenzimarkt und Oldtimertreffen ab - Finanzierung der Seniorenwohnanlage auf 20 Jahre und zum Null-Zins

29.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:27 Uhr
Glänzendes Musterbeispiel eines Kanalventils: An einigen Stellen soll es im Ernsgadener Abwassersystem eingebaut werden. Die Sanierung des Vakuumkanals geht weiter, auch wenn Corona den finanziellen Spielraum einengen sollte. −Foto: Zurek

Ernsgaden - Das Coronavirus macht zwischen dem Oktoberfest und der Ernsgadener Wiesn keinen Unterschied: Schweren Herzens haben sich die Gemeinderäte in ihrer Abschlusssitzung am Dienstagabend dazu entschlossen, den für Anfang August geplanten Laurenzimarkt samt Oldtimer-Treffen abzusagen.

 

Der Schutz der Bevölkerung habe Vorrang, lautete der Tenor.

Schon am Eingang zum Gemeinschaftshaus wurde deutlich, dass diese letzte Sitzung des "alten" Gremiums anders sein würde als alle bisherigen. Neben der Eingangstür zum Versammlungssaal standen einige der mittlerweile 3000 von Frauen der Corona-Bürgerhilfe Ernsgaden genähten Gesichtsmasken und Desinfektionsmittel bereit. Und drinnen herrschte Distanz. Wie Schüler bei der Abschlussprüfung saßen die Räte an Einzeltischen, säuberlich getrennt. Und auch bei den Themen blieb das Virus nicht außen vor. Noch sei Ernsgaden laut Statistik coronafrei, überbrachte Bürgermeister Karl Huber (CSU) eine erfreuliche Nachricht. Man könne jedoch nicht ausschließen, dass es auch hier mild verlaufende Fälle gebe, die von der Statistik nicht erfasst würden.

Dennoch habe das Virus schon jetzt Auswirkungen, die ihm persönlich weh tun, gestand der scheidende Bürgermeister. Es sei traurig, dass so viele Ereignisse wie das Maibaumfest, die das Leben der Gemeinde sonst prägen, bereits abgesagt werden mussten. Besonders einschneidend sei nun der Beschluss, die beliebteste Veranstaltung im Jahresreigen - den Laurenzimarkt - ausfallen zu lassen. "In einem Festzelt bringt man die Sicherheitsabstände einfach nicht her", konstatierte Huber mit spürbarem Bedauern. Und selbst wenn das gelänge, dann komme unter solchen Bedingungen doch keine Stimmung auf, fügte er an. Das sah auch Günter Thaller (SPD/UW) so, der gerade die zum Oldtimertreffen strömenden Besucher als Risikofaktor für eine Virusverbreitung ansah, die man unbedingt vermeiden sollte. Gerade für den Festwirt sei es wichtig, rechtzeitig Planungssicherheit zu bekommen, begründete Noch-Gemeinderat und künftiger Bürgermeister Hubert Attenberger (CSU) die rechtzeitige Absage. Mit Elmar Engel (CSU) war man sich einig, dem zuständigen Wirt für das Folgejahr eine Zusage unter gleichen Konditionen wie heuer erteilen zu wollen.

Unsicherheit herrscht infolge der Pandemie hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung der Kommune, die bisher trotz großer Investitionen schuldenfrei geblieben ist. Kämmerer Anton Hackl, der sich gerade mitten in der Planung für den Haushalt 2020 befindet (dessen Vorstellung ist für die Sitzung am 26. Mai vorgesehen), konnte auf die Frage von Thaller, ob man denn in der Krise überhaupt noch einen "Spielraum finanzieller Natur" habe, nur antworten: "Das kann man derzeit nicht absehen. " Einig war man sich mit Huber, dass man an notwendigen Projekten vom Neubau des Kindergartens bis zur weiteren Sanierung des Kanals festhalten wolle. Auch die barrierefreie Wohnanlage, bei der man sich voll im Zeitplan befindet und wohl im Sommer das Richtfest feiern könne, gehört dazu. Hier galt es, den Finanzierungsplan festzuzurren. Die Gesamtkosten belaufen sich inklusive Grundstückserwerb auf 3,5 Millionen Euro. 30 Prozent sind staatliche Zuschüsse, nach Abzug der Grundstückskosten verbleiben 1,85 Millionen Euro, für die die Gemeinde ein zinsvergünstigtes Darlehen aufnehmen will. Kämmerer Hackl stellte verschiedene Varianten mit Konditionen vor. Letztlich entschied man sich gegen eine Stimme für eine Laufzeit von 20 Jahren bei einem Zins von null Prozent. Mieterträge von rund 70000 Euro pro Jahr vorausgesetzt, wäre eine Refinanzierung fast ohne Rückgriff auf die Rücklagen möglich. Thaller, der dagegen votierte, hatte sich für 30 Jahre Laufzeit und 0,2 Prozent an Zinsen ausgesprochen.

Wie allerorten steht man auch in Ernsgaden vor der Frage, wie es in Kinderkrippe und Kindergarten angesichts der Coronakrise weitergeht. Hier gelte es die staatlichen Regelungen abzuwarten. Anders als in der Industrie sei, wie Bürgermeister Huber wissen ließ, Kurzarbeit im öffentlichen Dienst nicht möglich - was wegen der Personalkosten für die Kommunen nicht ohne Folgen bleibe. Kämmerer Hackl zeigte sich indes froh, dass man angesichts der angespannten Lage in der Verwaltung - mit Schichtbetrieb und Home Office - einige der Beschäftigten aus dem Kitabereich anderweitig einsetzen konnte - wie etwa bei der Vorbereitung der Kommunalwahl oder bei der aktuellen Verteilung von Masken.

Weitere Tagesordnungspunkte waren vom Gremium ganz unabhängig von der Coronakrise zu bewältigen. Für eine gewisse Wehmut sorgte der anstehende Abschied von Bürgermeister Huber sowie von weiteren lang gedienten Ratsmitgliedern. Offiziell soll das alles erst am 23. Juni gebührend gefeiert werden - auch das ein Tribut an Corona.

GZ